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Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Sommer 1886.
Thermometerstand in Deutschland, boten sich, wie im Monatsberichte der See
warte hervorgehoben ist, in diesem Zeitabschnitt für Centraleuropa die Be
dingungen für jenes Kreisen zweier Minima um einen gemeinschaftlichen Mittel
punkt in cyklonalem Sinne, welches schon wiederholt in dieser Rundschau
besprochen wurde. So bewegten sich am 17.—18. und am 19.—20. Minima
einerseits in Westdeutschland nach Süden und anderseits in Westrussland nach
Norden oder in Italien nach Osten. Vom 18. zum 19. scheint sich ein Minimum
sogar schnell von Ost nach West bewegt zu haben, dieses hatte jedoch keinen
Partner in entgegengesetzter Bewegung; ebensowenig besafs einen solchen das
bedeutendste Depressionscentrum dieses Zeitabschnittes in unseren Gegenden,
welches sich am 20.—22. auf der Zugstrafse Vb von der Adria nach der Ost
see bewegte.
Im westlichen Theile der Karte zieht die tiefe Depression unsere Auf
merksamkeit auf sich, welche sich in diesen Tagen über Labrador und Um
gebung aufhielt und darauf nordwärts entfernte. Dafs zwischen den beiden
Gebieten hohen Druckes auf dem Ocean zwei Minima südostwärts ihren Weg
einschlugen, ist durch die viel höhere Temperatur des südwestlichen Hochdruck
gebietes erklärlich; dagegen ist für die weitere Südwärtsbewegung des zweiten
derselben am 19.—20. wahrscheinlich die unter Mitwirkung der fernen De
pressionen im Westen zu Stande gekommene Druckvertbeilung mafsgebend
gewesen, sowie der relativ niedrige Druck bei Madeira; erst vom 21. an stellt
sich daselbst ein Hochdruckgebiet ein und ändert zugleich das eben besprochene
Minimum seine Bewegungsrichtung aus einer südwärts in eine nordwärts ge
richtete. Die Druekvertheilung auf dem Ocean ist an diesen Tagen durch den
niedrigen Druck westlich von den Azoren und den Streifen höheren Druckes
von der Bay von Biscaya bis Labrador eine völlig anomale. Erst im Laufe
des 24. und 25. stellen sieb durch allmähliche Ausdehnung des Gebietes mit
mäfsig hohem Druck von Madeira westwärts und durch Portwandern der De
pression bei 40° N-Br wieder normalere Verhältnisse her, und vom 26. an
macht auch die seit dem 16. sehr kühle Witterung in Deutschland ungefähr
normaler Temperatur Platz, jedoch nur für kurze Zeit, denn das seit dem 27.
sich auf den britischen Inseln entwickelnde Gebiet hohen Druckes ruft im
Binnenlande neue Abkühlung hervor, während es in England die Temperatur
bedeutend (in Shields z. B. am Morgen des 2, Juli auf 7° C. über dem Normal-
werthe) steigert.
In diesem Zeitabschnitt vom 24. Juni bis 3. Juli entwickelte sich
eine bereits w 7 ährend des ganzen vorhergehenden an der Grenze von Europa
und Asien umherirrende Depression zu einem Phänomen von bedeutender
Mächtigkeit, welches zeitweise, besonders am 27., von stürmischen Winden
begleitet war. Eine genaue Verfolgung ihrer verwickelten Bewegungen läfst
sich an der Hand des hier vorliegenden Materials nur schwer durchführen; ein
ungefähres Bild derselben bietet unsere Karte. Diese Depression war von aus
gedehntem und ergiebigem Regen begleitet. 1 ) Gleichzeitig tummelten sieb mehrere
geringere Depressionen in der Umgebung von Island und Ausläufer derselben
zeitweise auch in Skandinavien umher.
Der hohe Druck über den britischen Inseln, welcher gleichsam den Kopf
des Hochdruckgebietes bildete, dessen Leib auf dem Ocean in den Rossbreiten
lag, schwand am 4. Juli und mit ihm schwanden die östlichen Winde im Kanal.
Diese einigermafsen frühlingsmäfsige Druekvertheilung wurde nun ersetzt durch rein
sommerliche Druck Verhältnisse mit einem einfachen Maximum des Luftdruckes
westlich von den Azoren, welches nun zwei Monate lang mit geringen Aenderungen
anhielt und auf dem grofsen Dampferwege zwischen Europa und Nordamerika
mit geringen Unterbrechungen westliche Winde, im Süden aber stetigen Passat
im Gefolge hatte.
Daneben dauerten im Zeitabschnitt vom 4. bis 15. Juli am Ural und
iu Westsibirien einerseits, sowie bei Island andererseits die barometrischen
l) Schon am 18.—19. Juni hatte sie auf den Stationen Urjupinskaja, Ssaratow und Polibino
Tagesmengen von 15 bis 41mm gebracht, am 20. in Perm 19 nun, am 21. in Jekatarinburg 17 mm,
hierauf -wieder am 25. bis 29. Juni denselben Stationen Mengen bis zu 20 mm, Uralsk bis zu 32 mm
und endlich am 4. Juli Polibino und Uralsk je 17 mm.