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Das Eis und die Strömungsverhältnisse des Beringmeeres etc.
von diesem Schiffe nach dem anderen geschleppt wurden. „Helen Mar“ war
denn auch so glücklich, bei einem noi'dwestlichen Sturm unter Führung aller
Segel, selbst der Oberbramsegel, wenngleich nur mit einer Fahrt von 1 Knoten,
das Bis zu durchbrechen und am 1. November durch die Beringstrafse zu
kommen.
Aus diesen Beispielen sieht man, wie das junge Eis im Spätherbst gefähr
licher für die Schiffahrt ist, als das Packeis. Man sollte daher nicht nach dem
1. Oktober sich bei der Insel Herald aufhalten. Ein Schiff, welches hier im
Pack gefangen wird, ist unrettbar verloren; es wird nordwärts weggetrieben,
und es ist nur eine Frage der Zeit, wann es durch das Schrauben und Pressen
der gewaltigen Eismassen gegeneinander zerbrochen und zum Sinken gebracht
sein wird.
Ich erinnere hierbei an das Schicksal der „ Janette“ und an meine Erleb
nisse auf der „Hansa“ an der Ostküste von Grönland.
In der Länge von 170° West kommt das eigentliche Packeis selten
südlich von 69° N-Br, doch trifft man im Herbst gewöhnlich schweres Eis
zwischen Kap Serdze und Point Hope. Die Küste von Sibirien wird ganz
besonders von diesem Eise besetzt, weshalb die Schiffe längs der amerikanischen
Küste die Beringstrafse ansteuern. Hier, wo man passende Wassertiefen zum
Lothen findet, wird das schwere Treibeis mehr vermieden. Starke nördliche
Winde bringen das Treibeis zur Strafse, nordöstliche Winde besetzen die West
seite, nordwestliche Winde beide Seiten derselben gleichmäfsig.
Unter den Klippen zwischen Kap Lisburne und Point Hope giebt es
warme Quellen, welche hier die See den ganzen Winter frei von einer Eisdecke
halten.
In der Umgebung von Kap Serdze beginnt die Bildung von jungem Eise
vom 10. bis 20. Oktober'. Es bleibt in steter Bewegung durch die Winde und
die Strömung, bis es sich im Anfang Januar am Lande festlegt, wo es bis zum
Frühling beharrt. Bei Point Hope entsteht das erste junge Eis in den Lagunen
etwa am 25. September, auf See dagegen um den 12. Oktober, welches gegen
den 25. Oktober stark wird.
Herbstbewegung des Eises in der Beringstrafse. Die Strömung
setzt auch im Herbst nördlich durch die Beringstrafse, am schnellsten an der
Ostseite; doch erzeugen die jetzt häufigen stürmischen, nördlichen Winde, wie
schon gesagt, einen südlichen Strom. Einen solchen von ganz erheblicher
Stärke, hervorgerufen durch einen nordwestlichen Sturm, erlitt ein Walschiff,
das, von Kap Serdze kommend, Kings-Island machte, im Glauben, es wären die
Diomeden, und das Nordostkap der Insel St. Lorenz erreichte, als der Kapitän
sich noch bei Kings-Island wähnte.
Alle Schiffe, sowohl Segler als Dampfer, sollten bis zum 10. Oktober
aus dem Polarmeer heraus sein. Es sind Fälle bekannt, dafs Schiffe freilich
erst am 23. Oktober durch die Beringstrafse kamen. Das von mir geführte
Schiff „Julian“ passirte die Strafse vom 21. bis 22. Oktober 1868 und „Helen
Mar u , wie vorstehend mitgetheilt, gar erst am 1. November 1879.
Im Winter ist die Beringstrafse in der Enge so dicht mit Eis verschlossen,
dafs die Bewohner in der Nähe von Kap Prince of Wales und diejenigen von
Ostkap zu Fufs über dasselbe hinweggehen und sich auf den Diomeden begegnen.
Solche Wanderungen sind aber stets von gröfseren oder kleineren Gefahren
begleitet.
Herbstbewegung des Eises in der Beringsee. Am 1. Dezember
hat die St. Lorenz-Bai eine feste Decke jungen Eises erlangt; junges Eis,
welches im Stande ist, den Fortgang eines Dampfers zu hindern, bildet sich
landabwärts vom 1. bis 10. November und in der Nähe der Insel St. Lorenz
am 25. November. Im Horton-Sund an der Ostseite entstehen vom 12. bis
18. Oktober kleine Partien jungen Eises, und vom 1. bis 10. November be
ginnt die Bildung des Wintereises, ln St. Michael ist die Schiffahrt vom
15. Oktober an als geschlossen zu betrachten. Alles Eis, welches im Norton-
Sund vorkommt, ist solches, welches in jedem Winter neu entsteht und während
des Sommers vollständig verschwindet.
Bei den Pribyloff-Inseln erscheint das erste Eis gegen Ende Dezember
oder Anfang Januar, nachdem, wie auch schon anfangs erwähnt, ein drei