Das Eis und die Strömungsverhältnisse des Beringmeeres etc.
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Fahrt wurden, wie früher, die Marshall-, die Gilberts-, die Carolinen- und die
A/an'amm-Iuseln augelaufon und dann wieder nach Norden gesteuert, wobei in
einem weiteren Abstande längs der Küste von Japan und den Kurilen manch
mal ein starker nördlicher Strom beobachtet wurde.
Am 28. April war unser Schiffsort etwa 50 Sm südwestlich von der
Bering-Inse\, welche dann bei einem stürmischen SE-Winde, der von Schnee
und Regen begleitet war, olme gesichtet worden zu sein, passirt wurde. Am
1. Mai wurde auf ungefähr 59,3° N-Br in 166,0° O-Lg das erste Eis gesichtet,
dessen Kante wir von hier aus bei leichter nördlicher Briese auf südöstlichem
Kurse entlang segelten. Auf demselben hielten sich viele Seehunde auf. In
den letzten Tagen war von uns wiederholt ein westlicher Gegenstrom beobachtet,
was auch in den folgenden Tagen, während welcher wir bei vorwiegend nord
östlichem Winde dem Eise entlang kreuzten, der Pall war. In 58,8° N-Br und
173,0° O-Lg trafen wir am 7. Mai schwere Eisschollen an, und vom 9. bis 11.
kreuzteu wir zwischen mehr oder weniger dicht gedrängt liegenden Eisfeldern,
bis dieselben uns schliefslich fest umschlossen. Das Wetter war abwechselnd
entweder schön, oder es traten Schneegestöber auf. In 57,3° N-Br und 173,4°
O-Lg befand sich das Schiff wieder in freiem Wasser, aber schon am 16. Mai
fanden wir uns bei frischer nordöstlicher Briese abermals im Eise besetzt. Um
das Schiff gegen die schweren Stöfse zu schützen, wurde es mittelst der Eis
anker an ein grofses, hoch aufgeschobenes Eisfeld festgelegt und sämmtliche
Segel eingenommen. Die Lage unter dieser Eiswaud, welche in ihrer Mitte die
Höhe unserer Fockraa hatte, war eine sehr gute, in 57,7° N-Br und 177,8° O-Lg.
Nachdem wir nach Verlauf von etwa einem Tage- unseren Zufluchtsort wieder
aufgegeben hatten, erreichten wir am 19. Mai in 56,6° N-Br und 178,1° O-Lg
die Eisgrenze. Zwei Tage später befanden wir uns in einer Einbuchtung des
Eises, welches sich von NNW durch Ost bis SO erstreckte, und auf welchem
viele Seehunde lagen. Am 23. Mai stiefsen w T ir in 56,6° N-Br und 179,8° O-Lg
wieder auf schwere Eisfelder. Sahen ein, in dieser Länge nicht weiter nord
wärts Vordringen zu können, steuerten deshalb wieder einen westlichen Kurs,
entlang der Eiskante, welche ungefähr in westnordwestlicher Richtung verlief.
Der anhaltende östliche Wind hatte die Eismassen gegen die nordöstliche Strö
mung fest zusammen geschoben. Mit dem am 9. Juni bei schönem Wetter
durchkommenden Westwinde lockerte sich das Eis wieder und verlor an Stärke,
wir konnten jetzt nach Norden Vordringen und standen am Mittage des folgen
den Tages in 176,2° O-Lg auf 60,4° N-Br.
Das W T asser, welches in den letzten Tagen eine bräunliche schmutzige
Farbe gehabt hatte, war jetzt hellblau.
Um 2 1 ’ p. m. kamen wir auf nördlichem Kurse in ein ausgedehntes eis
freies Wasser, und am 19. Juni peilten wir Kap St. Tkadeus NNW und Kap
Navarin WSWVzW. Zwischen der nahen Küste, welche noch vom Landeise
besetzt war, und dem Packeise zog sich ein mehr oder weniger breiter Kaual
hin. Wir steuerten zuerst in diesem und später in dem Packeise bei schönem
Wetter nach Norden, bis am Mittage des 20. Juni unserem Vordringen durch
dichtes Eis in 62,7° N-Br und 179,8° O-Lg ein Ziel gesteckt wurde, und wir
uns genöthigt sahen, auf nordöstlichem Kurse bei südöstlichem Winde in freieres
Wasser zu gelangen. Vorher wurden zwei Boote in der Richtung nach dem
Lande abgesandt, die aber des Eises halber sich demselben nicht weit nähern
konnten und auch keino Wale entdeckten.
Der folgende Tag zeichnete sich durch recht schönes warmes Wetter aus.
Am 22. Juni, in 64,4° N-Br und 177,3° W-Lg, gestattete das dicht ge
lagerte Eis keinen weiteren Fortschritt. Am nächsten Nachmittage, auf 64,3° N-Br
und 176,7° W-Lg, erlegten wir in Gemeinschaft mit der derselben Rhederei
gehörenden Bark „Braganza“ den ersten Bowhead. Um 10 Uhr Abends den
25. Juni, als der bis dahin vorhanden gewesene Nebel aufklarte, sichteten wir
Kap Yaccoun im NO, wodurch uns die Gewifsheit wurde, dafs der Strom das
Schiff sehr bedeutend ostwärts versetzt hatte. Nachdem am Abend des 30. Juni
die Passage zwischen St. Lorenz Island und Indian point bei frischer west
licher Briese und schönem klarem Wetter durchsegelt war, wurde Kurs längs
der Beringstra/se nordwärts gesteuert. Obwohl das Wetter vielfach nebelig
war, so konnten wir uns doch durch das Werfen des Lothes über unseren
Ann. d. Hydr. etc., 1890, Heit X. 4