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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 18 (1890)

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Die Gezeitenerscheinungen und die Navigirung auf der unteren Seine. 
einer Stelle desselben, stattgefunden, so telegraphirt es genannte Behörde dem 
Lootscnamte, welches dies den Lootsen sobald als möglich bekannt macht. Es 
sind daher dem Lootsenamte die Tiefen- und Lagen-Yerhältnisse des Fahr 
kanales stets bekannt, und aus ersteren läfst sich auf die Tiefen während des 
nächsten Hochwassers im Voraus schliefsen. Die zu erwartenden Tiefen werden 
in Havre, Honfleur, Quilleboeuf, Villequier und Duclair durch Anschlag bekannt 
gemacht. 
Die Richtung des Fahrwassers ist, wie bei der Beschreibung der Seine- 
Bucht erwähnt wurde, durch schwarze und rothe Tonnen bezeichnet. Je zwei 
zu einer Reihe gehörige Tonnen sind 1 km von einander entfernt und so ver 
ankert, dafs immer eine Tonne gegenüber der Mitte der Entfernung zweier 
Tonnen der anderen Reihe liegt. Durch diese Anordnung kann man die Rich 
tung des Fahrwassers von 500 zu 500 m verfolgen. 
Auf Kap la liève befindet sich ein Signalmast, welcher die zu erwarten 
den Tiefen auf den flachsten Stellen der Bucht zur Zeit des nächsten Hoch 
wassers, gutes Wetter und ruhige See vorausgesetzt, signalisirt. Bei West 
winden sind die Tiefen etwas gröfser und bei Ostwinden etwas kleiner, als die 
Signale angeben. Ein zweiter Signalmast soll südlich von der Mündung der 
Bucht bei Vasouy, etwas westlich von Honfleur, errichtet werden. Aufserdem 
werden die Wasserstände auf den Barren von St. Léonard, Aizier, les Flaques 
und Villequier auf einer grofsen Tafel am Kai von Quilleboeuf angegeben. 
Diese Angaben sind vom Flusse aus leicht zu erkennen. Ferner befinden sich 
in der eingedämmten Seine von Strecke zu Strecke Pegel, an welchen der 
Wasserstand abgelesen werden kann, sowie Signalmaste, welche bei Tage 
mittelst weifser Bälle und des Nachts mittelst farbiger Lichter die Tiefen an 
geben. Der Flufs ist des Nachts durchweg gut beleuchtet. 
Es scheinen somit alle Yorsichtsmafsregeln getroffen zu sein, um Unglücks 
fälle zu verhüten. 
Die Aufgabe der Lootsen besteht darin, sich zwischen den Tonnen zu 
halten und die Navigirung nach den signalisirten Tiefen zu regeln, indem sie 
den Unterschied zwischen der Höhe des Hochwassers an einem zu passirenden 
Orte und der daselbst zu erwartenden Tiefe in Rechnung ziehen. Die Angaben 
hierüber sind in einem kleinen Buche enthalten, welches sie stets bei sich haben. 
Ein Schiff von geringem Tiefgang kann vor Eintritt des Hochwassers, 
wenn der Maskaret seine gröfste Stärke verloren hat, passiren und gewinnt 
dann viel Zeit, weil es den Strom eine Strecke mit sich hat. Das erste Hoch 
wasser wird in der Bucht, wo der Maskaret nicht auftritt, benutzt. Mau 
benutzt es wohl auch in der eingedämmten Seine, doch ist dies nicht ganz 
ungefährlich. 
Ist das Wetter gut und kein Seegang, so kann man eine Untiefe, falls 
sie nicht zu breit ist, mit 20 oder 25 cm Wasser unter dem Kiel passiren, doch 
ist dies nicht ungefährlich. Geschieht es einige Minuten zu früh oder zu spät, 
so setzt man sich der Gefahr aus, zu stranden. 
Geht man mit einem Schiffe von grofsem Tiefgange nach Rouen hinauf, 
so darf man nicht aufser Acht lassen, dafs es im Flusse tiefer einsinkt, als in 
See. Der Unterschied ist nicht ganz unbedeutend. So hatte z. B. der Dampfer 
n Obock u , dessen Tiefgang 6,9 m in See betrug, in Rouen einen solchen von 7,05 m. 
So lange der Hafen von Radicatelle, zwischen Quilleboeuf und Tancar- 
ville, Dicht verbessert worden ist, eignet er sich wegen der bei Hochwasser- 
koëfficienten von über 0,67 m zu erwartenden heftigen kreisförmigen Strömungen 
nicht als Ankerplatz. Dieser Hafen hat bei einer Länge von 900 m und einer 
Breite von 150 m fast überall nicht weniger als 8 m Tiefe. Könnte er immer 
als Ankerplatz benutzt werden, so würden die Schiffe wegen der Nähe der 
Bucht spätestens 2 Stunden nach Hochwasser in Havre, zu welcher Zeit das 
Wasser nicht viel gefallen ist, ihre Fahrt fortsetzen können. In diesem Falle 
würden sie zur rechten Zeit die Mündung zwischen den Bänken Amfard und 
le Ratier erreichen. Dies würden alle Schiffe, welche abwärts 0,1 bis 0,6 m 
weniger Tiefgang haben als sie stromaufwärts hatten, ausführen können. Auch 
stromaufwärts gehende Schiffe, deren weitere Fahrt vom Wasserstande weiter 
oben im Flusse abhängt, könnten in Radicatelle das erste Hochwasser oberhalb 
dieses Ortes abwarten und mit diesem dann ihre Fahrt fortsetzen.
	        
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