Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Frühling 1886.
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Ann. d. llydr. etc., 1690, Heft VIII.
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nennenswerth aufgehalten. Am 14. und 15. März herrschte bei allen Mitseglern,
selbst bei der zufolge der Lage ihres Abgangsortes noch bedeutend südlicher
stehenden „Niagara“, ein heftiger Weststurm, der schwer genug war, „Bertha“
und „Marie“, die beiden am östlichsten stehenden Schiffe, zum Beidrehen zu
veranlassen. An Bord von „Marie“ beobachtete man damals einen niedrigsten
Luftdruck von 733,5 mm. Die Ursache dieses Sturmes war jenes Tiefdruck
gebiet der Karte XII, welches am 13. März die nördliche Küste der Union
verliefs und sich einen Tag später mit ganz aufseroraentlicher Schnelligkeit
nach Nordosten und Norden bewegte. Am 19. März Überstunden alle Mitsegler
abermals einen Sturm aus West, der zwar weniger heftig als der ebenerwähnte
auftrat, sich aber durch ungewöhnlich tiefen Barometerstand auszeichnete. An
Bord von „Marie“ beobachtete man am Morgen des 19. März in der Nähe von
40° N-Br und 41° W-Lg 719 mm. Dieses Minimum gehörte jenem schon an
anderer Stelle erwähnten Tiefdruckgebiete der Karte XIII an, dessen Bahn
sich von Kap Hatteras bis Irland verfolgen läfst. Da die Fortbewegung des
selben nach dem 19. März an mehreren Tagen eine vorhältnifsmäfsig langsame
war, blieben die nach Osten segelnden Schilfe längere Zeit von stürmischen
Westwinden begünstigt. Bei beständigen Westwinden, hervorgerufen durch
Tiefdruckgebiete, deren Mittelpunkt nicht weit von Island gelegen war, legten
die Mitscgler auch den letzten Reiseabschnitt zurück. In den letzten Tagen
des März wurde von allen die Mündung des Kanals erreicht. „Helene“ nach
einer ungewöhnlich kurzen Reise von 18 Tagen.
„Anna“ und „Deutschland“, die nächsten beiden Schiffe der Tabelle, ver-
liefsen am 12. und 14. März die nordamerikanische Küste. Ihre Reisen ver
liefen in ähnlicher Weise, wie es bei den Schiffen der vorerwähnten Gruppe
der Fall gewesen war; nur wurden sie noch häufiger von Stürmen beunruhigt.
Der erste Sturm wurde beobachtet, als man sich zwischen 65° und 60° W-Lg
befand. Das Tiefdruckgebiet der Karte XIII, wmlehes denselben verursachte,
bewegte sich damals noch mit bedeutender Schnelligkeit nach Osten, und die
Folge war, dafs diese beiden Mitsegler nur kurze Zeit von stürmischen West
winden begünstigt wurden. Bei „Deutschland“ beobachtete man nachher an
mehreren Tagen leichte Ostwinde. Im Ganzen nahmen die Reisen jedoch einen
ganz befriedigenden Verlauf, nur wurden sie noch wieder am 1. April durch
einen aufserordentlich heftigen Weststurm, der zum Beidrehen zwang, unter
brochen. Derselbe begann aus südwestlicher, endete aus nordwestlicher Rich
tung und war von einem niedrigsten Barometerstände von 721 mm begleitet.
Er gehörte jenem Tiefdruckgebiete der Karte XIV an, das, von Grönland her
kommend, sich zuerst am letzten April in hoher Breite bemerkbar machte und
sich dann nach Südost und später nach Nordost bewegte, und dessen Bahn
sich bis östlich vom Nordkap verfolgen läfst. Nachdem der Sturm sich ge-
mäfsigt, blieb der Wind noch längere Zeit westlich. Es war dies jetzt wahr
scheinlich eine Folge der Lage des auf Karte XV verzeichneten Hochdruck
gebietes. Bei mäfsigem Westwinde erreichte „Deutschland“ am 5., „Anna“ am
6. April den Kanal.
„Der Nordpol“, das einzige unter den angeführten Schiffen, welches von
Westindien kam, hatte die Insel Trinidad am 18. März verlassen. Nachdem
man wenige Tage auf See zugebracht hatte, wurde die Lage des Hochdruck
gebietes, wie Karten XIII und XIV zeigen, eine für das Auftreten frischen
Passats recht günstige. Ein solcher wurde dann auch bald vom Schiffe au
getroffen, und zwar der Art, dafs das vielleicht nicht sehr segeltüchtige Schiff
nicht einmal im Stande war, denselben voll auszuuutzcn. Unweit von 30° N-Br
in 64° W-Lg wurde am 2. April die polare Passatgrenze erreicht. Nördlich
von ihr beschrieb der Wind zweimal einen Rundlauf nach rechts, wobei sich
derselbe stets nur kurze Zeit im westlichen, recht lange aber im östlichen
Halbkreise hielt. Als endlich beständigere Westwinde eingesetzt hatten, ver
folgte das Schiff einen verhältnifsmäfsig recht südlichen Kurs, auf welchem es
am 16. April in Sicht der Insel Flores gelangte. Bei später auftretenden, fast
ununterbrochen aus südwestlicher Richtung wehenden Winden legte „Der Nordpol“
den letzten Reiseabschnitt zurück. Am 11. Mai gelangte das Schiff in die Nähe
von Lizard.