Vierteljalirs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Frühling 1886.
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rücken. Durch Ostwinde wurde die Fahrt von nun an nur selten wieder be
günstigt, und wenn Stürme sie auch nicht beunruhigten, wurde dieselbe doch
häufig durch Stille und leichte Winde verzögert. Am 23. Mai gelangte „Palme“
zur Mündung des Delaware. Mit nur wenigen Tagen Unterschied in der Zeit
des Reiseantritts hatten „Heinrich fy Tonio“, „Hugo“, „Ariadne“ und „Shakespere“
die Kanalmündung verlassen. Sie wurden dabei alle von Ostwinden begünstigt,
welche hervorgenifen wurden durch sich südlich von den Mitseglern bewegende
flache Tiefdruckgebiete. (Siehe Karte XVI.) Als die Schiffe weiter nach Westen
hin vorgerückt waren, gewährten die auf Karte XVII verzeichneten, sich auf
verhältnifsmäfsig südlich gelegenen Bahnen bewegenden Tiefdruckgebiete ihnen
wiederholt günstige Winde. Am 30. April und am 1. Mai geriethen alle vier
Mitsegler in den Bereich eines anderen Tiefdruckgebietes der Karte XVIII,
dessen spätere, durch die Dänemark-Strafse führende Bahn sich bis zur Küste
von Nowaja Sernlja hin verfolgen läfst. Auch der früher erwähnte Mitsegler
„Mozart“ befand sich am 29. April noch im Bereiche dieser Erscheinung. Bei
ihm, der sich um 8 Uhr Morgens dieses Tages unweit von 45° N-Br und
47° W-Lg befand, wehte der Wind in Stärke 7 aus Nordost, während der etwa
9 Längengrade weiter ostwärts stehende „Heinrich Tonio“ Wind von der
selben Stärke aus Südsüdwest beobachtete. Zwischen diesen Schiffen lag damals
der Mittelpunkt des Tiefdruckgebietes. Am 1. Mai wurde von allen vier er
wähnten Mitseglern der niedrigste Luftdruck und das Umlaufen des Windes
nach nordwestlicher Richtung beobachtet. Zum heftigen, fast orkanartigen
Sturme hatte der Wind sich an diesem Tage nur bei „Heinrich fy Tonio“ ge
steigert. Auf dem weiteren Theile ihrer Reisen wurden alle Schiffe noch
wiederholt von Ostwinden begünstigt, die eine Folge des Auftretens flacher
Tiefdruckgebiete waren, welche sich in der ersten Hälfte des Mai von der Küste
der Union aus südlich von den Schiffen nach Osten bewegten. (Siehe Karten
XVIII und XIX.) „Heinrich <f- Tonio“ und „Hugo“, die zur Zeit am weitesten
westlich stehenden Mitsegler, wurden von diesen Winden am meisten begünstigt.
Der letzte Reiseabschnitt verlief, ohne dafs auf ihm etwas Erwähnenswerthes
vorfiel. Die rasche Rciso des „Hugo“, welcher mit 27 Tagen die kürzeste Fahrt
von allen Schiffen dieser Tabelle ausführte, scheint hauptsächlich das Resultat
hervorragender Segelfähigkeit gewesen zu sein.
Auch als die nach New-Orleans bestimmte „Niagara“ am 26. April den
Kanal verliefs, stand sie unter dem Einflüsse eines mit seinem Mittelpunkte
südwestlich von ihr liegenden Tiefdruckgebietes. Mäfsige Ostwinde begünstigten
daher die ersten Tage der Reise. Anfangs Mai veränderte sich der Wind aber
nach Südwest, um sich eine Woche hindurch in diesem Viertel zu halten. Ver
ursacht wurde derselbe durch die Lage des schmalen, weithin nach nordöst
licher Richtung ausgedehnten Hochdruckgebietes der Karte XVIII. Vom 7. Mai
an herrschten wieder günstigere Verhältnisse, und nachdem es gelungen war,
am 12. Mai die unweit 33° N-Br in 24° W-Lg gelegene polare Passatgrenze
zu überschreiten, nahm die Reise für sehr lange Zeit einen befriedigenden Ver
lauf. Die Form und Lage des den frischen Passat bedingenden Hochdruck
gebietes blieb, wie Karten XIX und XX zeigen, für den übrigen Theil des Mai
eine güustige. Das Schiff legte in mäfsig schneller Fahrt den Wog zu den
Kleinen Antillen bis zum 27. Mai zurück. Am 8. Juni wurde die Westspitze
Kubas umsegelt und am 11. Juni die Mündung des Mississippi erreicht. Es
waren dann 45 Tage, die normale Zeit einer solchen Reise, seit der Abfahrt
vom Kanal verflossen.
Von den beiden in der Liste ferner folgenden Schiffen, dem „Olbers“
und der „Deutschland“, betrat jenes den Atlantik vom Kanäle aus, während
dieses ihn ab Fair Island erreichte. „Olbers“, welcher am 30. April von der
Elbemünduug aus in See gegangen war, segelte bei leichten östlichen und süd
lichen Winden zum Kanal; dagegen steuerte die von der Weser aus ihre Reise
beginnende „Deutschland“ bei ähnlichen Winden Kurs für die Nordspitze Schott
lands und hielt denselben auch ein, obgleich der Wind nach einigen Tagen
nördliche und westliche Richtung annahm. „Olbers“ gelangte darauf am 7. Mai
zur Länge von Lizard, während „Deutschland“ am 10. Mai den Meridian von
Fair Island überschritt. Am 11. Mai stellte sich bei beiden Mitseglern ein
kräftiger Nord- und Ostwind ein, bei dem sich guter Fortschritt nach Westen