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Kine neue Methode der Prüfung von Sturmwarnungen etc.
als ein stürmischer zu bezeichnen. Nehmen wir diese Gröfse als Ausgangspunkt
an und vergleichen wir hiermit die Mittelwerthe an den einzelnen Normal-
Beobachtungsstationen, so erhalten wir die in der Tabelle angegebene untere
Grenze für stürmische Winde. Es ist zwar, streng genommen, nicht ganz
richtig, die Geschwindigkeit bei stürmischen Winden ebenso proportional zu
setzen, wie bei mittleren Windgeschwindigkeiten, allein für unsere Zwecke, wo
es nur auf augenäherte Werthe ankommt, mag dieses gestattet sein. Eine
weitere Untersuchung, welche hier sehr wünschenswerth wäre, nämlich die
Häufigkeit zu bestimmen, in welcher die angegebene untere Grenze erreicht
oder überschritten wurde, ist hier der vielen Arbeit wegen nicht durchgeführt
worden. Diese müfste für die einzelnen Stationen ungefähr gleiche Zahlen
ergeben.
Auch die Gefährlichkeit der Küste für die einzelnen stürmischen Windo
hätte in Betracht gezogen werden sollen, indem diese für die Beurtheilung des
Sturmwarnungswesens von nicht geringer Bedeutung ist. Indessen ist eine
solche Berücksichtigung, wenn sie irgendwie auf Genauigkeit Anspruch machen
sollte, mit grofsen Schwierigkeiten verknüpft, und es dürfte genügen, hier nur
hervorzuheben, dafs nach der Statistik des Deutschen Reiches 1 ) die gefährlichsten
Stellen unserer Küste sind: die Nordseeküste von Nachhorn bis Neuwerk und
dann die Ostseeküste bei Heia und Arkona. Beiläufig theile ich noch mit, dafs
nach derselben Statistik in dem Zeiträume 1883—87 298 durch Sturm ver
ursachte Unfälle (29 %) an unserer Küste vorkamen, dagegen in den fünf
vorhergehenden Jahrgängen 1878—82 372 (39 %), so dafs also die Anzahl der
Unfälle in den letzten Jahren nicht unerheblich (um 10 %) abgenommen hat.
Interessant ist ferner eine Tabelle, welche in der genannten Statistik des
Deutschen Roiches enthalten ist und welche 18 der schlimmsten Stürme nach
weist, die in dem Zeiträume 1879—87 unsere Küsten heimsuchten, und unter
welchen besonders die schweren Stürme vom 14. bis 16. Oktober 1881 und
vom 24. bis 26. Oktober 1887 hervorzuheben sind, bei welch ersteren 39 Total
verluste und 21 Beschädigungen, bei letzteren 23 Totalverluste und 31 Be
schädigungen vorkamen. Eine Vergleichung dieser Sturmliste mit den War
nungen der Seewarte ergab, dafs in allen diesen Fällen, etwa 2 oder 3 Fälle
ausgenommen, die Küste rechtzeitig vor der hereinbrechenden Gefahr gewarnt
wurde. 2 )
Um nun die Erfolge der Sturmwarnungen für das Jahr 1889 zu be-
urtheilen, wurden die mittleren Windgeschwindigkeiten für je 6 Stunden in eine
Tabelle eingetragen, und zwar für die Zeiträume 6 Stunden vor und 36 Stunden
nach der Warnung. Dann wurde noch die Zeit des Maximums der Wind
geschwindigkeit und deren Betrag, sowie die Richtung des Windes zu dieser
Zeit der Tabelle boigefügt. Diese Zusammenstellungen führten zu folgenden
Ergebnissen.
Zur Zeit der Anordnungen von Sturmwarnungen (6 Stunden vorher und
36 Stunden nachher) im Jahre 1889 waren die Winde stürmisch oder erreichten
die untere Sturmgrenze Dicht:
Borkum Hamburg Keitum Kiel Wustrow Swiuem. Neufahrw. Memel Ganze Küste
Stürmisch 15 16 18 17 20 15 16 16 133
Nicht stürmisch 8 10 6 10 10 9 7 6 66
Bei Beurtheilung des Erfolges oder Mifserfolges der Sturmwarnungen
fällt in erster Linie ins Gewicht, ob die Winde nach der Ausgabe der Sturm
warnung stürmisch wurden und zu welcher Zeit nach der Warnung die gröfste
Windstärke eintrat. Ordnen wir die Eintrittszeiteu der Geschwindigkeits-Maxima
der stürmischen und nicht stürmischen Winde nach den Stunden vor und nach
der Ausgabe der Warnung, so erhalten wir folgende Tabelle (die eingeklammerten
Zahlen gebon die Eintrittszoitcn der gröfsten Windgeschwindigkeiten in Inter
vallen von 6 zu 6 Stunden an).
9 Die Scbiffsunfitlle au der deutschen Küste in den Jahren 1883 bis 1887 mit Wrackkarte.
Herausgegeben vom Kaiserlichen statistischen Amt. Berlin 1888.
2 ) Vgl. auch diese Zeitschrift: van Bebber, Bemerkenswerthe Stürme, I , 1880, Seite 109;
II., 1881, Seite 9; III., 1882, Seite 1; IV., 1884, Seite 676.