Die Winde zu Keitum auf Sylt.
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Was nun zunächst die starken Winde anlangt, so zeigen alle drei Gruppen
ein doppeltes Maximum der Häufigkeit, die Eintrittszeiten dieser Extreme sind
aber nicht überall dieselben. Bei I. fällt das Hauptmaximum auf den Oktober,
das sekundäre auf den März; bei II. tritt das Hauptmaximum im Nachwinter
und das zweite im November ein, und endlich findet sich bei III. die gröfste
Häufigkeit im Dezember, und darauf folgt der Mai als relativ sehr reich
an heftigen Winden. Diese letztere Gestalt der jährlichen Periode ist auch
mafsgebend für die Gesammtheit aller starken Winde ohne Rücksicht auf die
Richtung, aus welcher sie wehen. Auch die Wahrscheinlichkeit der Stürme
zeigt im Grofsen und Ganzen denselben jährlichen Gang. Yon einem besondern
Sturmreichthum der Aequinoktialzeiten kann aber auch bei uns nicht die Rede
sein (vgl. Hann, diese Annalen 1888 Seite 801 und weiter unten).
Vergleicht man die Werthe der Wahrscheinlichkeit starker Winde mit
den Häufigkeitszahlen, wie sie sich für dieselben Richtungen ohne Rücksicht
auf die Geschwindigkeit aus Tabelle 3 (Seite 72—73) ergeben, so findet man,
dafs beide für dieselben Windgruppen die gröfsten Werthe erreichen. Die
Gruppe III enthält nicht nur mehr starke Winde als die übrigen, sondern sie
umfafst überhaupt mehr Beobachtungen als I und II. Man darf daher nicht
ohne Weiteres schliefsen, dafs die Winde III eine gröfsere Neigung hätten, auf
zufrischen, als die der beiden anderen Gruppen. Um hierüber Auskunft zu er
halten, hat man die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, dafs ein gegebener Wind
seine Geschwindigkeit bis zu mindestens 10 m per Sek. steigert. Die im Vorher
gehenden mitgetheilten Tabellen liefern alles hierzu erforderliche Material; ich
habe diese Berechnung nur für unsere drei Gruppen durchgeführt und folgende
Resultate erhalten:
Wahrscheinlichkeit der Entwickelung eines Windes zu einem
starken Winde.
I
II
III
Alle Winde
Winter
0,092
0,059
0,198
0,129
Frühling
,068
,080
,112
,087
Sommer
,032
,005
,075
,044
Herbst
,094
,040
,155
,110
Hiernach haben in der That die häufigeren Winde eine gröfsere Neigung,
aufzufrischen, als die selteneren. Der Grund hierfür ist leicht in der Lage von
Keitum zu den meist frequentirten Zugstrafsen der barometrischen Depressionen
zu finden; die Winde der Gruppe III gehören wohl fast ausschliefslich cyklonalen
Systemen an.
Zur Ableitung der täglichen Periode der starken und der stürmischen
Winde habe ich das ganze Jahr zusammengenommen und das Ergebnifs in
extenso in den Tabellen 11 und 12 abgedruckt.
Die tägliche Periode der starken Winde ist demnach zu Keitum im
Gegensätze zu der der Gesammtheit aller Winde (Seite 71) eine einfache, mit
dem Maximum kurz nach Mittag; von einem zweiten Maximum kann man wohl
kaum reden, ist es thatsächlich vorhanden, so ist es jedenfalls nur von ganz unter
geordneter Bedeutung. Die verschiedenen Winde zeigen gegen einander keine
nennenswerthen Unterschiede. Wir können sagen, starke Winde wehen vor
zugsweise bei Tage, und zwar besonders am Nachmittag. Dagegen sind Stürme
Vormittags am häufigsten und in den späten Abendstunden am seltensten. —
Eine Aehnlichkeit mit der täglichen Periode der Stürme auf Lesina (Hann,
„Ann. d. Hydr. etc.“, 1888, Seite 297) findet sich nur ziemlich entfernt. Sie
kann aber auch kaum gröfser erwartet werden, da die beiden Orte ganz ver
schiedenen Cyklonensystemen angehören, und zudem die Periode zu Lesina durch
lokale Verhältnisse jedenfalls nicht unwesentlich modificirt wird. Der grofse
Unterschied beider Stationen tritt, wie beiläufig erwähnt sein mag, namentlich
in den Hauptrichtungen der Stürme hervor, sie sind hier entgegengesetzt,
wie dort.