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Segelanweisung für die Nordost-Kiiste von Kaiser Wilhelms-Land.
und Abgabe des Wassergehaltes. Die Niederschläge würden durchschnittlich
bedeutender sein, wenn die Richtung der Küste und der Zug der Gebirge
überall in höherem Mafse senkrecht zur vorherrschenden Windrichtung läge.
Dies ist jedoch nur streckenweise bezw. bei bestimmten Winden der Fall. Nur
an solchen Stellen gewinnt der eine vorherrschende Wind den Charakter eines
trockenen, der entgegengesetzte den eines regenreichen Windes. Bei Hatzfeldt-
hafen fehlen hohe, quer zur vorherrschenden Windrichtung gelegene Gebirge,
auch haben die südöstlichen Winde, soweit sie sich nicht der Küste anschmiegen,
längere Strecken über das Land zu wehen, weshalb dort die Niederschläge im
Allgemeinen geringer und regelloser vertheilt sind, als weiter im Süden. Die
regenreichste Periode fällt hier in die Zeit des direkten, auf die Küste wehenden
Nordwostmonsuns, namentlich auf die Monate Dezember bis Februar, die trocknere
auf die Monate Juni bis September. Ob Anomalien, wie die, dafs der Monat
Januar weniger, der Monat Juni mehr Regen aufweist als die Monate, zwischen
welchen diese liegen, nur Eigenthümlichkeiten der bisherigen Beobachtungsjahre
sind, läfst sich wegen Kürze der Beobachtungszeit noch nicht sagen. Im Gegen
sätze hierzu hat Finschhafen eine mehr ausgeprägte Trockenperiode und sehr
erhebliche Niederschläge in der übrigen Zeit. Erstere fällt in die Monate
Januar, Februar und März, also in die Zeit des Nordwestmonsuns, scheint sich
aber in den einzelnen Jahren mehr vorwärts oder rückwärts zu verschieben.
Uebrigens sind diese Monate keineswegs regenlos, dürfen aber relativ zu den
starken Regen der anderen Monate, welche ihre Höhe in den Monaten Juni bis
August, also zusammenfallend mit dem Südostpassat, erreichen, doch mit Recht
als Trockenzeit bezeichnet werden. Gewitter kommen zu allen Jahreszeiten vor,
sind aber hier nie besonders heftig und bringen zuweilen nur wenig Regen.
Constantinhafen überragt in der Menge der Niederschläge die beiden anderen
genannten Plätze, nähert sich aber in der Periode Hatzfeldthafen, indem die
gröfste Menge der Niederschläge während der Höhe des Nord westmonsuns,
nämlich im Januar und Februar, fällt. Er scheint auch in der Anomalie des
Monats Juli, welcher wenigstens 1887 mehr Regen als Juni und August aufweist,
Aehnlichkeit mit Hatzfeldthafen zu haben, ebenso darin, dafs in die nasse
Periode ein trockener Monat fällt. Dagegen sind die Niederschläge der
trockenen Periode reichlicher als in Hatzfeldthafen, so dafs für Kulturzwecke
die Astrolabehai am günstigsten zu stehen scheint. Starke Gewitterregen,
deren Entstehen die mächtigen Gebirge im Hintergründe der Bai begünstigen,
vermögen aber hier Unheil anzurichten.
Wie bei Hatzfeldthafen, so werden für Finschhafen und Constantinhafen
die Eigenthümlichkeiten der Niederschläge aus der Orographie des Landes zu
erklären sein. Finschhafen besitzt jedenfalls in nordwestlicher Richtung ein
nicht fern gelegenes ausgedehntes massiges Gebirge oder Hochland, welches
die Luft des Südost zum Emporsteigen zwingt und die Feuchtigkeit dem
Nordwest an der entgegengesetzten Seite des Gebirges raubt, während es wahr
scheinlich ist, dafs die Gebirge südlich von Constantinhafen eine solche Richtung
nehmen, dafs den südlichen Winden durch sie nicht alle Feuchtigkeit entzogen
wird. Soweit es möglich ist, durch den Blick auf die Gebirge dieses Landes-
theiles von See aus ein Urtheil zu gewinnen, entspricht die Formation auch
diesen Erfordernissen. Uebrigens lehren die bisherigen meteorologischen Beob
achtungen, dafs in den einzelnen Jahren gerade auch in den Niederschlägen
sehr erhebliche Schwankungen und Verschiebungen eintreten, und es liegen
Anzeichen dafür vor, dafs zeitweilig gewisse Landesstriche ungewöhnlichen
Trockenperioden unterworfen sind. Es wäre auch zu verwundern, wenn sich
dies anders verhielte bei der Nähe und Abhängigkeit der meteorologischen
Verhältnisse Neu Guineas von denen Australiens, eines Landes, das bekanntlich,
nachdem es Dezennien hindurch reichliche Niederschläge gehabt, Jahre erschreck
licher Dürre über sich ergehen sah. Soweit die Navigirung an der Küste des
Kaiser Wilhelms-La,ndes von der Witterung abhängt, bleibt noch zu bemerken,
dafs westlich von Kap König Wilhelm im Ganzen schönes Wetter und mäfsige
Winde vorherrschen, mit Ausnahme der Monate Januar bis April inkl., wo
starke nördliche und nordwestliche Winde viel Regen bringen. Südlich des
geuannten Kaps herrschen zu dieser Zeit mitunter ebenfalls frische Nordwinde,
meist aber bei klarem Wetter, während der Südostpassat dort öfter böiges