Die neuen amerikanischen Seekarten in gnomonischer oder Centralprojektion.
165
geben , also in guter Uebereinstimmung. Wollte inan noch zur ferneren Ver
gleichung die genaue Richtung der Linie A'B' berechnen, so hätte man in dem
geradlinigen Dreieck MA'B', wenn M die Mitte des Kompasses als Berührungs
punkt zwischen der Karte und der Kugel bezeichnet, nur den Winkel MA'B'
aus den drei gegebenen Seiten zu bestimmen, und das Supplement dieses
Winkels wäre der von Norden nach Osten gezählte Kurs für A' B' in der
Karte, also ohne KursverbosseruDg. Die drei Seiten des Dreiecks M A' B'
ergeben sich in folgender Weise: M A' = tg 10° 40' = 0,18835, MB' =
tg 36° 37' = 0,74312, wenn der Kugelradius = 1 gesetzt wird und 36° 37'
der berechnete gröfste Kreisbogen zwischen M (30° N und 30° W) und B'
(50° 50' N und 10° 40' O) ist. Die dritte Seite A'B' ergiebt sich aus einem
ebenen Dreieck K A' B', wo K den Mittelpunkt der Kugel bedeutet und K A'
= sec 10° 40' = 1,01758, KB' = sec 36° 37' == 1,24588 ist nebst dem Winkel
A'KB' = 29° 42' als kürzeste Entfernung zwischen den beiden gegebenen
Oertern, welche also auch vorher im sphärischen Dreieck zu berechnen ist.
Damit wird nun die gegenüberliegende Seite A' B' — 0,62064 gefunden und
ondlich aus den drei Seiten der Winkel MA'B' = 124° 15' oder als Supplement
N 55° 45' 0, mithin nur 25' kleiner als der oben berechnete Kurs im sphärischen
Dreieck. Diese geringe Kursverbesserung war also praktisch ohne Belang, wenn
sie in der Konstruktion auf der Karte auch der Vollständigkeit wegen aus-
geführt wurde. Eine so leicht anwendbare Kurskonstruktion in der gnomonischen
Karte scheint noch Niemand vorher gegeben zu haben. — Die Distanzmessung
für AB betreffend, so lautet die Anweisung auf der Karte: von der Mitte des
Kompasses M (Berührungspunkt) ein Loth M C auf A B zu fällen, dann M C
um M zu drehen, bis C nördlich von M auf den Mittelmeridiau (30° W) zu
liegen kommt, also die dazu senkrechte Linie A B perpendikulär zu diesem
Meridian steht. Die Breite, worauf dann C liegt, soll an der Seite der Karte
in einer Hülfsskala aufgesucht und durch diesen Punkt eine gerade Linie (the
measuring line) parallel zum Aequator so gelegt werden, dafs C wieder auf
dem Mittelmeridian ist. Dann ist der Längenunterschied zwischen A und B
die gesuchte kürzeste Entfernung dieser Punkte von einander. Der Grund
dieses Verfahrens ist offenbar, dafs alle Vergröfserungen auf der Karte gleich-
mäfsig vom Berührungspunkte im Verhältnifs der Tangenten der Abstände von
diesem Punkte ausgehen. Träfe es sich also, dafs C im Meridian des Berüh
rungspunktes auf 60° N-Breite fiele, so würden bei weiterer Drehung um 180°,
die Punkte A, C und B auf den Aequator fallen, der ebenfalls 30° vom
Berührungspunkt entfernt ist, und dort auf dem Aequator als gröfstem Kreise
wäre natürlich der Längenunterschied zwischen A und B die gesuchte Distanz.
Da die Linie AB hierbei im Allgemeinen aber nicht mit dem Aequator zusammen
fallen wird, so ist eine Hülfsskala angebracht, wonach erst die „messende Linie“
aufzusuchen ist, in welcher der Längenunterschied zwischen A und B die gesuchte
kürzeste Distanz wird. Als Resultat dieser Messung ist in der Karte AB =
1784 nautische Meilen angesetzt Die Berechnung des sphärischen Dreiecks
giebt AB = 29° 42' = 1782'. Es fragt sich aber, ob die angebrachte künst
liche Hülfsskala nicht ganz entbehrlich ist, denn bei dieser Menge von Meridianen
auf der Karte, die sich von Grad zu Grad finden, sogar mit Unterabtheilungen
von 10' zu 10', ist bei der oben beschriebenen Drehung doch wohl bald ein
Meridian anzutreffen, der mit den drei Punkten A, C und B zusammenfällt.
Dann hat man ja aber schon die Distanz A B in richtiger Lage auf einen
gröfsten Kreis gebracht, und der Breitenunterschied zwischen A und B mufs
jetzt ebenso gut, wie vorher der Längenunterschied, die gesuchte kürzeste
Distanz zwischen A und B sein. Im obigen Beispiele wäre der Meridian von
10° 10' W oder gleichfalls der Meridian von 49° 50' W, wofür auch in runder
Zahl 10° W- oder 50° W-Länge genommen werden kann, der Bedingung der
Aufgabe entsprechend. Beide Meridiane liegen nämlich 20° vom mittleren
Meridian entfernt und haben auch denselben senkrechten Abstand M 0 von M,
wie es sein mufs. Das Resultat dieser Messung würde aber für AB = 1820',
also 38' zu grofs. Eine zweite Abmessung gab AB = 1810', mithin doch
noch 28' zu grofs gegen die obige trigonometrische Rechnung. Da zu ver-
muthen war, dafs diese Differenz im Wesentlichen ihren Grund in der nach
verschiedenen Richtungen ungleichen Zusammenziehung des Papiers habe, so