Aus dem Reiseberichte der deutschen Bark „Triton“.
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seitdem etwa um ein Viertel seines früheren Betrages reducirt. Der aus dem
Kanal gebaggerte Schlamm ist dazu benutzt, die Flufsufer und das anliegende
Land aufzuhöhen, ohne dafs jedoch für eine genügende Entwässerung Sorge
getragen wäre. Alle Rinnsteine in Melbourne entleeren sich in den Flufs;
aufserdem fliefst aller Unrath und Abfall des städtischen Schlachthauses auf
einer Entfernung von 7* Sm offen und unbedeckt und bei geringem Gefäll un
mittelbar in der Nähe der Schiffe ebenfalls in denselben. Diese Verhältnisse
sind geeignet, die Luft in hohem Grade zu verunreinigen, und wenn noch dazu
in der heifsen Jahreszeit starke Regengüsse auftreten, so bleiben in der Nachbar
schaft von Melbourne Fieber (Typhus) nicht aus. Dafs die Schiffe von solchen
Epidemien ziemlich verschont bleiben, ist wohl nur dem Umstande zuzuschreiben,
dafs die Besatzungen derselben meistens aus jungen widerstandsfähigen Leuten
bestehen. Indefs macht sich ein nachtheiliger Ein flufs auf die Gesundheit nach
einem längeren Aufenthalte in dem Yarra Farm-Flusse in der Regel noch lange
nachher geltend, zuweilen in sehr ernstlicher Weise.
Timaru. Nachdem wir Melbourne am Abend des 29. Dezember in Ballast
verlassen hatten, langten wir am 12. Januar 1889 in dem Hafen von Timaru
an der Ostküste von Neuseeland an. Um 12 Uhr Mittags dieses Tages war der
Schiffsort nach astronomischen Beobachtungen 44° 25' S-Br und 171° 32' O-Lg;
um 2 h p. m. erblickten wir durch den Dunst das Land, zunächst Häuser und
Fabrikschornsteine, und bald darauf, ein wenig rechts, d. h. nördlich von diesen
Objekten, zwei hinter dem Wellenbrecher liegende Schiffe. Auf diese zusteuernd,
hatten wir uns denselben bis auf 2 bis 3 Sm genähert, als der der Hafenbehörde
gehörende Schleppdampfer uns entgegenkam, sowie in einem Walboot der Hafen
meister. Letzterer übernahm das Kommando und liefs das Schiff durch den
Schleppdampfer auf seinen Ankerplatz innerhalb des Wellenbrechers bringen.
Der B-B.-Anker stand mit 92 m (50 Fad.) Kette nach NO, während die St-B.-
Kette auf eine Boje geschäckelt wurde, die eigens zu diesem Zweck aus
gelegt ist.
Der südöstliche Wellenbrecher des Hafens von Timaru ist vollendet,
doch wird der noch im Bau begriffene nördliche Wellenbrecher erst nach Ver
lauf von zwei Jahren fertig gestellt sein. Bis dahin kann dieser Hafen kaum
als ein sicherer, jedenfalls nicht als ein guter bezeichnet werden. Zur Zeit
haben die Schiffe noch 10 bis 12 Fufs entfernt vom Wellenbrecher zu liegen,
selbst bei dem ruhigsten Wetter, und sie müssen zur Nachtzeit, oder wenn
nicht gearbeitet wird, noch weiter abholen, um frei schwaien und rollen zu
können. Bei schlechtem Wetter hat man stets die hinteren Landfesten am
Wellenbrecher loszuwerfen, und das Schiff schwait dann mit dem Kopfe gegen
diesen. Die Seen brechen häufig über den Wellenbrecher hinweg und reifsen
nicht selten die Laternen mit sich fort. Während unseres zehntägigen Aufent
haltes in Timaru konnte an jedem Tage gelöscht und geladen werden. Freilich
ist der Januar auch der günstigte Monat in dieser Beziehung. Zum Festmachen
der Schiffe sind die eigenen Trossen, selbst wrnnn das Schiff noch so vollständig
mit solchen ausgerüstet ist, nicht ausreichend. Die nöthigen Coir- und Manila-
Trossen und Ketten liefert die Hafenbehörde. Die Ketten sind mit starken
Federn versehen, um die Wirkung des heftigen Einstofsens des befestigten
Schiffes möglichst abzuschwächen. Solch starke Trossen, wie die in Timaru
zum Festmachen der Schiffe benutzten, habe ich vordem nicht gesehen. Der
Hafenmeister überwacht mit seinen Leuten Tag und Nacht die Befestigungen
der Schiffe.
Für die Benutzung der Bojen und Trossen hat man bei kurzer Dauer
täglich V* d., bei einem längeren Aufenthalt nach Uebereinkunft V* d. für die
Register-Tonne zu zahlen. Diese Abgabe, in Verbindung mit den sonst ge
wöhnlichen Hafenunkosten und der Hafenmeister Foje, machen Timaru zu einem
theuren Hafen. Frischer Proviant aller Art ist gut und zu billigen Preisen
zu haben. Der in Timaru vorhandene Schleppdampfer hat nur eine geringe
Maschinenkraft.
Bezüglich der Ansegelung von Timaru bemerke ich, dafs, falls die Breite
etwas unsicher ist, der im „Neuseeland Pilot“ erwähnte tiefe Einschnitt in den
Bergen, den man leicht ausmachen kann, als eine gute Landmarke dient. Von
Süden gesehen, bildet die Bergkette, wenn auch von ungleicher Höhe, ein