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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 18 (1890)

HO Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, Winter 1885—86. 
Nordeuropa wurde in diesem Zeitabschnitt von einigen sehr tiefen und 
rasch fortschreitenden Wirbeln durchzogen. Obwohl verschiedenen Ursprungs — 
theils im Norwegischen Meere gebildet, theils weiter her, aus Canada oder von 
der Baffinsbai gekommen, — schlugen sie in Nordeuropa unter dem gleich 
zeitigen Einflufs des Hochdruckgebiets auf dem Ocean westlich von England 
und der starken Kälte in Ostrussland ungefähr dieselbe Bahn nach SE mit 
darauf folgender Umbiegung nach NE ein; nur das letzte Minimum, das in der 
Nacht vom 28. zum 29. Dezember viele Stunden hindurch die ungewöhnliche 
Tiefe von ca 715 mm hatte, bog schon früher nach E und NE ab. Unter dem 
Einflüsse desselben hatte die ganze deutsche Küste vom Nachmittag des 28. bis 
zum Nachmittag des 29. Sturm aus SW bis W, nachdem schon am Abend des 
25. die östliche Ostsee stürmischen W gehabt hatte. 
Durch das Auftreten eines neuen Maximums über Labrador, welches 
bis zum 4. nur bis Neufundland fortgeschritten war, und einer Reihe kleiner 
Depressionen *) westlich von den Azoren wird der folgende kurze Zeitabschnitt 
vom 1.—5. Januar gekennzeichnet; in Europa blieb die Wetterlage ungefähr 
dieselbe, die vorübergehende Abkühlung, welche die beiden letzten Tage des 
Dezember Centraleuropa gebracht hatten, machte wieder warmem Wetter Platz, 
das bis zum 6. Januar anhielt. 
Die plötzliche Entwickelung einer ziemlich intensiven Depression an der 
amerikanischen Küste aus zwei schwachen Minima auf dem Golfstrom und öst 
lich von Bermuda leitet den sechsten Zeitabschnitt des Vierteljahres ein, 
welcher vom 6. bis 16. Januar gerechnet werden kann. Die Vorgänge bei 
dieser Umbildung lassen sich auch aus den Schiffsbeobachtungen der Zwischen 
zeit nicht klar erkennen. Durch die folgenden Notizen wird die Zahl der 
Möglichkeiten wenigstens eingeschränkt: 
Am 5. Januar. S. 58 (38° N, 69° W). Der Wind war am stärksten um 6 a, S8—9, seit 
dem abflauend; 4—5 p Mallung, Wind von NNW—ESE; um 8 p WNW 3, Bar. 753,8. — S. 40 
(•27° N, 69° W). Um 8 p SW 5, Bar. 757,7. — S. 10 (36° N, 61° W). Um 8 p NE 2, 760,7; dann 
Stille, von 6 a an SSW, langsam auffrischend. 
Diese auf dem Golfstrom entstandene Depression verfolgte im Weiteren 
ganz dieselbe lange, über Grönland nach Skandinavien führende Bahn, wie die 
folgende, die am 8. aus Texas heranzog. Beide Depressionen haben ihre gröfste 
Tiefe auf der amerikanischen Seite erreicht, die eine auf der Davisstrafse, die 
andere schon eher, über Neuengland; beide sind über Skandinavien zur Aus 
füllung gelangt, indem sie unter dem Einflüsse anderer stärkerer Depressionen 
im Westen oder Norden von ihnen kamen. Freilich ist nicht zu leugnen, dafs 
bei dem Gedränge von Wirbelcentren auf dem Meere zwischen Norwegen und 
Island am 12.—13. für die zweite auch eine andere Auffassung möglich ist. 
Doch sprechen die Beobachtungen namentlich der isländischen Stationen für die 
hier befolgte. 
Der sehr hohe Luftdruck, welcher auf dem Ocean nördlich der Azoren 
während dieses Zeitabschnitts sich hielt, beherrschte die Bewegung der De 
pressionen in seiner Umgebung in der gewohnten Weise und trieb sie auf der 
amerikanischen Seite nach Norden, auf der isländischen nach Osten, auf der 
europäischen nach Südost und Süden. Am 6. und 7. nahm ein Theilminimum 
seinen Weg über England und Frankreich südwärts und gleichzeitig eine grofse 
Depression von Ostgrönland nach den Färöern; am Morgen des 8. lag das 
Centrum der letzteren mit einem Luftdruck von unter 725 mm bei den Shetlands, 
am Abend desselben Tages auf der Nordsee, am 9. aber füllte sich dasselbe 
über Deutschland aus. Aehnliches geschah am 13. und 14. Gleichzeitig be 
wegten sich Gegenstücke zu diesen Wirbelcentren von der Adria nach den 
russischen Ostseeprovinzen. Eine solche Vertheilung der Depressionsbahnen 
deutet stets auf Kälte in Deutschland; und in der That war dieselbe vom 7. 
bis 15. beträchtlich, namentlich in Berlin und Umgegend. 
*) Zum Xheil waren diese durch heftige Gewitter ausgezeichnet: am 2. Januar hatte D. 56 
in 30° N, 40° W starkes Gewitter mit St. Elmsfeuern in Menge; am 3. Januar wurde S. 37 in 
35° N, 32° W um 8 a von einer orkanartigen Gewitterböe getroffen, und Abends spät hatte S. 36 in 
15° N, 52° W Gewitter mit Elmsfeuer.
	        
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