Aus dem Reiseberichte der deutschen Bark „Gerd Heye“.
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ungefähr acht Liter Thran. Mehrere Schiffe, die auch diesen Sturm durch
zumachen gehabt hatten, kamen mit Verlust von Verschanzungen, Booten und
sonstigen Gegenständen vom Deck in Montevideo binnen.
Auf meiner Reise von Montevideo nach Corinto und zurück nach Europa
hatten wir noch mehrmals schwere Stürme zu bestehen, wobei ich in gleicher
Weise verfuhr und stets ein gutes Resultat erzielte. Ich möchte dies Verfahren
deshalb allen Kollegen empfehlen. Der Kostenpunkt fällt kaum ins Gewicht;
denn Oel geringer Sorte, das hier dieselben Dienste thut wie gutes, ist in
Europa billig zu haben.
Corinto. 1 ) Hinsichtlich der Reise nach Corinto möchte ich mir folgende
Bemerkungen erlauben.
Erstens glaube ich, dass sowohl auf der Hin- als auf der Rückfahrt die
Reise durchschnittlich rascher gemacht wird, wenn man im Westen, als wenn
man im Osten der Ga?ap«^os-Inseln passirt. Zum Wenigsten sollte die An
näherung an Coros-Insel durchaus vermieden werden. Nach dem, was ich auf
der Aus- wie Rückreise erfahren, sowie auch, was ich von anderen Schiffs-
führern gehört habe, mufs diese hohe Insel einen entschieden störenden Einflufs
auf den Wind ausüben, der Art, dass hier bei jeder Windrichtung stets Mallung
oder Windstille herrscht. Auf der Hinfahrt sollte man Kap Vela anzulaufen
suchen und sich von dort bis Corinto nahe der Küste halten; denn unter der
Küste ist der Wind, sowohl der Ostwind als auch die Seebriese, raumer als
weiter ab in See. Die Bark „Ceder“, Kapt. Schäffer, welche in Corinto an
kam und West von den Galapagos-Inseln gegangen war, hatte es sehr gut
getroffen.
Auf der Rückreise sollte man, wenn es ohne langes Kreuzen nicht möglich
ist, im Westen der Inseln zu passiren, doch wenigstens so westlich gehen, dafs
man, bei dem südwestlichen Winde SO vorliegend, auf einem Buge die Festland
küste in mindestens 2° S-Br. anholen kann, und dann auf Backbordhalsen bei
dem Winde landabwärts liegen. Erst von hier aus braucht man nicht mehr
zu befürchten, dafs man durch den starken Nordweststrom und die schrale
Richtung des Windes wieder nördlich von den (?aZa^«<ms-Inseln geführt wird.
Als wir am 30. März 1888 auf der Aufsenrhede von Corinto zu Anker
kamen, wehte ein starker Ostwind (Papagayo), der noch 14 Tage anhielt,
während welcher Zeit nur zweimal ein Abflauen eintrat und eine leichte See
briese aus SW einsetzto. Wir gingen rasch Anker auf, um einzusegeln, ge
langten aber jedesmal nur bis zum Leuchtthurm auf Cardon-Insel, wo der Wind
wieder aus Ost kam. Nach Aussage der Lootsen steht unter solchen Um
ständen die Seebriese immer nur bis zum Leuchtthurm durch, und gehen sie
aus diesem Grunde dann auch gar nicht zu den Schiffen hinaus. Dieser an
haltende Ostwind soll zwei oder drei Mal im Jahre ungefähr 14 Tage lang wehen.
Er ist sehr heifs und trocken; Deck, Masten und Raaen bekommen Risse, wenn
sie nicht genügend mit Oel oder Farbe versehen sind. Die deutsche Bark
„Cerastes“, welche unter Cocos-Insel bei uns war, wurde durch den Ostwind
vom Lande abgeweht und kam infolge dessen erst 14 Tage nach uns in
Corinto an.
Schiffe, welche vom La Plata und von Chile kommen, haben in Corinto
Quarantäne zu halten. Ehe der Lootse das Schiff einbringt, frägt er an, woher
es kommt, bringt aber keine Nachricht, ob man einsegeln darf, und mufs man,
bis Order von Managua, dem Sitze der Regierung eintrifft, ohne Visite zu er
halten, draufsen liegen bleiben. Nur wird zum Zeichen der Verkehrs Verweigerung
vom Leuchtthurm auf CtmAm-Insel eine gelbe Flagge gezeigt, so grofs wie ein
Taschentuch. Segelt ein Schiff unter Mifsachtung der letzteren ohne Lootsen
ein, so wird es ohne Gnade mit der ersten Landbriese wieder hinaus geschickt,
was z. B. der „Helene“, Kapt. Dunker, geschah. Ein Lootse, der bei der
„Cerastes“, die von Arica kam, an Bord gewesen war, mufste mit seiner Boots
mannschaft auf Cardow-Insel mehrere Tage hindurch Quarantäne abhalten, bevor
ihm erlaubt wurde, in Corinto zu landen.
*) Siehe auch diese „Annalen“ Jahrgang 1877 Seite 127, 1881 Seite 446, 1884 Seite 213.
1885 Seite 560, 1887 Seite 145 and 484, 1888 Seite 154 und 483 und 1889 Seite 24 und 130.
Ann. d. Hydr. etc., 1890, Heft III. o