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Full text: 16, 1888

Die Schwankungen des‘ Wasserstandes in ihrer Beziehung zur Witterung. 
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Wasserzufuhr durch die Flüsse, vor Allem durch die Wolga, zu suchen ist, ist 
bei dem abflufslosen Kaspischen Meer selbstverständlich. Eine Uebereinstimmung 
der monatlichen Pegelhöhen der Wolga zu Astrachan mit denjenigen des 
Kaspischen Meeres ist in der That vorhanden: hier wie dort ist der Winter die 
Zeit niedrigen, der Sommer die Zeit hohen Wasserstandes. Bemerkenswerth 
ist jedoch eine schr intensive Verspätung des höchsten Standes, der bei der 
Wolga, welche ihr Hochwasser infolge der Schneeschmelze in Nord-Russland 
erhält, auf den Juni, bei dem Kaspischen Meer 1'/ Monate später auf den Juli- 
August fällt, Allein gerade. diese Abweichung bestätigt den ursächlichen 
Zusammenhang beider Phänomene; denn die Verspätung des‘ Maximums im 
Bassin des Kaspischen Meeres ist eine Nothwendigkeit, sobald dessen Wasser- 
standsänderung eine Folge der wechselnden Wasserführung der Wolga ist. 
Der Wasserspiegel des Meeres mufs, auch nachdem das eigentliche Hochwasser 
der Wolga abgoflossen ist, so lange steigen, bis die gegen den Spätsommer 
zunehmende Verdunstung von der Meeresfläche gleich der gegen jene Zeit hin 
wieder abnehmenden Wasserzufuhr wird; es findet im Meer eine Summation statt. 
Keineswegs so selbstverständlich ist die Abhängigkeit der. jährlichen 
Schwankung des Wasserstandes in den mit dem Weltmeer kommunicirenden 
Becken von der jährlichen Periode der Wasserführung ihrer Zuflüsse., An 
denselben Zahlen, nach denen v. Maydell eine Erklärung nicht zu geben ver- 
mochte,!) ist es mir gelungen, qualitativ und quantitativ den Nachweis Zu 
führen, dafs die jährliche Periode des Wasserstandes auch des Schwarzen 
Meeres von der Wasserführung der Flüsse abhängt.‘) Die nachfolgende 
Zusammenstellung der Zahlen (m) für das Schwarze Meer, die Donau und den 
Don möge hier den Beweis skizziren, 
Jan. Febr, März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt, ‚Nov. Dez. 
Don bei Kalatsch3) --0,7 —0,4 6 3.4 3,7 0,4 —04 —92,0 —24* —1,7 —0,7 —0,7 
Dnjepr bei ) . . 
Krementschug?) —04 —04 04 238 2,6 0,8 —0,7 —1,1 —13* —12  —09 —07 
Donau bei Orsova®) —0,5* —0,3 04 10° 10 06. 00 —05 —08 —10* —05 —02 
Pontus an Flufs- 
mündungen- —0,061* —0,056 —0,013 0,079 0,130 0,107 0,048 —0;010 —0,058 —0,058° —0,051 —0,051 
Pontus an flufs- . ; . i 
freien Küsten --—0,053 :—0,058* —0,036 0048 0,109 0,130 0094 0020 —0,05 —0,084* —0,079 —0,038 
Auch hier tritt uns jene Verspätung der Epochen entgegen, welche 
durch die Summation der Wassermassen im Pontusbecken verursacht ist: auf 
den April und Mai fällt der höchste Wasserstand der Flüsse, auf den Mai und 
Juni derjenige des Schwarzen Meeres. 
Freilich zeigte sich ferner als sekundärer, aber gleichwohl nicht ganz 
unwesentlicher Faktor für die Bildung des sommerlichen Maximums die thermische 
Ausdehnung des Meerwassers um 44 cbkm bei der Erwärmung von der Februar- 
temperatur auf die Maitemperatur. 
Sehr viel komplicirter gestalten sich die Verhältnisse an der Ostsee ent- 
sprechend dem Umstand, dafs hier die Kommunikation mit dem Ocean eine 
freiere ist. Trotz der gewundenen Gestalt des Beckens vollziehen sich die 
Schwankungen im Laufe des Jahres an den verschiedenen Punkten der Küste 
parallel. Allgemein ist der Sommer durch den höchsten Wasserstaud aus- 
gezeichnet; sodann sinkt der Meeresspiegel und erreicht im Frühjahr einen 
tiefsten Stand. Nicht ganz so gleichmäßig gestaltet sich an den verschiedenen 
Stationen die Periode, wenn wir statt der Mittel für die Jahreszeiten solche 
für. die einzelnen Monate nehmen,- allein immerhin für die -gleichen Zeiträume 
a a, OÖ. 
7) Vgl. Meteorologische Zeitschrift 1886, Juliheft S. 297. 
3 Nach Woeikof, Klimate der Erde (Jena 1887), Tafel XXIII.
	        
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