Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

190 Säkulare Variation der magnetischen Deklination in Rio de Janeiro. 
überhaupt an sogenannten Störungstagen auftreten, würden nicht zur Erklärung 
der mit ihrem Vorzeichen lange gruppenweise konstant vorkommenden Fehler 
dienen können, sondern diese weisen nur auf die Unvollständigkeit der 
Formel hin. 
Bei alledem ist es merkwürdig, dafs die Unterschiede zwischen der 
Beobachtung und der Rechnung nach einer so einfachen Sinusformel überhaupt 
nicht gröfser hervortreten, also die Formel doch ziemlich nahe dem Naturgesetze 
entsprechen mufs in Beziehung auf mittlere Werthe der Deklination. Man kann 
dabei das geometrische Bild der Formel als die Leibnitz’sche Sinuskurve auf- 
fassen, wobei die Zeitintervalle die Abseissen und die Deklinationen die Ordinaten 
vorstellen. Oder da dieselbe Formel in ihrer Gestalt: 
y = A +rsin (x + ®@) 
mit den Polarkoordinaten r und x auch die Gleichung eines Kreises bedeutet, 
so ist der berechnete Vorgang der säkularen Deklinationsänderung einer 
gleichförmigen Bewegung im Kreise zu vergleichen, indem x ein der Zeit pro- 
portionaler, also gleichförmig wachsender Winkel ist. In beiden Vorstellungs- 
arten erscheint die Konstante A als etwas Nebensächliches oder Zufälliges, die 
das Wesen des Vorganges nicht ändert; aber man hatte keinen Grund, A = 0 
zu setzen, wie es bei mehreren Rechnungsversuchen in früherer Zeit geschehen 
ist, wo man annehmen zu dürfen glaubte, dafs die mittlere Richtung des 
magnetischen Meridians selbstverständlich mit dem astronomischen Meridiane 
zusammenfallen müsse. Bei der Berechnung der Säkularänderungen der magneti- 
schen Deklination hat sich jedoch ergeben, dafs es auch viele Oerter, selbst auf 
gar nicht hohen Breiten, giebt, wo die Richtung der Magnetnadel niemals den 
astronomischen Meridiau erreicht hat oder in Zukunft erreichen wird, sondern 
die Nadel schon vorher zu einem Stillstande gelangen und dann ihre Rück- 
schwingung beginnen kann. Damit wurde auch der frühere Irrthum beseitigt, 
dafs die gröfste jährliche Veränderung der Deklination allemal bei ihrem Null- 
werthe stattfinden müsse, wofür nun der mittlere Werth zu setzen ist, um 
welchen die Nadel gleich weit nach Osten wie nach Westen schwingt. 
Es mag aber die Sinuskurve, welche den Vorgang der säkularen Dekli- 
nationsänderung im Grofsen und Ganzen darstellen soll, von dem astronomischen 
Meridiane in gleiche oder ungleiche Theile zerlegt oder auch gar nicht ge- 
achnitten werden, so bleibt es für die Bewegung immer charakteristisch, dafs 
die Kurve einen Inflexionspunkt besitzt, welcher sich durch die gröfste jährliche 
Veränderung der Deklination zu erkennen giebt und bei der gedachten Bewegung 
im Kreise sich auf den Fall x + @« = 0 oder 180° bezieht, wo also die Magnet- 
nadel ihre mittlere Richtung durchschreitet. 
So lange nun, wie im gegenwärtigen Falle bei Rio de Janeiro, dieser 
Punkt noch nicht erreicht ist, würde auch die gewöhnliche Parabel sich schon 
verhältnifsmäfsig lange den Beobachtungen nahe anschließen lassen, also eine 
Gleichung von der Form: 
y= at+bx-+oex? 
zur Berechnung der Deklination dienen können, wobei dann gar keine Periode 
in Betracht käme, und die Parabel schon durch drei Punkte nebst der Richtung 
der Parabelaxe eindeutig gegeben wäre. Hansteen hat bereits in seinen 
„fragmentarischen Bemerkungen über die Veränderungen des Erdmagnetismus“ 
diese parabolische Formel auf mehrere Beobachtungsörter in verschiedenen 
Erdtheilen angewandt und fast überall eine befriedigende Uebereinstimmung 
zwischen Rechnung und Beobachtung gefunden.!?) Speciell für Rio de Janeiro 
hat Herr Schott die Formel: 
D = +0,282° + 0,139 5°. (t — 1850) -} 0,000545° . (t — 1850)® 
aus den Beobachtungen von 1768 bis 1876 abgeleitet,!®) welche zwar für die 
sehr weit zurückliegenden Beobachtungen nicht mehr zutreffen würde, aber doch 
12%) Poggendorff’s Annalen, Band XXI, 1831, pag. 361 ff. 
13) Schott 1. ©. pag. 260.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.