Bemerkungen über Raiatea, Gesellschafts-Inseln.
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stets Ausguck, um demselben bei der Einsegelung Beistand zu leisten; mit den
jetzt vorhandenen Baken ist jedoch für einen Schiffsführer keinerlei Schwierig-
keit vorhanden, selbst sein Schiff hineinzubringen. Was das Beladen anbetrißt,
hatten wir während unserer Anwesenheit nicht einen Tag, an dem Ladung nicht
Jängsseits gebracht oder übergenommen werden konnte.“
Bemerkungen über Raiatea, Gesellschafts-Inseln,
Von Kapt. 6. Höckelmann, Führer der deutschen Bark „Saturnus“.')
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) ;
Nachdem unsere Ladung, bestehend aus Kohlen und Stückgütern, in
Papiete entlöscht und eine Quantität Baumwolle, Kopra, Perlmutterschalen u. 8. w.
für Rechnung der „Societe Commereiale de l’Oc6anie“ eingenommen war, wurde
am 15. Oktober 1887 die Reise nach der nahegelegenen Insel Ratatea angetreten,
um dort das Schiff aufzufüllen. Weder in Cardiff noch in Papiete, an welch
letzterem Platze eine von Offizieren S, M. S. „Bismarck“ angefertigte Karte,
die dort zurückgelassen, nicht aufzufinden war, konnte ich eine Karte von
Raiatea erhalten. Ich mufste mich daher mit einer kleinen Bleistiftzeichnung
begnügen, welche mir von dem Führer des Schoners „La Gironde“ zur Ver-
fügung gestellt wurde. Einige Bemerkungen über diesen wenig besuchten Hafen
dürften daher um so mehr von allgemeinem Interesse sein,
Tritt man von Tahiti die Reise nach Raratea an, 8o muls man selbst-
verständlich zunächst sobald als möglich von der Leeseite der Insel fort und
in den Bereich des vollen Passats zu gelangen suchen. Bei unserer Abfahrt
war der Wind OzN, weshalb ich die Route nördlich der Insel Huahine
nahm, um nicht in Lee dieser Insel von etwaiger Windstille befallen zu werden,
Diese Route ist auch ganz besonders bei unsichtiger Luft zu empfehlen, da das
Riff an dieser Seite von Huahine hoch über Wasser und bis zum äußersten
Rande mit Kokosbäumen dicht bewachsen ist, während dasjenige an der Süd-
seite nur einige Fufßs aus dem Wasser hervorragt. Die Rhede von Uturoa,
der Lösch- und Ladeplatz von Ratiatea, befindet sich an der Nordost-Seite der
Insel. Diese ist von einem Gürtelriff umgeben; das mehrere Einschnitte oder
Passagen hat. Innerhalb desselben kann fast die ganze Insel umfahren werden.
Beim Ansegeln von Uturoa halte man auf einen oben abgeflachten Berg
auf dem Nordende der Insel zu, worauf beim Näherkommen zwei ziemlich nahe
bei einander liegende Mutus — mit Bäumen und Gesträuchen bewachsene Er-
höhungen des Riffs — in Sicht kommen, zwischen denen die Passage hindurch-
führt. In entsprechender Entfernung von der Passage thut man am besten,
den Lootsen zu erwarten, einen Eingeborenen, der recht zuverlässig und seit
einiger Zeit als. Lootse thätig ist, Derselbe. spricht geläufig englisch und weils
auch gut mit einem gröfseren Schiffe umzugehen, obwohl man, wie bei allen
eingeborenen Lootsen, natürlich selbst auf das Stellen und Wegnehmen der
Segel zu achten hat. Die Wassertiefe beträgt im Hafen gegenüber den
Landungsbrücken 36 bis 42m (20 bis 23 Fad.). „Saturnus“ ankerte nach
vierundzwanzigstündiger Ueberfahrt von Papiete auf einer Tiefe von 40m
(22 Fad.) in der Nähe der einzigen vorhandenen Boje, welche das Eigenthum
der „Societe Commerciale de l’Ocecanie“ ist. Gewöhnlich werden die Schiffe an
eine der Landungsbrücken der genannten Gesellschaft gelegt; da wir aber,
aufser von dieser, auch ein bedeutendes Quantum Kopra von einer amerika-
nischen Firma zu laden hatten, so wurde es zweckmäfsig befunden, „Saturnus“
auf der Rhede liegen zu lassen und die Ladung vermittelst Leichter längsseits
zu schaffen. Die Rhede von Uturoa ist bedeutend gröfser und ebenso sicher
als diejenige von Papiete, indem der Ankergrund gut hält und die Schiffe gegen
alle Winde geschützt liegen. Dazu ist die Luft hier stets angenehm frisch,
1) Siehe auch „South Pacific Ocean Directory“ von Findlay, V. Ausgabe, London 1884,
Aun, d. Hydr. etc., 1888, Heft XI