Ann. d. Hydr. etc., XVI; Jahrg, (1888), Heft X.
419
Ueber Gangänderungen von Chronometern auf See.
; " Von Dr. F, Bolte, ,
Wenn das Ziel: der Chronometeruntersuchungen in der Auffindung des
Gesetzes besteht, nach welchem der Gang eines Chronometers von den ihn
beeinflussenden Ursachen abhängig ist, um damit für die jeweiligen Verhältnisse
diesen Gang vorauszuberechnen, so sind wir von der allgemeinen Lösung dieser
Aufgabe noch ziemlich weit entfernt. Für die: an festen Observatorien. ge-
brauchten besseren Chronometer lassen sich die Gänge. allerdings bei nicht zu
grofsem Zeitraum ziemlich gut nach der Formel von Villarceau als Funktion
der beiden Variabeln „Zeit“ (t) und‘ „Temperatur“ (3) darstellen: . VO
g = go + a(t—to) + b(3—15°) + c(t—to)? + d(I—15)? + e(t—to) (+—15°)
wo g, der der Anfangsepoche to und der Temperatur von 15°C, entsprechende
Gang ist. Auf See treten jedoch in den Bewegungen des Schiffes, der Er-
schütterung durch die Schraube und der erhöhten Luftfeuchtigkeit neue Ursachen
hinzu, denen die Schuld beigemessen werden mufs, wenn bei der Zugrundelegung
der obigen Formel sich Abweichungen von mehreren Sekunden im täglichen
Gange einstellen. Ueber die Einflüsse dieser einzelnen Ursachen sind seit
einigen Jahren, besonders auch in Deutschland, verschiedenartige Untersuchungen
angestellt worden. - An einer Reihe von Chronometern hat Prof. Peters nach-
gewiesen, dafs die erhöhte Luftfeuchtigkeit auf den Gang retardirend wirkt und
zwar für.l %, der relativen Feuchtigkeit zwischen 0,04° und 0,25° im täglichen
Gange; über die Gangänderungen von Chronometern auf bewegter Unterlage
sind auf der Deutschen Secewarte eingehende Beobachtungen gemacht, und was
endlich die Wirkungen der Schiffsschraube anbetrifft, so glaubt Rouyaux aus
seinen an. Bord des „Decrös“ angestellten Vergleichungen- auf einen beschleuni-
genden Einflufs dieser Erschütterungen schliefsen zu können. .
Auf einer von mir an‘ Bord des Dampfers „Neko“ nach der Westküste
Süd-Amerikas unternommenen Soereise waren mir Seitens der Herren Fabrikanten
die: Chronometer ‚Ehrlich 496, Broecking 1105 und Kutter 23.zu diesbezüglichen
Untersuchungen gütigst zur Verfügung gestellt worden. Nach den Ergebnissen
der Chronometer-Konkurrenzprüfung 1886/87, zu welcher diese Instrumente ein-
geschickt waren, sind für dieselben folgende abgekürzte Gangformeln gerechnet
worden:
Broecking 1105: g = —0,442° + 0,0136 (3—15) + 0,00339 (3—15)*
Ehrlich 496: . g = +-1,358° — 0,0372 (9—15) + 0,00166 (3—15)?
Kutter 23: - g = + 0,031° + 0,0710 (3—15) — 0,00478 (3—15)?
Ueber die von der Zeit abhängigen Veränderungen in g, geben die im
Chronometerprüfungs-Institut der Seewarte nach Beendigung .der Konkurrenz-
prüfung, sowie die vor der Einschiffung und nach vollendeter Reise: angestellten
Beobachtungen Aufschlufs, wenn man die in 12—18° beobachteten täglichen
Gänge mit Hülfe obiger Koefficienten auf 15° reducirt. | Nur Broecking 1105
ist Juli 1887 einer Reinigung unterworfen, so dafs das ‚nach derselben sich
ergebende g, mit dem früheren Werthe nicht verglichen werden kann. Für die
am 1. September 1887 beginnende Reise wurden die unmittelbar vor der Abreise