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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

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Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte, 
mehrere aufserordentlich heftige Stürme zu überstehen hatten. Die kürzesten 
Reisen, von 22 Tagen Dauer, vollendeten „Diamant“ und „Magdalene“, welche 
beide in der letzten Hälfte des September nordamerikanische Häfen verliefen, 
Der in Ballast geladene schnellsegelnde „Adolph“ legte die Strecke Halifax— 
Lizard sogar in 15 Tagen zurück. Die längere Dauer der Reise des „George 
Washington“ gegen die des „Diamant“ scheint eine Folge der günstigeren 
Verhältnisse, die das letztere Schiff antraf, gewesen zu sein. Am 3. November 
befand sich „George Washington“ in 45,5° N-Br und 35,5° W-Lg, während 
gleichzeitig „Diamant“ in 45,4° N-Br und 33,2° W-Lg stand. Die beiden 
Schiffe befanden sich damals im südöstlichen Quadranten einer von NW her 
gekommenen Depression, deren stürmische SW-Winde beiden Schiffen eine 
rasche Fahrt ermöglichten. (Siehe Karte III.) Am 4. Oktober hatte sich die 
Depression ganz verflacht, in der Nähe ihres Mittelpunktes herrschten Stille 
oder ganz leichte unbeständige Winde, während weiter nach Osten hin, wo 
steilere Gradienten waren, noch kräftige Südwinde wehten. Durch jene wurde 
„George Washington“ zurückgehalten, während bei diesen „Diamant“ sehr raschen 
Fortgang erzielen konnte, Die Folge dieser verschiedenen Verhältnisse war, 
dafs sich am 6. Oktober jenes Schiff noch in 46° N-Br und 29,5° W-Lg befand, 
während dieses schon nach 49,4° N-Br und 22° W-Lg vorgerückt war. Der 
schwerste Sturm, welchen die vorliegenden nach Osten bestimmten Schiffe 
überstanden, war der, welcher vom „Hermann Friedrich“ und von „Anna“ am 
13, November östlich von den Neufundland-Bänken beobachtet wurde. Die 
Wetterlage war damals in diesem Theile des Oceans eine sehr gestörte, Man 
beobachtete an Bord des „Hermann Friedrich“ am 12, November einen Baro- 
meterstand von 767,0 mm, am 13. einen solchen von 727,5 mm und am 14. wieder 
einen auf 768,0 mm gestiegenen Stand, Am Mittage des 13. November, als der 
Sturm bei beiden Schiffen nahezu seine gröfste Stärke erreicht hatte, wehte bei 
der in 43,7° N-Br und 45,7° W-Lg befindlichen „Anna“ Sturm aus NNW 10, 
während bei dem in 46° N-Br und 36,5° W-Lg stehenden „Hermann Friedrich“ 
e8 orkanartig aus SSE stürmte. Als bei diesem Schiffe der Luftdruck auf 
727,5 mm gesunken war, trat ein gänzliches Abflauen des Windes ein, worauf 
bald nachher der Sturm wieder mit voller Kraft aus WNW einsetzte und der 
Luftdruck rasch zuzunehmen begann. St. Elmsfeuer begleiteten diese tiefe De- 
pression, in deren südwestlichem Theile zur selben Zeit die westwärts bestimmte 
„Hedwig“ durch NW-Sturm zurückgehalten wurde. Die gröfsere Zahl der vor- 
liegenden, von südlicher als Baltimore gelegenen Häfen kommenden Schiffe 
würde wahrscheinlich ihre Reise verkürzt haben, wenn sie im westlichen Theile 
des Atlantic gleich einen nördlicheren Kurs gesteuert hätte. Und ebenso würde 
vielleicht der eine oder andere von den zum Mittelmeere bestimmten Schiffen 
dieses rascher erreicht haben, wenn mit Rücksicht auf die im Spätherbste im 
östlichen und mittleren Theile des Atlantic nicht selten herrschenden NE-Winde 
20° W-Lg einige Breitengrade nördlicher geschnitten worden wäre. 
3. Reisen von Nord nach Süd. 
Die Reisen der grofsen Anzahl von Schiffen, welche ihren Weg zur Linie 
im Herbst 1884 zurücklegten, nahmen einen verschieden günstigen Verlauf. Das 
Gebiet hohen Luftdrucks inmitten des Oceans war, wenn auch ab und zu ge- 
stört, doch während des gröfsten Theiles der Zeit vorhanden und bewirkte ein 
Vorherrschen nördlicher und östlicher Winde im östlichen Theile des Atlantic, 
Sehr günstig erwies sich auch jenes ungewöhnliche, von der Mitte des Oceans 
nach dessen östlicher Seite verschobene, sich in der Nord—Süd - Richtung er- 
streckende Maximumgebiet, dessen Wirkungen sich durch Unterbrechung des 
Passats an anderer Stelle des Oceans so unangenehm bemerkbar machten (siehe 
Karte IV). Ungünstig waren dagegen die im November herrschenden Ver- 
hältnisse. In der ersten Hälfte dieses Monats walteten auf der Strecke Lizard— 
Madeira unbeständige Winde vor, und später lag zwischen den Kanarien und 
Azoren eine stark ausgeprägte Herbstdepression, durch deren Westwinde eine 
yrofse Zahl von Schiffen genöthigt wurde, der Ost von den Kapverden führenden 
Route zu folgen. Hier fanden dieselben aber auch keine günstigen Verhält- 
pisse, und da der Südost-Passat sich später in verhältni(smäfsig hoher Breite
	        
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