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Tocopilla und Duendes.
Copper-Mining and Smelting Co.“ nach Coronel und Lota gesandt, um dort
geschmolzen und als Kupfer nach Europa verschifft zu werden, In der Um-
gebung von Tocopilla und Duendes sind sehr viele, mehr oder weniger ergiebige
Kupferminen, welche sich in den Händen kleiner Unternehmer befinden, die das
Erz an die eben genannte Gesellschaft verkaufen. Die Güte des Erzes varlirt
in den verschiedenen Minen von 11 bis 30%, ja in einigen Fällen bis 35%
Kupfer Gehalt. Reich sind, soviel ich weils und gehört habe, hier noch keine
Minenarbeiter geworden; sie führen im Gegentheil meistens nur ein trauriges
Leben. Die ganze Woche hindurch arbeiten diese Leute in den ungesunden
Kupferbergwerken, um am Sonnabend in die Stadt zu kommen und dort mit
den Kameraden einen lustigen Abend zu feiern. Geselliger Verkehr und geistige
Genüsse zur Erheiterung sind hier fremd, und die ganze Erholung, die die Leute
finden, beschränkt sich auf das Zusammensein in Wirthshäusern untergeordneten
Ranges (Branntweinkneipen oder Dispachos). Beim Laden des Kupfererzes mufs
man recht vorsichtig sein und die Leute zum Trimmen der Ladung nicht
anders als mit einem Schwamm im Munde in den Raum hinunterschicken und
auch nur dann, wenn gerade keine Ladung übergenommen wird. Das Erz stäubt
ungemein; während des Einnehmens desselben ist im Raum vor Staub nichts zu
sehen und dieser ist sehr gesundheitsschädlich. Zwei meiner Leute erkrankten
eines Tages recht ernstlich in Folge des eingeathmeten Staubes. HKiner der-
selben lag drei Stunden wie todt da und es gelang nur nach Anwendung aller
möglichen Mittel, ihn am Leben zu erhalten. Die beiden Leute waren zwar
am folgenden Tage wieder hergestellt, doch habe ich sie nicht wieder im Raum
arbeiten lassen. Wie nachtheilig für Leben und Gesundheit mufßs daher wohl
der Aufenthalt der Arbeiter in den an 100 Meter tiefen Bergwerken sein.
Die meisten der eingewanderten englischen Minenarbeiter wünschen daher auch
in ihrer Heimath geblieben zu sein, wo sie eben soviel als hier verdienen und
dabei ein menschenwürdiges Dasein führen.
In Tocopill@a ist zwar eine katholische Kirche vorhanden, allein nicht
immer ein Seelsorger im Amt. Die Stadt besteht aus ca 300 aus Holz erbauten
Häusern, von denen aber drei Viertel leer stehen. Nur die Hauptstrafse der
Stadt, an welcher die Kommandantur, die Post und das Gefängnifs gelegen
sind, hat einigermafsen gute Seitenwege; in allen übrigen Strafsen müssen
Menschen und Thiere im tiefen Sande waten. Das Klima von Tocopzlla ist gesund;
die Nächte sind bei der gewöhnlich um 12 Uhr einsetzenden Landbriese feucht
und kühl. Von Sonnenaufgang bis 2 Uhr Nachmittags ist es meistens wind-
still, doch wird die Temperatur der Luft, selbst in der wärmsten Zeit des
Jahres — im Januar — nicht übermäfsig hoch. Von der letztgenannten Stunde
an ist die Luft selbst im Sommer, bei der bis 7 Uhr oder auch bis 9 Uhr
Abends wehenden Seebriese von SSW kühl.
Die „Tocopilla Copper Mining & Smelting Co. (lim.)“ versendet monatlich
15 bis 20000 Quintales Erz, sowie ferner ca 25000 Quintales Salpeter. Alle
acht Tage legt hier ein von Norden und ein von Süden kommender Dampfer
an, welche die Post und alle nöthigen Lebensbedürfnisse für die Bewohner
mitbringen, da das Land in der Umgebung von Tocopilla, wie bei allen nörd-
lichen Häfen Chiles keiner Kultur zugänglich ist. Das Trinkwasser wird durch
Destillation des Seewassers gewonnen und vermittelst Maulesel nach den Minen
befördert. Tocopilla ist, wie schon bemerkt, nur ein unbedeutender Handels-
platz, aber der Hafen ist gut; er bietet den Schiffen völlige Sicherheit und ist
z. B. bedeutend besser als Antofagasta, Während meines zweimaligen Aufent-
halts daselbst, im Oktober 1886 und im Januar und Februar 1887 lag ich mit
dem Schiffe etwa 1 Kabllg. von der Landungsbrücke entfernt, auf einer Wasser-
tiefe von 11m (6 Fad.) über Sand- und Muschelgrund, mit beiden Bugankern
and je 80m (45 Fad.) Kette voraus und dem Reservebuganker mit 108m
(60 Fad.) Kette achteraus vertäut, die nürdlichste Klippe bei Algodon Point
in rw. W!/S, sicher und ruhig wie in einem Dock, Als Achteranker sollte
man stets den Reservebuganker mit mindestens 54 m (30 Fad.) Kette benutzen,
weil in der Nacht häufig sehr kräftiger NE-Wind weht, bei dem ein Wurfanker
leicht durchgeht. Auf unserm Ankerplatz war keine Spur von Seegang und
selbst gegen die gewöhnliche Dünung aus SW lag das Schiff geschützt. Nur
am Lande ist oft eine Grundschwell vorhanden, die eine solche Brandung