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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

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A 
Aus dem Reisebericht der deutschen Schonerbrigg „Franz“, 
Kingston oder Port Caroline an der Lacepede-Bai, S.-A. 
In Port Adelaide hatten wir 200 Fässer Mehl geladen und versegelten 
damit nach Kingston, um dort aufzufüllen und dann mit voller Ladung die 
Weiterreise nach Numea (Neu Caledonien) anzutreten. „Franz“ verliefs Port 
Adelaide am 13. April mit frischem SE-Winde, der bis zum 18. anhielt und in 
der Backstairs Passage stürmisch wehte, so dafs wir nicht hindurch kreuzen 
konnten. Erst als der Wind am letztgenannten Tage auf S holte, konnten wir 
durch die Strafse segeln und dann am 19. um Mittag in Kingston bei der Brücke 
vor Anker gehen. Am Nachmittage holten wir das Schiff an die Brücke und 
machten es gut fest. Am nächsten Morgen fingen wir um 7 Uhr zu laden an 
and hatten um 6 Uhr Abends, durch Uebernahme von 100 Fässern, unsere 
Ladung vollständig. Wir holten sofort die Trossen ein, lichteten den Anker 
mit 234m -— 130 Fad. — Kette, setzten Segel und steuerten um 9!% Uhr mit 
leichtem EK-Winde nach See. Zu dieser Eile wurden wir getrieben durch das 
stetige Fallen des Barometers, was mich das Herannahen eines NW-Sturmes 
befürchten liefs, mit dem wir nicht hätten aus der Bai kommen können. Der 
Sturm setzte dann auch wirklich am 21. ein, begleitet von Regen und einer 
hohen gefährlichen Kreuzsee aus NW und SW. Das Schiff lag mit dem Deck 
mehr unter als über Wasser, aber wir standen weit genug von der Küste ab, 
um den Wind ausnutzen und SW steuern zu können. 
Obgleich die Rhede von Kingston von N bis SW ganz offen ist, so soll 
sie doch selbst bei NW-Stürmen vollkommen sicher sein und niemals eine hohe 
See dort entstehen. Von Norden her längs der Küste segelnd sieht man überall 
unter derselben bis dicht vor Kingston die Brandung; hier hört dieselbe aber 
auf und das Wasser ist so ruhig, wie in einem Hafen, Die Ursache dieser 
wunderbaren Erscheinung, die es ermöglicht, dafs selbst bei NW-Stürmen die 
Schiffe auf der Rhede ohne Gefahr liegen können, ist den Bewohnern von 
Kingston unbekannt.!) Der Ankergrund, der stark mit Seogras bewachsen ist, 
besteht aus Steinen, auf denen eine verschieden dicke Sandschicht lagert. 
Derselbe hält in der Nähe der Brücke auf einer Tiefe von 4,5 m — 2'/a Fad. — 
schlecht, weiter ab aber, auf 8—11m — 4,5—6 Fad. — nach Aussage des 
Hafenmeisters gut. Wenn nun auch, wie bemerkt, die Rhede ganz sicher ist, 
80 gerathen doch manchmal die Schiffe an der sich 1200 m — 4000 Fuls — in 
die See hinein erstreckenden Brücke in eine unangenehme Lage, weil‘ bei 
heftigen Nord- und Westwinden das Wasser zuweilen 3m — 10 Fuls — steigt 
und die Höhe der Brücke erreicht, so dafs man Mühe hat, das Schiff durch 
Fender frei zu halten. Um dieses zu ermöglichen, hat man Bojen ausgelegt, 
auf welchen man Trossen oder Ketten festmachen kann. Nach meiner Ausicht 
sind zu diesem Zweck nur Ketten geeignet, denn wenn auch keine Grundsee 
läuft, so glaube ich doch, dafs nach beendigtem Sturm die Leinen in dem 
kabbeligen Wasser fast abgenutzt sein werden. Einen Buganker mit mindestens 
135 m — 75 Fad. — Kette mufs man aufserdem nach vorn hinaus stehen haben. 
1) In einem früheren Bericht — Annalen, Jahrgang 1887, Seite 67 — giebt Kapt. Mehring 
vom Deutschen Vollschiff „Mermann“ den in grofsen Massen dort vorkommenden Tang, der bis an 
die Oberfläche des Wassers reicht, als Ursache des ruhigen Wassers bei Kingston an. Xinem jetzt 
vorliegenden späteren Bericht dieses Kapitäns, in dem diese Ansicht wiederholt wird und der in 
vielen Theilen mit dem Bericht des Kapt. Nichelson übereinstimmt, ist noch Folgendes zu entnehmen : 
Man ankert am besten recht quer vor der Brücke, so dafs man dieselbe entlang sehen kann und sie 
in Peilung ONO01/0 hat, auf einer Wassertiefe von 14,5m — 4 Fad. Man wähle eine Stelle, die 
frei von Tang ist, weil sonst der Anker nicht hält, und stecke 135m — 75 Fad. — Kette aus. 
Hier legt man nahezu 4 Sm vom Lande, kann also gut unter Segel kommen und hat, im Fall das 
Schiff bei einem Weststurm mit einem Anker treiben sollte, Zeit genug, den zweiten fallen zu lassen, 
Auch eignet sich dieser Ankerplatz‘ für das Ab- und Ankommen der Leichterfahrzeuge. Wie gering 
der Einflufs der Wellen draufsen bei einem Sturm auf die Bewegung des Wassers auf dem Ankerplatz 
ist, geht aus der Thatsache hervor, dafs ein Schiff nicht mehr als 1,2 m — 4 Fuls -— Wasser unter 
dem Kiel nöthig hat. Das Feuer auf dem Ende der Brücke ist wenig werth, und sollte man deshalb 
nicht des Nachts zusetzen, auch nicht bei dickem Wetter, Lootsen sind nicht vorhanden; auf die 
Signale, welche ein Schiff zeigt, wird vom Lande geantwortet. Sollte man, von Port Adelaide 
kommend, von einem Weststurm überrascht werden, so laufe man ruhig zwischen Kıngston und 
Kap Joffa hinein und ankere innerhalb der 9m- (5 Fad.) Linie, wo man so sicher wie in einem 
Hafen liegt. Die Gezeitenströmung, die ich auf meinem Ankerplatz daselbst vorfand, war NO—SW 
und lief mit einer Geschwindigkeit von nur !/2 Sm die Stunde.
	        
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