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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

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Nordstürme an der deutschen Ostseeküste. 
heilung heraus, nämlich eine Furche niedrigen Luftdruckes, mit drei Depressions- 
gentren, von denen das Sturmcentrum das mittlere ist. 
Während nun am 10. im Nordosten Europas zwar strenge Kälte herrscht, 
verläuft die Nullisotherme im Allgemeinen den 58. Breitengrad entlang bis zum 
Busen von Riga, von dem aus sie eine südöstliche Richtung annimmt, südlich 
son dem genannten Parallelkreise ist dabei die Temperaturvertheilung eine 
ziemlich gleichmäfsige. "Theils infolge der nördlichen Luftströmung, theils infolge 
des über Nacht eintretenden klaren Wetters nimmt bis zum Morgen des 11. 
ganz besonders über Centraleuropa die Temperatur stark ab und sinkt über 
Deutschland mit Ausnahme des äufsersten Südwostens unter den Gefrierpunkt; 
auch über Nordschottland tritt Frost ein. 
Im Laufe des 11. nimmt über ganz Centraleuropa nach Süden bis zum 
Mittelmeere und der Adria hin der Luftdruck beträchtlich ab, so dafs in der 
weiteren Folge nach der bald eintretenden Auflösung der am westlichsten über 
dem Kanal liegenden Depression jene besprochene charakteristische Furche 
niedrigen Luftdruckes bestehen bleibt. 
Mit dem 11. Abends erreicht nun jenes Luftdruckminimum, welches als- 
dann die Stürme in Begleitung hat, die südöstliche Nordsee. An der west- 
deutschen Küste nehmen daher am Nachmittag die Winde eine entschieden 
südwestliche Richtung an, bleiben jedoch noch von geringer Stärke; am West- 
ausgange des Liim Fjords setzt dagegen gegen Abend bereits ein stärkerer 
östlicher Wind ein. 
In der Nacht zum 12. überschreitet nun das Centrum dieser atmosphärischen 
Störung die jütische Halbinsel in südöstlicher Richtung. und zwar nimmt es 
seinen Weg zwischen dem dänischen Grenzorte Wandrup und der Insel Sylt, 
jedoch näher an dem ersteren Orte vorüber, wie die stündlichen Aufzeichnungen 
an diesen Beobachtungsstationen zeigen. 
Um 8 Uhr Morgens am 12. wird das Minimum des Luftdruckes in der 
Gegend zwischen Apenrade und Flensburg anzunehmen sein; die Isobaren, welche 
den niedrigsten Luftdruck umgeben, haben dabei eine sehr langgestreckte Form, 
deren gröfste Axe von Westsüdwest nach Ostnordost gerichtet ist. Es herrschen 
zu dieser Zeit auf der nördlichen Seite des Minimums bis zur schwedischen 
Küste des Kattegat stürmische östliche und nordöstliche Winde, auf der West- 
seite wehen starke nördliche Winde, und auch die südwestlichen Winde 
auf der Südseite der Depression sind in näherer Umgebung des Luftdruck- 
minimums frisch bis stark; doch findet bei dem weiteren Fortschreiten 
des Phänomens an den Stationen der deutschen Küste vor dem Umspringen 
des Windes in nördliche Richtung stets ein starkes und schnelles Abflauen 
statt, wie die Tabelle II der stündlichen Windgeschwindigkeiten zeigt. Jo 
weiter aber der Beobachtungsort nach Osten zu gelegen ist, um so schwächer 
sind die dem Nordsturm vorangehenden südwestlichen Winde, und schon 
in Swinemünde sind dieselben sehr flau. Es dürfte dieser Umstand in 
Zusammenhang mit der Bildung eines zweiten Luftdruckminimums stehen, welches 
sich bereits am 12, Morgens durch die Richtung der Winde in der Neustädter 
Bucht andeutet. Dieses zweite Minimum geht in geringer Entfernung dem 
ersteren und intensiveren ostwärts voran, und verhindert So in der Folge das 
Auftreten stärkerer Winde auf der Vorderseite des Hauptminimums. 
Es tritt dies besonders auf dem beigegebenen Kärtchen hervor, welches 
die Wind- und Luftdruckverhältnisse am Abend des 12. März 1887 über der süd- 
lichen Ostsee darstellt. Während über Rügen ein schwerer Nordoststurm tobt, 
weht in der Swinemünder Bucht noch ein schwacher West. KEigenartig gestalten 
sich die begleitenden Umstände an der hinterpommerschen Küste; bei schwachem 
vom Lande her wehendem Südwest steht daselbst bereits am späteren Nach- 
mittage des 12. März eine grobe See und beginnt das Wasser zu steigen. Es 
ist die Folge des am Nachmittage schon in nicht sehr grofser Entfernung von 
dieser Küste über dem nördlicheren Gebiete dieses Theiles der Ostsee wehen- 
den Nordoststurmes, welcher einerseits das Wasser nach Süden zu gegen die 
genannten Küsten hintreibt und andererseits gerade wegen der geringen Stärke 
der Landwinde durch diese keine Gegenwirkung erfährt. 
In einiger Entfernung vom eigentlichen Minimum des Luftdruckes und 
zwar sowohl im Süden als auch im Norden von demselben ist die Steigerung
	        
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