Oberflächenströmungen im südwestlichen Theile der Ostsee.
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hier einzelne noch besonders aufzuführen. Es sind unter den 67 Fällen, in
welchen starke Richtungsänderungen des Windes im Laufe des Etmals vorkamen,
überhaupt nur 10, in denen der Strom nicht .der vorauszusetzenden Wirkung der
aufgetretenen Winde entspricht, und mit einer Ausnahme handelt es sich hier
um sehr schwache Strömungen, meistens von weniger als 2 km.
Die unregelmäfsigen Strömungen,
Als unregelmäfsige Strömungen sind in erster Linie die nicht mit dem
Winde oder gegen den Wind laufenden Strömungen zu betrachten. Dieselben
sind im Ganzen nicht nur selten, . wie bereits an früherer Stelle. dargelegt
wurde, sondern ‘auch von durchschnittlich nur geringer Stärke; ferner ist zu
bemerken, dafs sie nur bei schwachen Winden auftreten. Werden alle Tage,
auch‘ die mit veränderlichen Winden, an denen die Stromrichtung von der
Richtung des Windes um 90° oder mehr abweicht, gezählt, so ergiebt sich
deren Anzahl zu 42,, d. ji. 14°%o der ganzen Beobachtungszeit. Unter diesen
sind 16 Tage, an denen die Strömung unter 2km und nur 9 oder 21 % aller,
an denen sie über 6 km betrug, . während .;sich für die mit dem Winde
Jaufenden Strömungen ein Betrag von mehr als 6km für 137 von 194 Tagen,
also für 71% aller Fälle ergiebt. Der grofse Unterschied in Stärke zwischen
den mitlaufenden und den gegenlaufenden Strömungen tritt in diesem Ver-
hältnisse deutlich hervor. Die Stärke der Winde war in mehr als der Hälfte
aller Fälle 2 oder weniger, nur 3 Mal über 3,5 und nie über 5. .
Was die Richtung der Gegenströmungen anbetrifft, so findet man, dafs
dieselbe .
18 Mal zwischen N und E,.
12 » E „ S
6 » S „„ Wud -
6 » W.„ N war. Inden weitaus meisten
Fällen seizten sie demnach in der Richtung der beiden östlichen Quadranten.
Dieser Umstand läfst ‚vermuthen, dafs die Ursache der Gegenströmungen, oft
ein durch anhaltende Winde aus derselben Richtung hervorgerufenes Aufstauen
des Wassers ist, welches schon wieder abflielst, noch ehe der Wind seine
Richtung geändert hat. Wie aus der Karte ersichtlich, kann ein solches Auf-
stauen am leichtesten in dem verhältnifsmäfsig engen westlichen Theil der Ost-
see entstehen, während das östlich vom Adler-Grund gelegene ausgedehntere
Gebiet für längere Zeit ein freies Abfliefsen des Wassers gestattet. Hiermit
steht im Zusammenhang, was wir früher gefunden haben, dafs nämlich die west-
lichen Strömungen bei leichtem Winde eine durchschnittlich geringere Stärke
haben und auch mit etwas weniger Regelmäfsigkeit auftreten als die östlichen.
. Auch die Betrachtung der Einzelfälle läfst verschiedentlich ein Aufstauen
des Wassers als Ursache der. Gegenströmung vermuthen; so z. B. bei den
Beobachtungen vom 22, Mai, 7. und 28, August, 19. Oktober und 1. November
1886, ferner bei denen vom 27. und 28. April und 13, und 14; Jumi 1886. In
diesen Fällen trat die gegenlaufende Strömung stets mit einem. Abflauen des
Windes ein, nachdem der letztere mehrere Tage aus derselben Richtung goweht
und ebenso die Strömung längere Zeit nach derselben, dem Winde entsprechenden
Richtung gesetzt hatte.
Nicht selten scheint die Richtung des Stromes gegen den Wind auch so
zu entstehen, dafs der Wind seine Richtung nach links verändert, während der
Strom seine Richtung beibehält oder unter der Einwirkung der Erdrotation sich
noch mehr nach rechts dreht. Auf diese Weise wächst die schon vorher be-
stehende normale Abweichung - des Stromes vom Winde nach rechts mitunter
zu mehr als 90° an, und durch solche Vorgänge erklärt es sich, weshalb such
bei den Gegenströmungen die Abweichung nach rechts die nach links in dem
Verhältnisse wie 2:1 überwiegt. In den in der Beobachtungsreihe enthaltenen
Einzelfällen dieser Art war das Auftreten der Gegenströmung ebenfalls stets von
einem Abflauen des Windes begleitet. Bei stärkerem Winde erfolgte mit der
Richtungsänderung desselben stets auch die entsprechende Stromänderung. In
ähnlicher Weise entsteht oft die ebenfalls als Unregelmäfsigkeit anzusehende
starke Abweichung des Stromes nach links, und: zwür. dadurch, dafs die: Wind-
Ann. d, Hydr. etc., 1888, Heft L