Aus dem Reiseberichte der deutschen Bark „J. F. Pust“.
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Port of Spain ist der billige Verkauf von Eis zu 1 Cent das Pfund. Hier wie
in St. Fernando kann man die gewöhnlich gewünschten Gemüsearton preis-
würdig kaufen,
Der Pech-' oder Asphaltsee bei La Brea liegt mit seiner Oberfläche
41,4 m (138 englische Fufs) über dem Meeresspiegel und hat einen Flächen-
inhalt‘ von 100 Acres, etwa 40 Hektaren. Der Asphalt quillt in gesonderten
Haufen von ganz verschiedener Gröfse auf, die dicht neben einander liegen,
Die Oberflächen derselben ‚sind. eben; die unregelmäfsig geformten Seiten sind
nach unten einwärts geneigt und bilden mannigfach gewundene Rinnen von 0,3
bis 3 m .(1 bis 10 Fufs) Breite und in der Mitte bis zu 1,5 m (5 Fufs) Tiefe,
welche mit frischem Wasser angefüllt sind. Nach der Mitte des Sees wird der
Asphalt weich, doch kann man noch ‚ganz gut über die Haufen hinweggehen
und würde nur beim Stillstehen allmählich einsinken. Zuweilen soll hier
flüssiges Pech aufquellen, wobei sich unangenehme schweflige Dünste verbreiten.
Das weiche Pech kann man in der Hand drücken, olme diese dabei zu be-
schmutzen, so dafs das Sprüchwort „wer Pech angreift, besudelt sich“ hier
also nicht zutrifft. Die Ausbeutung geschieht, indem mit der Pickaxt gröfsere
Stücke Asphalt losgetrennt werden, wozu die frühe Morgenstunde am
geeignetsten ist. Diese werden dann vermittelst Wagen auf dem 1 Sm langen
Wege, der über ein bewaldetes, nach. dem Meere zu abfallendes Terrain führt,
nach dem Verschiffungsplatz bei Palm Point befördert. Auch an vielen Stellen
am -Strande quille Pech aus dem Sande hervor. Südlich von Palm Point
bröckelt das Ufer nach und nach ab, und man findet dort Bäume, die ihren
Wurzelhalt schon zur Hälfte verloren haben und daher bald umstürzen müssen,
während andere bereits in den Wellen liegen und vermodern. Ueberall sieht
man hier Pechhügel wie Klippen in das Meer hiveinreichen und es hat den
Anschein, als wenn das : vom langsam fließsenden Pech getragene Land
allmählich in den Golf hineingeschoben würde, freilich bei äufserst geringem
Fortschritt. Etwa 1 Kabllg. vom Lande befinden sich Quellen von Pech und
Erdöl, welches sich. über die Oberfläche des Meeres ausbreitet, Das Dorf
La Brea liegt 1 Sm östlich von Palm Point. Einige Oefen mit Pfannen zum
Auskochen des Pechs sind auf festem Untergrund gebaut, während viele Häuser
des Dorfes auf unter dem Sande lagernden Pechschichten errichtet sind. Diese
müssen indefs von Zeit zu Zeit neu aufgeführt werden, weil sie allmählich ein-
sinken, Das gekochte Pech, welches zur Verschiffung gelangt, ist so hart, dafs
die Fässer ohne Bodendeckel verladen werden, während der rohe Asphalt noch
m Schiff dickflüssig bleibt und für längere Zeit nicht auf einem Haufen zu
halten ist.
Am Morgen ist die Luft über dem Pechsee frisch. und kühl, und man
hat dann Gelegenheit, in dem Wasser der Rinnen ein kaltes Bad zu nehmen,
Gegen 2 Uhr Nachmittags würde dieses ein heifsoes Bad abgeben. Das Wasser
ist, wie schon gesagt, frisch und zur Noth trinkbar; die Negerinnen waschen
in den Rinnen ihre Wäsche,
An vielen Stellen findet sich neben den Rinnen Erdreich mit Gebüsch.
Vielleicht bat man es hier mit einem versunkenen oder überschwemmten Lande
zu thun. Nach einer alten indianischen Ueberlieferung hat hier auf einem
fruchtbaren Boden ein Dorf der Chaimas-Indianer gestanden, wo, wie die Sage
weiter ‚ausführt, „auf warmem Grunde die Ananas besonders gediehen, wo
reichliche Fische nicht ferne waren und der liebliche Gesang der summenden
Vögel erschallte — da hatten die Indianer ihre Wigwams gebaut. Aber sie
waren nicht zufrieden mit diesen Naturgaben, sie wollten nicht allein die Vögel
singen hören, sondern fanden auch deren Fleisch schmackhaft. Vögel aber
waren geheiligte Geschöpfe, über deren Vernichtung sich der Grofe Geist
erzürnte! In einer Nacht waren alle Wigwams mit ihren Bewohnern ver-
schwunden — an deren Stelle aber der Pechsee entstanden“.