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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

Der Einflufs der Sonne und des Mondes auf den Erdmagnetismus ete, 
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alle scheinbaren Widersprüche bei richtiger Auffassung der Verhältnisse ver- 
schwinden. ; 
Wie schon in dem früheren Artikel erwähnt wurde, erzeugen die Sonnen- 
strahlen auch noch schwache galvanische Ströme in direkter Weise an der Erd- 
oberfläche, die ebenfalls den täglichen Gang unserer magnetischen Instrumente 
modificiren. Da diese Ströme aber in Bezug auf Richtung und Intensität von 
der Beschaffenheit des Bodens abhängig sind, so wird ihr Einflufs nicht so 
regelmäfesiger Natur sein, wie jener der höheren Schichten der Atmosphäre. 
Die Richtung der letzteren wird indessen nicht ausschliefslich West—Ost 
und Ost-— West sein, sondern auch Nord—Süd und Süd—Nord; denn die Be- 
Jeuchtungsgrenze bildet ja einen gröfsten Kreis, und von dieser kreisförmigen 
Grenze gehen sowohl nach der erleuchteten als nach der im. Schatten bofind- 
lichen Erdhälfte, und zwar von allen Punkten dieser Grenzlinie, Ströme aus, 
Im Laufe des Jahres verschiebt sich aber infolge der schiefen Stellung der 
Erdaxe gegen die Ekliptik diese Schattengrenzlinie wesentlich, und zwar von 
Tag: zu Tag; dadurch verschieben sich aber auch die von dieser Grenzlinie ‚aus- 
gehenden Ströme, was verschiedene: bisher räthselhafte Erscheinungen erklärlich 
erscheinen lassen dürfte. !) 
Wir haben uns also die Erde in Bezug auf. ihre elektrische Seite als 
zwei koncentrisch um den Erdmittelpunkt gelegte Kugelschalen zu denken, die 
mit freier Elektricität geladen sind, eine positive an der Grenze der Atmosphäre 
und eine negative innerhalb der Erdrinde. ; 
Bei dieser Auffassungsweise wird auch, nebenbei bemerkt, die Erscheinung 
des Polarlichts erklärlicher; dasselbe ist nichts weiter als ein Ausgleichungs- 
prozefs zwischen der Erdoberfläche und den elektrischen Strömen in der Höhe 
der Atmosphäre (nach Analogie mit dem elektrischen Ei und den Erscheinungen 
in den Geifsler’schen Röhren), ‚der eintritt, wenn durch besonders günstige 
Umstände die elektrische Spannung in der Höhe einen hohen Grad erreicht hat. 
Desgleichen erklärt sich jetzt auch leichter die tägliche, jährliche und eilf- 
jährige Verschiebung des Nordlichtgürtels, 
Es bleibt nun noch die Ursache der täglichen, doppelt-periodischen Zu- 
und Abnahme des. Luftdrucks und die Abhängigkeit desselben von den elektrischen 
Strömen der Höhe resp. von der Luftelektrieität zu erörtern. Zur Erklärung 
dieses Zusammenhanges ist. zunächst: noch ein anderer wichtiger Faktor in Be- 
tracht zu ziehen, nämlich die elektrische Expansion der Luft. Ueberall 
sucht die Elektrieität die Theilchen eines Körpers, welche gleichnamig elektrisch 
sind, auseinander zu treiben, infolge des elektrostatischen, von innen nach aufsen 
wirkenden Druckes, Wir beobachten diese. Wirkung bei der Leydeurer Flasche, 
deren inneres Volumen mit der elektrischen Ladung zunimmt, bei der plötzlichen 
Ausdehnung des Wassers, wenn ein elektrischer Funke durchschlägt, bei .den 
von.galvanischen Strömen durchflossenen Drähten, die sich stärker ausdehnen, 
als nach der galvanisch entwickelten Wärme der Fall sein sollte (nach Edlund, 
Streintz, Exner); dasselbe gilt von der Luft, wie man experimentell nach- 
weisen kann. 
Es ist daher klar, dafs mit der periodisch wechselnden Intensität der 
atmosphärischen Elektricität auch eine periodische Variation der Spannung der 
Luft parallel gehen mufs (denn die verstärkte elektrische Abstofsung vergrößert 
den Druck der Atmosphäre); aulserdem tritt auch mit wachsender Stärke der 
Elektrieität eine elektrisch beschleunigte Verdampfung der besonders in 
den unteren Schichten der Atmosphäre reichlicher vorhandenen Wassertröpfchen 
auf, und der dadurch gebildete elastische Dampf trägt ebenfalls zur Verstärkung 
des Luftdruckes bei. Beide Faktoren wirken in demselben Sinne und hängen 
von dem elektrischen Zustande der Luft ab; ihre Wirkung ‚nimmt zu und ab 
mit der zunehmenden und abnehmenden. elektrischen Spannung innerhalb der 
Atmosphäre, es muls also. der atmosphärische Druck dieselbe periodische 
Schwankung zeigen, wie die Luftelektriceität. Wir beobachten daher auch eine 
1) Herr. C. Lagrange, Astronom an der Sternwarte zu Brüssel, veröffentlichte‘ vor Kurzem 
in „Ciel et Terre“, 1858, Heft No. 21, 23 u. 24, einen interessanten Artikel über obige Frage und 
gelangt, von einem etwas anderen Standpunkte ausgehend, auch zu dem Resultate, dafs in den 
höheren Regionen der Atmosphäre an jedem Tage elektrische Ströme auftreten müssen, die auf der 
TTagseite nach den Polen, auf der Nachtseite von den Polen nach dem Aequator gerichtet sind,
	        
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