Berechnung der Deviation der Schiffskompasse,
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näheren Meeresgrunde ausgegangen, Ueber einen sehr merkwürdigen Fall der
Art haben wir in diesen Annalen (1877 p. 75) eine interessante historische
Untersuchung: „Die magnetischen Verhältnisse des Finnischen Meer-
busens“. Danach giebt es auf der Insel J/wssarö und in der Nähe derselben
gewisse Stellen, wo eine solche lokale Ablenkung der Nadel bis auf 180° steigt.
Aeltere schwedische Karten haben dort die Anmerkung: „Hier verwirrt sich
der Kompafs“, Auf einer neueren englischen Seekarte fehlte dieser Hinweis
an der betreffenden Stelle und war nur als leicht zu übersehende Randbemerkung
vorhanden, wodurch im Jahre 1876 die Strandung eines Schiffes daselbst ver-
anlalst wurde. Ein so extremer Fall, wie bei Jussarö, scheint übrigens bis jetzt
der einzige auf dem Meere beobachtete zu sein. Auf dem Lande wird derselbe
Fall auch im Harzgebirge, bei den Schnarcher-Klippen, unweit Schierke, ange-
troffen, und wurde dort zuerst von dem Oberberghauptmann von Trebra ent-
deckt.‘) Ganz neuerdings hat man, wie die Schlesische Zeitung No. 538 vom
5. August 1887 aus Görlitz meldet, auch an einer Stelle des Basaltkegels
„Landskrone“ dieselbe Erscheinung beobachtet, dafs die Magnetnadel ganz nach
Süden herumgeht, und schon iu der Nähe dieser Stelle unruhig wird, aber
wieder ihren richtigen Stand annimmt, sobald man sich von jener Stelle entfernt.
Was Flinders gewünscht hatte in Beziehung auf eine, das Ganze der
Erscheinungen der Deviation umfassende Darstellung, wurde endlich im Jahre
1838 durch eine fundamentale theoretische Abhandlung über den Gegenstand von
Poisson?) geleistet. Einige Jahre später erschien von einem anderen Gelehrten,
Archibald Smith von der Cambridger Universität, eine solche Bearbeitung
darüber, welche den gewöhnlichen nautischen Zwecken sich unmittelbar anschlofs,*)
und wie sie jetzt im Admiralty Manual enthalten ist.‘) Woran es zu der Zeit
von Flinders und noch lange nachher wesentlieh mangelte, das war die voll-
ständige Bekanntschaft mit der Thatsache der magnetischen Induktion des Eisens
durch den Erdmagnetismus, welche Airy°) noch im Jahre 1839 für zweckmäfsig
hielt, seinen theoretischen Untersuchungen voranzustellen, dafs nämlich jedes
Eisentheilchen immer nur parallel zur Inklinationsnadel ohne Weiteres von
selbst magnetisch wird, also verschiedene Eisenstücke, je nach ihrer Richtung
im Schiffe, bei der Drehung desselben ihren Magnetismus beständig verändern,
ausgenonımen, wenn sie durch besondere Ursachen selbst einen festen Magnetismus
erlangt haben, Nach Flinders müfste im magnetischen Aequator die Deviation
ganz aufhören, und in der That wird sie für den „Änvestigator“, wie auch wohl
auf manchen anderen Schiffen, damals und später unmerklich gewesen sein, weil
überwiegend die Wirkung des vertikalen Eisens hervortrat. Wenn aber, z. B.
bei der Radsteuerung, ganz bis zur Nähe des Kompasses eine starke horizontale
Eisenstange sich erstreckte, welche als Axe für die Welle des Steuerrades
diente, so wurde auch schon die Wirkung des horizontalen Eisens oft sehr
störend bemerkbar, obgleich diese Wirkung auf den Kursen der vier Haupt-
striche nicht hervortreten konnte, sondern auf die Zwischenstriche beschränkt
blieb, wo sie in der Mitte das Maximum der quadrantalen Deviation hervor-
brachte. Dieser Theil der Deviation konnte bedeutend genug werden, und ist
auch in unserer Zeit noch von aufmerksamen Schiffsführern, ohne mit der De-
viationstheorie bekannt zu sein, als auffällig von selbst und zu ihrem Leidwesen
bemerkt worden. Auf mehreren schwedischen Schiffen im hiesigen Hafen findet
sich übrigens jetzt die gedachte horizontale Stange aus Kupfer hergestellt, womit
ihre Störung des Kompasses aufhört.
Mehr als alles Andere war e8 endlich der Bau von eisernen Schiffen,
wodurch bekanntlich die Berücksichtigung der Deviation zu einer zwingenden
Nothwendigkeit wurde, ebenso ihre Kompensation, die wir Airy°) verdanken,
Der. erste Schritt zur Kompensation ist aber auch von Flinders (Vol. II. p. 532)
1) Sammlung astron. Abh. Herausgegeben von Bode. Berlin 1793, p. 256.
2) Poisson, „Memoire sur les deviations de la boussole, produites par le fer des vaisseaux“,
Conmnn. d, T. pour 1841, Paris 1838, Addit. p. 113—163.
3) Phil. "Ur. 1848, 1846 und £. ; ; ; . .
; %) Admiralty Manual for the Deviations of the Compass, Originally edited in 1862 by
F, J. Evans and Archibald Smith. 5. Edit. London 1882; .
5) Phil. Transact. f. 1839, p. 177.
6) Phil. Tr. 1839, np. 167.