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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 16 (1888)

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Berechnung der Deviation der Schiffskompasse. 
Eisenmassen der Geschosse sich gelagert befänden. Dieser Punkt sei dann mit 
derselben Art von magnetischer Anziehung behaftet zu denken, wie der 
magnetische Pol derjenigen Hemisphäre, wo sich das Schiff befindet, daher 
werde in Neuholland das Südende der Nadel nach jenem Schiffspunkte hin an- 
gezogen und das Nordende zurückgestofsen.!) Dies genüge zur Erklärung der 
vorgekommenen Beobachtungen, denn die Ablenkungen der Magnetnadel mulsten 
hiernach am stärksten sein, wenn der magnetische Centralpunkt des Schiffes 
rechtwinklig zum magnetischen Meridian stehe, und sie mufsten verschwinden 
bei dem Zusammenfallen der natürlichen Richtung der Nadel nach demselben 
Punkte, also bei Kurs Nord oder Süd, Dafs aber die Richtkraft des gedachten 
Schiffspunktes geringer werde, je mehr das Schiff sich vom nächsten maguetischen 
Pole entferne, dürfte wahrscheinlich richtig sein und scheine beinahe eine noth- 
wendige Folge aus der zu Grunde gelegten Hypothese. Wenn diese überhaupt zu- 
lässig sei, so müsse sich die Wirkung umkehren, sobald das Schiff sich nördlich 
vom magnetischen Aequator befände. Hierüber habe er nun zwar keine sehr 
entscheidende Beobachtungen, doch konnte er einige Resultate von der Ausreise 
des „Investigator“ anführen, wonach die Beobachtungen bei Start Point sowohl als 
zu Porto Santo und weiter abwärts zum Aequator, dieselbe Schlufßsfolge zu be- 
stätigen schienen, Uebrigens seien diese Beobachtungen nicht zahlreich genug 
und überhaupt wolle er seine Meinung nur als eine vage Konjektur von Je- 
mandem hinstellen, der nicht behaupte, die Sache zu verstehen, sondern es den 
Gelehrten überlassen, eine Vergleichung mit andern, in verschiedenen Erdtheilen 
angestellten Beobachtungen vorzunehmen und daraus eine Hypothese zu bilden, 
welche das Ganze der Erscheinungen umfassen möge. 
Es verstrich aber nach dieser Zeit noch -ein Jange Reihe von Jahren, 
bevor das erfüllt wurde, was Flinders hier für die Zukunft andeutete. In- 
zwischen hatten sich seine Vorstellungen über den Schifsmagnetismus und die 
Behandlung der Beobachtungen weiteren Eingang verschafft. Die Derviation 
mufste in den Polargegenden bei grofser Inklination stärker hervortreten. Das 
bestätigte sich auch, nur war es in höherem Mafse der Fall als Flinders ge- 
dacht hatte, welcher in seinen späteren Arbeiten (Vol. II p, 518) annahm, es 
bestehe ein konstantes Verhältnifs zwischen Deviation und Inklination. Aber 
während die (gröfste) Deviation auf dem „Investigator“ nur '/ı9 der Inklination 
auf den Flinders’schen Reisen betrug, und hiernach, wenn dies Verhältnißs 
konstant bliebe, für eine betreffende Stelle der Baffıns- Bay etwa 15° Deviation 
zu erwarten war, so zeigten die Beobachtungen des Kapt. Ross auf den Schiffen 
„Isabella“ und „Alexander“ eine Deviation von 50 bis 60°. Die Admirale 
Löwenörn und Krusenstern,’) welche alle Arbeiten von Flinders hoch- 
schätzten, vermutheten zwar, dafs der Grund dieser starken Abweichung in dem 
Eisengehalte der grönländischen Küste zu suchen sei, aber schliefslich zeigte sich 
doch, dafs die obige Hypothese von Flinders, namentlich für hohe Breiten, einer 
wesentlichen Verbesserung bedürfe, indem statt der Bogen bei dem konstanten 
Verhältnifs, ihre Tangenten zu setzen waren, um der Wahrheit näher zu kommen. 
Was indessen jene lokalen terrestrischen Störungen des Schiffskompasses 
betrifft, so sind sie freilich zuweilen beobachtet worden. Löwenörn nannte 
sie „Derangements“ und glaubte, dafs Ross und sein Begleiter Sabine dieses 
Derangement mit der Deviation verwechselt oder nicht gehörig davon getrennt 
hätten. Wahrscheinlich sind aber diese, doch nur ausnahmsweise vorgekommenen 
Lokalattraktionen niemals von der fernen Küste, sondern immer von dem 
1) Eine solche leitende Idee, wie sie hier divinatorisch auftritt, zur Erklärung der Gesammt- 
wirkung des Schiffseisens gefafst zu haben, gehört nicht zu den geringsten Verdiensten von Flinders. 
Noch 19 Jahre später bemühte sich G. F. Parrot, Prof. der Physik in Dorpat, vergebens die von 
Flinders beobachteten Thatsachen zu erklären, an deren Richtigkeit er nicht zweifelte. Er gerieth 
aber auf einen verkehrten Weg, indem er die Sache als ein reines Attraktionsproblem zu behandeln 
suchte, wobei die Deviation nur durch die geringe Differenz der Entfernungen der beiden Nadel- 
pole von dem Flinders’schen Centralpunkte entstehen sollte. Dabei konnte freilich nichts heraus- 
kommen und in seiner Verlegenheit sich nach anderen Ursachen umsehend, wodurch die Erscheinungen 
zu erklären seien, wagte er endlich kaum die Vermuthung auszusprechen, Flinders könnte das 
störende Eisen unbewufst vielleicht in der Tasche gehabt haben. (Naturw. Abhandl. aus Dorpat. 
Berlin 1823 p. 23—56.) 
2) Krusenstern, „Ueber die Aberration der Magnetnadel auf Schiffen“ in den Naturw. 
Abh. aus Dorpat, p. 17.
	        
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