Berechnung der Deviation der Schiffskompasse.
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Betrachten wir noch die von Flinders, zum Nachweis des Vorhanden-
seins der Deviation angeführten Landpeilungen vom 15. April 1802 bei den
„Geographen-Felsen“, und sein Verfahren, die dafür erforderliche Korrektion
zu finden.
Schiffs- Schiffs-
kurs: kurs:
0ONO SWZW
Punkt (1) gepeilt: N15°W N21°W
9 . NI9O NI5 O0
a » S53 O0 S610
(4) » Ost 0O5N
Berichtigt nach obiger
Deviations-Tabellel)
N17°38'W N18°26/W
N16 220 N17 340
S55 380 5S58 260
0O238N 02 26N
Mittel Deklin.
Wahre
Peilung
NI18° 2°W 4°N N14° 2'W
NI1I6 58 0 % N20 580
S$57 20 » S53 20
O0 232N O1 9288
Die von Flinders?) hergeleiteten wahren Peilungen sind folgende:
N15° E (soll offenbar W heißen), N 20° E, S54° E und E 014° S, welche also
durchweg 0° 58‘ gegen die obigen Resultate differiren. Nach seiner Beschreibung
suchte Flinders die Korrektion auf folgende Weise.*) Das Schiff lag bei der
ersten Peilung 6 Strich vom Meridian und bei der zweiten Peilung, nachdem es
gewendet hatte, lag es 3 Strich nach der andern Seite vom Meridian. Das
Mittel davon ist 1! Strich nach der Ostseite. Für diese 1'% Strich wird 1°
als Korrektion angenommen (weil 9 Strich zusammen 6° Unterschied gaben),
welche zu subtrahiren ist, da sie auf die Ostseite fällt, Die 4° östliche
Deviation verwandelt sich daher in 3°. Nur im Falle beide Kurse gleichweit
vom Meridian auf. verschiedenen Seiten gewesen wären, würde Flinders also
das einfache Mittel aus den beiden Peilungen genommen haben. So sei er bei
einer einzelnen Beobachtungsreihe oft genöthigt gewesen, eine andere magnetische
Deklination anzuwenden, als diejenige, welche er für die richtige hielt, aus-
genommen wenn das Schiff nahe Nord oder Süd anlag. Sein obiges Korrektions-
verfahren sieht er keineswegs schon als sicher genug an, indem er fortfährt:
Um sich aber so wenig wie möglich auf Konjekturen zu verlassen, habe er sich
stets bestrebt, die Deklinationsbestimmungen bei demselben Schiffskurse zu
erhalten, auf welchem er die Küstenpeilungen ausgeführt hatte, und dann wurde
diese Deklination angewandt, wie sie auch herausgekommen sein mochte. Ohne
alle Rücksicht auf die Verschiedenheit des Schiffskurses würden sich dagegen
für die Landpeilungen nichts als einander widersprechende Resultate ergeben
haben.
Zehn Jahre später (in der Vorrede zu seiner Reisebeschreibung) sagt
Flinders über denselben Gegenstand: „Viele Beobachtungen mit dem Kompafs
hatten gezeigt, daß die Magnetnadel an demselben Orte 6 bis 7 Grad von sich
selbst abwich und diese Differenzen regelmäfsigen Gesetzen unterworfen zu sein
schienen. Doch war es so seltsam bei der gegenwärtigen Ausbildung der
Nautik, dafs diese Differenzen nicht früher entdeckt waren, oder eine Methode,
dieselben zu verhüten oder sie zu berichtigen, dafs ich fast das Zutrauen auf
meine Folgerungen und beinahe auf die Thatsachen verlor; und bei der ersten
Entwerfung der Karten hütete ich mich, zu sehr von der gewöhnlichen Praxis
abzuweichen. . ...“ (Die Beobachtungen von Wales, wo solche Differenzen
angegeben sind, müssen Flinders damals noch nicht bekannt gewesen sein;
er erwähnte sie erst am Schlufs seines Werkes.)
ı) Mit Vergröfserung im Verhältnifs von tg 62° :tg 66°.
*) Phil. Tr. 1805, p. 189.
8) Nach der später verbesserten Regel von Flinders (Vol. II, p. 515) ist die gröfste
Deviation mit dent Sinus des Winkels zu multipliciren, um welchen der anliegende Kurs von der-
jenigen Richtung abweicht, wo die Deviation Null ist. Das entspricht also der Formel d==B sin
" . . 2°20'4+3° 16° tg 66°
für den Investigator. Wird danach gerechnet, und B =— 2 62 3°22’ angenommen,
so ergeben sich die wahren Peilungen: N 14° 37 W, N20° 22’0, S53°37'0 und 00°53’S,
wonach die Differenzen mit obigem Resultate nur noch 0° 35‘ betragen. Flinders drückte diese
Regel so aus, indem er die Deviation nur als Fehler (error) bezeichnet: ’Che errors were least when
the ship’s head was at, or near to North or South, and greatest at, or near to East or West; and
as the (ship’s) head was made to deviate from the points of least error towards the greatest, the
increase of error was found to be in proportion to the sines of the angles of deviation.
Man sieht hieraus beiläufig auch, dafs Flinders die Bezeichnung „Deviation“ noch nicht in dem
Sinne gebrauchte, wie sie später bei Ross vorkommt, und auch von Poisson beibehalten wurde,
gegenwärtig aber allgemein geworden ist,