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Berechnung der Deviation der Schiffskompasse.
immer schon einen Unterschied von 5 bis 6 Grad, welcher nicht unbemerkt
bleiben konnie, aber auch erst bei diesem zweckmäfsigen Beobachtungsverfahren
hervortreten mulßste,
Was nun die gefundenen Ko&ffieienten betrifft, so beruhen sie wesentlich
auf den Beobachtungen für die 8 Hauptstriche, wovon nur die Deviation do
durch Interpolation zu ergänzen war. Es wäre daher auch schon genügend
gewesen, die Bestimmung der Koegfficienten auf diese erste Gruppe zu be-
schränken, welche allein bereits nahe dieselben Resultate giebt, und die 6 andern
guten Beobachtungen würden damit ebenfalls befriedigend übereingestimmt
haben. Aber des Beispiels wegen ist die Rechnung auch auf die andern
3 Gruppen ausgedehnt worden, als wenn alle auf vollständigen, von einander
unabhängigen Beobachtungen beruhten. Dann würde freilich die Ueberein-
stimmung der Resultate in den verschiedenen Gruppen eine Sicherheit der Be-
stimmung anzeigen, wovon hier keine Rede sein kann. Zunächst die Konstante A
betreffend, so wird sie wenigstens nicht als der reine Indexfehler des Peil-
kompasses angesehen werden können, schon deswegen nicht, weil verschiedene
Kompasse zur Auwendung kamen, z. B. drei Kompasse gebraucht wurden, wenn
6 Reihen von Azimuthbeobachtungen angezeigt sind. In überwiegender Gröfse
tritt der Koefficient B auf und deutet, als Hauptwirkung des vertikalen Eisens
angesehen, auf das Vorhandensein von vertikalem Eisen mittschiffs, und wäre
dann aın wahrscheinlichsten der Wirkung des oberen Endes einer eisernen
Stange vor dem Kompals zu vergleichen. Dazu kommt noch, dafs schon bei
der Ausreise!) des „Investigator“, am 27. Juli 1801, auf dem Wege nach Porto
Santo, als eine Prüfung sämmtlicher Kompasse vorgenommen wurde, alle
6 Kompasse im Mittel 25° 34‘ W Deklination ergaben, wenn sio auf dem Binnacle
standen, und nur 20° 57’ W, wenn sie 10 bis 12 Fuls vor dem Grofsmast auf-
gestellt waren. Der Schiffskurs war in beiden Fällen westlich*). Flinders
hielt 23° W für die richtige Deklination, und glaubte, dafs der erste Auf-
stellungsort dieselbe 2%° zu grofs, der zweite aber 2° zu klein gab. Die
störende Ursache wäre also wieder in obiger Form einer vertikalen Eisenstange
zwischen beiden Aufstellungsorten anzunehmen. Da scheint denn freilich nichts
näher zu liegen‘, als an die eiserne Axe eines Gangspills in erster Linie zu
denken, Würde aber Flinders, wenn eine solche nahe Ursache vorhanden
gewesen wäre, nicht selbst daran gedacht und dies erwähnt haben? Ganz
sicher läßt sich diese Frage wohl kaum beantworten, wenigstens nicht aus den
Erklärungen, die Flinders nachher von der Gesammtwirkung des Eisens im
Schiffe giebt, wonach nahe im Centrum des Schiffes der Punkt anzunehmen sei,
von welchem aus die Störungen des Kompasses erfolgen. Die übrigen Koeffi-
cienten sind verhältnifsmäfsig unbedeutend. Weder die Wirkung von vertikalem
Eisen seitwärtg vom Kompafs, noch von horizontalem Eisen überhaupt, ist
deutlich genug indieirt. Der Koefficient D ist schon hier positiv, aber ganz
unbedeutend; etwas bestimmter tritt E auf, und noch entschiedener F, so dafs
eine kleine sextantale Deviation zu vermuthen wäre. Als Aufstellungsort wird
immer „Binnacle“ angegeben, also der Ort, wo sich schon der Steuerkompafs
befand; aber die Möglichkeit, dafs Flinders zwei Kompasse in störende Nähe
zu einander gebracht haben sollte, dürfte wohl nicht als zulässig angesehen
werden, ebenso wenig dal er sich etwa auf eine sonderbare — gewils nicht
auf Beobachtungen beruhende — Tradition verlassen haben könnte, wonach
zwei Kompasse sich nicht stören, wenn man sie auf einander setzt.
Eine andere Unsicherheit besteht aber darin, dafs die angegebenen
Schiffskurse nicht immer ganz zuverlässig sind, wie Flinders bemerkt (Vol. II
p. 514): „Unfortunately, the direction of the ship’s head when observations
were taken, had not been particularly marked in the first part of the voyage,
nor always in the latter part; and in gathering it from the courses steered
when under way, and from the direction of the winds and tides when at
anchor, there was often a good deel of uncertainty; but it was evident, that
the quantity of error increased as the angle between the ship’s head and the
magnetic meridian became greater.“
%) Flinders, Vol. I, p. 18.
Zn Flinders, Vol. IL v. 513.