Reisebericht der Deutschen Bark „Werner“.
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langsamer Fahrt wurde cine größere Anzahl von Lothungen in derselben ge-
nommen. Die Riffbarre stieg allmählich von 18m auf 8,5m und fiel dann wieder
ebenso ab. Der Kurs recht durch die Mitte der Einfahrt war SzO0140 p. K.
Die Breite der Fahrrinne wurde nicht konstatirt; das Wasser war querüber
fast gleichmäßig grün, der Grund stets zu sehen. Gröfsere Schiffe müssen die
Dodo-Passage benutzen. Von der Einfahrt bis zur Insel Arhno auf die dortigen
Handelsstationen zu war der Kurs S!40 p. K. Ungefähr 1 Sm von der Ein-
[ahrt wurde grünes Wasser passirt, aber 40m gelothet; nach einer weiteren
halben Seemeile war der Grund bis 28 m Tiefe zu sehen; danach war auf dem
Kurse alles klar. Ungefähr in der Mitte der Lagune wurden 200m querab an
Steuerbord und 900m im WSW!/W ganz hellgrüne Stellen entdeckt. Die
Lagune scheint sich recht gut befahren zu lassen und der Kartenvermerk
„numerous coral patches“ nicht ganz gerechtfertigt zu sein. Die Beleuchtung
war ausgezeichnet, der Ausguck vom Topp ein scharfer, und es wurde wieder-
holt zu Lothungen gestoppt. Der Ankerplatz lag in 43m Wassertiefe, auf
Korallensandgrund, ca 600 ın vom Lande, die nächste westliche Huk der Insel
Arlıno N 86° W peilend.
Auf der Rückfahrt wurde durch ganz gleichmäfsige Fahrt in glattem
Wasser auf geradem Kurse die Entfernung vom Sandstrand Arhno’s bis zum
Eintritt in den Einfahrtskanal auf nicht ganz 5 Sm festgesetzt, während sie
nach der Karte 9 Sm betragen soll.
Aus dem Reiseberichte des Kapt. J. Hendorff von der Deutschen
Bark „Werner“,
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.)
Bemerkungen über Colachel (Kalachul).
(Ankerplatz in 8° 9,7‘ N-Br und 77° 15‘ O-Lg.)
Colachel, wo wir uns vom 15. Februar bis zum 8. März 1886 aufhielten,
liegt an der Südwestecke von Vorderindien, 5 Sm nördlich von der Spitze
Kadiapatam, im Reiche Travancore, dessen Rajah in der Hauptstadt Trivanderum
residirt und, obgleich Englischer Vasall, sich doch eine grofse Unabhängigkeit
bewahrt hat. Kr hält einen grofsen Hofstaat, eigenes Militär unter gewissen
Beschränkungen und Verpflichtungen, hat seine eigene Flagge, ernennt Beamte,
erhebt Zölle und Steuern und hat überhaupt die ganze innere Verwaltung 8e1n6s
Reiches in Händen.
Die Nähe der Spitze Kadiapatam, welche mit einem grofsen Leuchtthurm
und einem 20 Sm weit sichtbaren festen Feuer bezeichnet ist, macht das Auf-
finden und Ansegeln von Colachel leicht. Die Küste ist flach und bis nahe an
den niedrigen Sandstrand dicht bewaldet; die niedrigen Hütten des lang-
gestreckten Dorfes sind in einiger Entfernung kaum von dem Buschwerk zu
unterscheiden; jedoch ist in der Mitte des Dorfes auf einem kleinen Hügel ein
grofser Flaggenmast errichtet, von welchem die Flagge von Travancore weht
(roth mit weißsem Schneckenhaus in der Mitte). In der Nähe des Flaggen-
mastes steht ein kleines weißes Gebäude, welches das Zoll- und Hafenmeister-
amt beherbergt, etwas zurück die katholische Kirche, deren weilse Front auch
weit sichtbar ist. Steuert man direkt auf die Flagge zu, wobei man sich, von
Süden kommend, vor dem selten sichtbaren Crocodile-Felsen zu hüten hat
(SW’/4S 3 Sm vom Leuchtthurm gelegen), so erblickt man bei der Annäherung
eine Reihe nackter Felsen, die sich im Norden fast an den Sandstrand anlehnen,
züdwärts aber sich bis zu einer halben Seemeile vom Ufer entfernen. Die
Felsen sind durch die fortwährende Brandung vollständig glatt gewaschen; die
nördlichsten sind 12 bis 15m hoch, dann nimmt die Höhe allmählich ab bis zu
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