Ueber Gewitter und Gewitterbeobachtungen,
Färbungen der Blitze mit anderen KEigenthümlichkeiten des Gewitters oder
einem besonderen Zustande der Luft oder der Wolken zusammentrafen. Einige
Beobachtungen dieser Art liegen vor. So bemerkt Budde, dafs die Blitze
eines von ihm in einer Augustnacht 1868 zu Rheydt beobachteten, merkwürdiger-
weise ganz ohne Donner verlaufenen Gewitters alle merkwürdig rothviolet aus-
sahen.!) Ich erinnere mich eines Frühlingsgewitters am 30. März 1862, bei
welchem die lebhaften Blitze alle intensiv blau leuchteten; auch hierbei stand
die Stärke des Donners gar nicht im Verhältnifs zur Leuchtkraft der Blitze,
Es kommt nun darauf an, festzustellen, ob bestimmte Färbungen der Blitze nur
unter ganz bestimmten meteorologischen Verhältnissen auftreten; auch wäre es
gewifs werthvoll, zu wissen, wie sich die Blitzfärbungen zur Art des Donners
verhalten. Es ist darauf wenig geachtet worden. Der sehr aufmerksame und
geübte Beobachter Weber in Peckeloh notirt am 12. August 1875 nicht nur
blendendweifse schaukelnde Lichtfuthen der Blitze, sondern auch ein ganz
eigenthümliches, dem Sausen eines grofsen Schwungrades ähnliches Ertönen des
Donners, Er hatte nie Aehnliches beobachtet.*) Was die schaukelnden Licht-
fluthen betrifft, so kann man sie öfters bemerken; es sind dann gar keine
einzelnen Blitze — oder nur von Zeit zu Zeit ein solcher — mehr zu unter-
scheiden, nur ein permahentes, bald blendendes, bald sehr schwaches hin- und
herwogendes Leuchten, dessen Farbe ich aber viel häufiger blau als weiß ge-
funden habe. Dieses Leuchten bildet eine Art Uebergang zum Phänomen der
leuchtenden Wolken. Tritt dazwischen ein Einzelblitz auf, so ist er bisweilen
besonders gefährlich, wie auch in dem angeführten Fallo aus Peckeloh, Es
kommen aber Jahre vor, in denen jenes Blitzwogen gar nicht bemerkt wird, in
anderen wieder ist es auffallend häufig. Um gleich mit dem Donner hier ab-
zuschliefsen, bemerke ich noch, dafs der Beobachter darauf zu achten hat, wie
viel Zeit zwischen Blitz und Donner verstrich (mit einer Sekundenuhr zu er-
mitteln), Ist das Gewitter sehr nah und heftig oder sind gleichzeitig mehrere
Gewitter. thätig, ist es allerdings schwer, den zu jedem Blitze gehörigen Donner
herauszufinden. Man hört dann oft nur ein fortdauerndes Rollen, das zeitweise
von stärkeren, sich deutlicher abhebenden Schlägen übertönt wird. Das Ge-
räusch selbst ist möglichst genau zu beschreiben, und darauf zu achten, ob die
gröfste Stärke im Anfang, in der Mitte oder am Ende auftritt. Dals nahe ein-
schlagende Blitze einen ganz anders als sonst klingenden, krachenden, prasseln-
den, oft aber auch ganz kurzen knallartigen Donner entstehen lassen, ist
allgemein bekannt, doch fehlen auch hierüber exakte Beschreibungen noch sehr,
Bei dem Schlag, der am 20. Oktober 1879 das meteorologische Observatorium
in Utrecht traf, hörte man neben dem Donnerkrach ein eigenthümliches Geräusch,
das von Einigen mit dem Losreifsen eines gespannten Metalldrahtes, von Andern
mit dem Hämmern auf Metallplatten verglichen wurde. Dafs dieses Geräusch
nicht von irgend einer vom Blitz beschädigten Metallpartie herrührte, geht
daraus hervor, dafs es nicht blofs im betroffenen Observatorium, sondern in
der ganzen Stadt vernommen wurde.*) Das Unwetter, welches am 4. August 1885
einen Theil des Fürstenthums Waldeck verheerte, brachte auch sehr eigenthüm-
liche Donnerphänomene. Auf das Knattern und Krachen des Donners folgte
meistens drei- bis viermal ein kurzes, furchtbar und dumpf dröhnendes Auf-
schlagen, als „wenn ein thurmhoher Riesenhammer wuchtig gegen die Erde
geschwungen würde“,*)
Der Gewitterbeobachter mufs auch darauf achten, ob die Phänomene des
Gewitters in ihrer Eigenart von Tages- und Jahreszeiten abhängig sind, d. h.
ob die Wintergewitter andere Blitztypen u. s. w. zeigen, als die Sommergewitter,
ob die vielfach als besonders gefährlich geltenden Morgengewitter diesen Ruf
wirklich verdienen, ferner ob das erste Gewitter nach einer längeren Trocken-
periode sich durch besondere Erscheinungen auszeichnet. Ueber letzteren Punkt
ist schon Einiges bekannt... In sehr heißen Sommern kommen die Gewitter nach
langer heifßser Trockenzeit schwer zum Ausbruch, das erste steht daun in sehr
AT
1) „Oesterr, Meteor. Zeitschrift“, Bd. 18, 1883, S. 432.
?) Klein’s Wochenschrift, Bd. 18, 1875, S. 409. Bei einem auderen Gewitter (ebenda
Bd. 19, 1876, S. 281) am 17. Juli 1876 fand Weber alle Blitze blauleuchtend.
3) „Oesterr. meteor. Zeitschr.“, Bd. 15, 1880, S. 55.
1) „Das Wetter“, Bd. 2, 1885, S.. 184.