Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 15 (1887)

A476 
Ueber Erdmagnetismus, 
auf 60 m). Diese Verlangsamung kann wohl nur durch den abkühlenden Einflufs 
des Seewassers erklärt werden, Man darf daher annehmen, dal die Iso- 
geothermen beim Verlassen der Kontinente sich unter dem Meere plötzlich 
senken und beim Wiedereintritt in die Erdschichten unterhalb der Kontinente 
sich wieder heben und dafs erst in einer bestimmten Tiefe diese Linien sich 
der Kreisform nähern. Derartige Niveau-Differenzen rufen aber einen elektrischen 
Strom hervor, wie Matteucci') nachgewiesen. Nur in dem asiatischen Kälte- 
pole finden wir ein thermisches Gefälle von auznähernd gleicher Ordnung, 
zugleich aber auch eine entsprechende Störung im Verlaufe der magnetischen 
Kurven. Der Uebergang vom Festlande zum Meere und umgekehrt mufs also 
mit Verschiebungen der Kurven verknüpft sein. Dies zeigt auch die Beobachtung; 
jede Insel bildet ein kleines Störungscentrum, 
Die in gröfseren Tiefen der Erdkruste bestehenden elektrischen Ströme 
werden im Allgemeinen eine gröfsere Konstanz hinsichtlich der Intensität und 
Richtung besitzen, als die näher an der Erdoberfläche cirkulirenden schwächeren 
galvanischen Ströme, die die ersteren überlagern. Die tieferen Krdströme 
werden nur Störungen erleiden, wenn plötzliche und gewaltsame Veränderungen 
innerhalb der Erdrinde vor sich gehen, also vorzugsweise bei Erdbeben und 
vulkanischen Ausbrüchen. Kreil hat viele Fälle zusammengestellt, wo magne- 
tische Störungen mit Erdbeben zusammenfielen, und hält den .Zusammenhang 
beider Erscheinungen für sehr wahrscheinlich.*‘) So beobachtete Lamont am 
18, April 1842, 10% 9” a. m., als er zufällig beim Deklinations-Instrument nach- 
3ah, dafs die Nadel plötzlich einen derartigen Stofs erhielt, dafs die Skala 
vollständig aus dem Gesichtsfelde des Fernrohrs hinausfuhr; nach den einige 
Zeit dauernden Schwingungen stellte sich die gewöhnliche Ruhe wieder her. 
Dieselben heftigen Bewegungen der Nadel hatte auch Colla in Parma in dem- 
selben Augenblicke beobachtet. Es hatte aber in derselben Minute, wo die 
heftige Bewegung der Nadel in München und Parma hemerkt worden war, im 
Griechenland ein heftiges Erdbeben stattgefunden. Kinen zweiten äbnlichen 
Fall theilt Lamont in „Poggendorffs Annalen“*®) mit. Am 26. Dezember 1861, 
8h a, m., zeichnete er den Stand der magnetischen Instrumente auf und bemerkte 
an sämmtlichen Instrumenten (je zwei für Deklination, Inklination und horizon- 
tale Intensität) eine auffallende Unruhe, und die schnellen Aenderungen dauerten, 
allmählich an Heftigkeit zunehmend, bis gegen 8%* a. m. fort. Einige Tage 
später traf die Nachricht ein, dafs genau gleichzeitig mit obiger Beobachtung 
ein heftiges Erdbeben an verschiedenen Punkten Griechenlands grofse Ver- 
wüstungen angerichtet hatte. 
Hieraus geht hervor, dafs die Kräfte, welche ein Erdbeben erzeugen, den 
Erdmagnetismus in hohem Grade beeinflussen. Die Erdströme werden momentan 
anterbrochen, dann wieder verstärkt als wahrscheinliche Folge der plötzlichen 
Entwicklung grofser Mengen von Gasen und positiv elektrischen Wasserdampfes, 
die zugleich die Ursache der Erderschütterung bilden. P. Serpieri hat diesen 
Gedanken in der „Revista scientifica“ (1874 pag. 165) weiter entwickelt und 
dort auf die schon oben citirte Beobachtung Ragona’s über die bei Erdbeben 
von der Erde nach der Atmosphäre gerichteten elektrischen Ströme hingewiesen. 
Magnetische Störungen treten an allen Punkten der Erdoberfläche gleich- 
zeitig ein; da die Stellung der Magnetnadel in jedem Momente als die Wirkung 
der magnetischen Gesammtkraft der Erde zu betrachten ist, so muß jede Ver- 
i) Comptes rendus, Tome LIX pag. 511—516. Matteucci stellte Versuche an mit vier 
verschiedenen Linien von 600—2600 m Länge und Höhen-Differenzen von 83—642 m. Diese Ver- 
zuche führten stets zu übereinstimmenden Resultaten, dahin gehend, dafs jede Drahtleitung, welche 
an einer tieferen und höheren Stelle mit dem Erdboden verbunden ist, einen ziemlich eonstanten 
Strom anzeigt, der von der tieferen zu der höheren Station flie[/st; die längere Leitung 
and die gröfsere Höhen-Differenz erzeugen auch einen stärkeren Strom. Nasses Wetter verstärkt 
diesen Strom. Diese Ströme können nicht zu den sogenannten Zweigströmen gehören, wegen der 
angleich viel gröfseren Leitungsfähigkeit des Erdkörpers im Vergleich zu derjenigen der Drähte. 
Dann mufs aber die zwischen den Zinkplatten eingeschaltete Erdschicht selbst als elektromotorisch 
wirksam angesehen werden und zwar umsomehr, als die Intensität mit der Länge der ein- 
geschalteten Erdstrecke wächst. 
% Lamont, Astronomie und Erdmagnetismus, pag. 277. 
3) Poggendorffs Annalen, Bd. CXV, pag. 176. Dieser Fall beweist, dafs die allmählich an 
Heftigkeit zunehmenden Bewegungen der Nadeln nicht blofs auf Erschütterungen des Bodens 
beruhen d. h. rein mechanischer Natur sind, sondern Folge der Erdstromschwankungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.