Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 15 (1887)

4792 
Ueber Erdmagnetismus. 
porösen Körper strömt.!) Die Richtung dieser galvanischen Ströme hängt nur 
von der Richtung der strömenden Bewegung in der Flüssigkeit ab und ihre 
Stärke vartirt bedeutend mit den qualitativen Aenderungen der Flüssigkeit. 
Die elektromotorischen Kräfte scheinen unabhängig von der Dicke und 
Oberfläche der porösen Scheidewände, dagegen proportional der Druck- 
äifferenz zu sein, die die Strömung erzeugt. Ueber die Ursache dieser 
Elektricitätserregung sind wir bis jetzt noch im Unklarev, dies ist aber für 
unseren Zweck zunächst ohne Belang, da es sich in erster Linie um die Existenz 
dieser Art von galvanischen Strömen handelt, die sicher nachgewiesen ist. Wir 
können also den Satz aufstellen, dafs in allen strömenden Flüssigkeiten, die 
*heilweise mit starren Körpern in Berührung stehen, elektrische Ströme statt- 
finden, die sich hauptsächlich in der Richtung der strömenden Flüssigkeit 
entwickeln. 
Wenden wir diesen Satz auf die strömenden Bewegungen des Wassers 
innerhalb der Erdkruste an. Es ist allbekannt, dafs zahlreiche Wasseradern in 
den obersten Schichten der Erdrinde nach allen Richtungen verlaufen. Ver- 
einigen sich mehrere Wasseradern zu einem gröfseren Stamme und dringen 
infolge genügenden hydrostatischen Druckes oder eines zufälligen Gefälles an 
die Oberfläche der Erde, so entsteht eine aufsteigende resp. absteigende Quelle, 
Dieses Quellwasser entstammt hauptsächlich den atmosphärischen Niederschlägen, 
welche in den Boden einsickern, dort mehr oder minder grofse Behälter bilden 
and sich auf dem Wege des geringsten Widerstandes den Ausgang nach der 
Oberfläche bahnen. Die verschiedenen Adern einer Quelle stehen unter sich 
und auch mit anderen Wasserbehältern in hydrostatischeinn Zusammenhange, wie 
dies z, B. mit den Aachener Thermalquellen der Fall ist, die trotz aller Ver- 
schiedenheit in Wärme, chemischer Zusammensetzung und Distanz ihrer Ausfluls- 
stellen in der Tiefe eng zusammenhängen. Auch beweisen die in den ver- 
schiedensten Gegenden angelegten artesischen Brunnen das stete Vorhandensein 
von Wasser in gröfseren Tiefen der Erde; selbst in der Sahara findet sich 
überall Wasser in genügender Tiefe. Wie weit aber die Druckverschiebungen 
bei Erdbeben sich in der Tiefe fortpflanzen, folgt daraus, dafs sich in tiefen 
Brunnen und Quellen das Wasser trübt, wenn irgendwo ein Erdbeben, selbst 
in grofser Entfernung, stattfindet. So beobachtete Herve-Mangon am 
artesischen Brunnen in Passy an den Tagen, an welchen in entfernten Ländern, 
z. B. in der Schweiz, ein Erdbeben stattgefunden hatte, eine auffallende Trübung 
des Wassers und Taramelli fand diese Wahrnehmungen durch seine in 
Belluno gemachten Beobachtungen bestätigt. Erdbeben haben an weit entlegenen 
Orten Schwankungen des Wasserstandes zur Folge. Der Hechtsee bei Küfstein, 
desgleichen der Achen- und Walchensee geriethen in heftige Wallung an dem 
Tage, an welchem das Erdbeben zu Lissabon stattfand; ebenso sank bei diesem 
Erdbeben das Niveau des Comer- und Neufchateler Sees, die Teplitzer Thermal- 
Teeny siegten uud brachen dann blutroth und mit Schlamm versetzt wieder 
hervor. 
Wir müssen aus diesen Thatsachen schliefsen, dafs die Erdrinde in weit 
höherem Mafse, als man sich gewöhnlich vorstellt, von Wasser durchtränkt und 
nach allen möglichen Richtungen von Wasseradern durchfurcht ist, und mehr 
oder weniger grofse Wasserbehälter im Innern beherbergt, Da nun jede Druck- 
vermehrung eine fortschreitende Annäherung des festen Aggrogatzustandes an 
den flüssigen und heifsen bedingt, so dürfen wir auch in etwas gröfseren Tiefen 
der Erde Dampf- und Gasströme annehmen, die selbst bei langsamer trans- 
latorischer Bewegung bei hohem Druck und hoher Temperatur grofse Mengen 
von Elektricität fortzuführen im Stande sind, gemäfls dem oben angeführten 
Satze über die in allen strömenden Flüssigkeiten, welche mit starren Körpern 
1) 6. Quincke, Ueber eine neue Art elektrischer Ströme. Poggendorff’s Annalen, Bd. CVIT, 
pag. 1—47, und Bd. CX, pag. 38—65. 
2) Günther, Geophysik Bd. X, pag. 381. In welchem Mafse sich diese Art von Er- 
scheinungen Jedermann aufdrängt, geht daraus hervor, dafs man sich während des Mittelalters die 
ganze Erde als einen von Wasser vollgesogenen Schwamm vorstellte, ja ein guter Beobachter, der 
13 Jahre in Süd-Amerika zubrachte, behauptete mit aller Bestimmtheit, das Steigen des Amazonen- 
stromes zur Regenzeit lasse sich keineswegs durch die gefallenen Regenmengen erklären, es sei ihm 
stets so vorgekommen, als ob das Wasser allerorts aus Wasserbehältern der Erde hervorbreche.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.