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Wissens der Thatsache eines Aufsteigens kalten Wassers an der Küste Rechnung
trug, waren die 1882 herausgegebenen Bemerkungen von Toynbee zu den
Meteorologischen Karten des Oceandistriktes in der Nähe des Kap der guten
Hoffnung. In dem 1884 erschienenen Schriftchen „Zur Mechanik der Meeres-
strömungen“ von Korv.-Kapt. Hoffmann ist des Aufsteigens kalten Wassers
unter den Strömungen mit vertikalen Bewegungskomponenten gedacht, auch
Professor Krümmel ist mit der Ansicht hervorgetreten, dafs das kalte Wasser
von der Westküste Afrika’s infolge des oberflächlichen Abflusses des westwärts
strömenden Wassers aus der Tiefe aufsteige.
Herr Buchanan giebt seine Meinung ab wie folgt: „Das Vorkommen
dieser Küstengebiete abnorm kalten Wassers findet seine Erklärung in der
Thatsache, dafs dies Küsten des Oceans sind, von welchen der Wind her
weht. Die Passatwinde wehen von denselben nach dem Aequator zu und
schaffen so Wasser von den Küsten fort, welches von der nächsten Quelle
ersetzt werden muß. Diese Quelle ist das tiefe Wasser in der Nachbarschaft
der Küsten des Kontinentes, und dieses Tiefenwasser wird geliefert durch den
von hohen Breiten her stetig statthabenden langsamen Zuflufs.“
Herr Buchanan führt dann noch weiter die allgemein beobachtete grüne
Farbe des kalten Wassers im Gegensatze zu der normalen blauen Farbe des
Tropengebietes als einen Beweis des polaren Ursprunges dieses Tiefon-
wassers an.
Dafs das kalte Wasser von der Tiefe her aufsteigt, ist nicht zu be-
zweifeln, und die zum Schlusse in dem Vortrage wiedergegebenen Beobach-
tungen S. M. Kr. „Möwe“ aus den „Ann. d. Hydr. etc.“, 1886, S. 395,*) geben
einen besonders schönen Nachweis für diese Thatsache. Die Darstellung des
Herrn Buchanan kann jedoch insofern Widerspruch hervorrufen, als sie von
der Voraussetzung ausgeht, dafs der Wind von der Küste fortwehen müsse,
wenn kaltes Wasser aufsteigen soll. An einer anderen Stelle des Vortrages
wird auch ein Aufsteigen von Tiefenwasser mitten im Ocean als möglich hin-
gestellt, wenn es von Beobachtungen mitten in der Aequatorial-Strömung und
Gegenströmung heifst: „Das Oberflächenwasser hat eine schnelle Fortbewegung,
und das tiefere und kältere Wasser, welches aufsteigt, um theilweise den
Abflufs zu ersetzen, kühlt das Oberflächenwasser ab“.
Die Erklärung des Aufsteigens von kaltem Wasser an den Küsten wird
vereinfacht, wenn man sagt: Wasser aus der Tiefe kann überall da auf-
steigen, wo eine Küstenströmung das Bestreben hat, von der Küste
abzuschwenken. Die Strömung übt dann eine saugende Wirkung auf das
umgebende Wasser aus. Sowohl von der stromlosen Oberfläche, als aus der
Tiefe fliefst das Wasser hinzu, um den Winkel zwischen Land und Strömung
auszufüllen. Je nach der Konfiguration der Küste und des Meeresbodens ist
das Zuströmen an der Oberfläche oder aus der Tiefe stärker, dieselben Ver-
hältnisse bestimmen auch die Richtung des zuströmenden Wassers, welche ent-
gegen oder mitlaufend in Bezug auf den erregenden Hauptstrom auftreten kann.
Ablandiger Wind kaun diese Vorgänge veranlassen, aber er ist dazu
nicht erforderlich. Es würde schwierig sein, einen solchen immer da nachzu-
weisen, wo kaltes Küstenwasser auftritt... Ein Küstenstrom erhält aber auch
noch durch andere Einflüsse das Bestreben, seine Richtung zu verändern, und
namentlich kommt hier die Rotation der Erde in Betracht. Unter dem
Einflusse der Erdrotation hat jede Strömung auf der nördlichen Erdhälfte das
Bestreben nach rechts, auf der südlichen das Bestreben nach links abzu-
schwenken, Vergleicht man nun den Lauf der Küstenströmungen und die
Orte, wo kaltes Küstenwasser auftritt, so findet man, dafs sich dieses Gesetz
überall bewährt. Ebenso stimmt das Vorkommen der Korallenriffe hiermit
überein. Sie werden überall da gefunden, wo kein kaltes Wasser nach dem
Vorhergehenden auftreten kann.
Mit diesen Anschauungen stimmt es überein, wenn in den Gebieten kalten
Küstenwassers zeitweilig entgegengerichtete Strömungen in der Nähe des Landes
beobachtet sind, z. B. Südstrom an der Westküste von Afıika zwischen Kap
Frio und dem Congo oder Südstrom an der Westküste von Süd-Amerika zwischen
Zur Theorie der Küstenströmungen und Gegenströmungen,
'y Dazu Berichtigung Seite 462,