Vierteljahrs-Wetter-Rundschau der Deutschen Seewarte,
man
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1. Reisen von Ost nach West,
Die,Reisen von Ost nach West, welche die Tabelle aufführt, wurden zum
allergröfsten Theile im Monat September oder schon vor Anfang September
angetreten. Die durchschnittliche Dauer derselben, soweit die oceanische Strecke
von 10° bis 70° W-Lg in Betracht kommt, war 32 bis 33 Tage, was als ein
ziemlich günstiges Resultat anzusehen ist; auch kamen sehr lange Reisen über-
haupt nicht vor, In der Dauer der einzelnen Fahrten ergeben sich jedoch ganz
erhebliche, durch die eingeschlagene Route und das frühere oder spätere Datum
des Reiseantrittes bedingte Unterschiede.
Eine verhältnifsmäfsig lange Zeit zur Ueberfahrt — 35 bis 42 Tage —
benöthigten die Schiffe, welche den Meridian von 10° West vor dem 14. Sep-
tember überschritten, indem sie entweder, wie die Schiffe 119, 26, 34 und 35,
welche sich in höheren Breiten hielten, vorherrschende westliche Winde antrafen,
oder wie 47 und 58, die die Passatroute einschlugen, auf dem Wege zum Passat-
gebiete durch anhaltende Gegenwinde aufgehalten wurden. Das Schiff „ Alpina“,
welches den Meridian von 10° West gleichzeitig mit „Friedrich“ kreuzte, aber
mit dem herrschenden südlichen Winde direkt nach Westen steuerte, gewann
infolge dessen auf der Strecke von 10° bis 30° W-Lg gegen die übrigen ge-
nannten Schiffe 2 bis 10 Tage, und legte, auch fernerhin mehr begünstigt, den
ganzen Weg bis 70° W-Lg in der verhältnifsmäfsig kurzen Zeit von 31 Tagen
zurück. Während der Zeit vom 15. bis zum 23. September waren die Ver-
hältnisse sehr günstig für eine Ueberfahrt auf hoch nördlicher Route, indem
das Minimum der Depression jetzt gewöhnlich südlich von 50° N-Br lag und
infolge dessen nördlich von diesem Parallel fortwährend östliche Winde wehten,
Von den in Frage kommenden Schiffen stand indessen keines nördlich genug,
um die Gunst. dieser Wetterlage ausnutzen zu können; auch das Schiff „Betty“,
welches ebenso wie „Bertha“ die Route Nord um Schottland genommen hatte,
war gegen Mitte September, als die Wetterlage sich einstellte, schon zu weit
nach Süden gelangt.
Die Schiffe No. 84, 42, 43 und 99 der Tabelle, welche den Parallel von
10° West zwischen dem 14, und dem letzten September überschritten und die
direkte Route einschlugen, machten alle eine sehr gute Ueberfahrt, indem
letztere nur 22 bis 28, im Mittel 25 Tage in Auspruch nahm. Die Schiffe 84
and 42 — „Christine“ und „ Wilhelm“ — hatten, da sie sich mit den anfänglich
angetroffenen südlichen Winden gut nördlich gehalten hatten, den Vortheil, dafs
3ie später an der Nordseite der bereits erwähnten, südlich von 50° N-Br zeit-
weilig lagernden Depression blieben und den hier wehenden Ostwind benutzen
konnten, welcher „Christine“ bis jenseits 30° W-Lg führte, Dagegen steuerten
„Antoinette“ und „Magdalene“, welche die Ueberfahrt bei nördlichem Winde
und hohem Barometerstande antraten, wie es jetzt rathsam war, anfänglich
mehr nach Süden, und hatten infolge dessen den Nutzen der Ostwinde an der
Südseite des zu jener Zeit auf der östlichen Hälfte des Oceans in verhältnifs-
mäfsig hoher Breite lagernden Maximums. „Magdalene“, welches Schiff die
raschoste Reise machte, legte die Strecke von 10° bis 70° W-Lg in 22 und
den ganzen Weg von Bremerhaven nach New-York in 33 Tagen zurück, Sehr
günstig traf dies Schiff, wie fast alle, welche 50° W-Lg nördlich von 40° N-Br
überschritten, die Verhältnisse auf dem westlichsten Abschnitt, indem es zum
Zurücklegen der 20° Länge von 50° bis 70° West nicht mehr als 5 Tage be-
nöthigte. Der ösiliche Wind auf dieser Strecke und dessen Begleiter — hoher
Luftdruck über Canada und Neufundland oder niedriger Druck über dem Golf-
stromgebiet — scheint überhaupt in den Herbstmonaten ziemlich häufig auf-
zutreten, und dieser Umstand läfst es rathsam erscheinen, auf der Fahrt nach
Nordamerika in der fraglichen Jahreszeit den Meridian von 50° West, wenn
immer die vorher angetroffenen Verhältnisse es gestatten, gut nördlich zu
schneiden.
Erheblich länger als die vorerwähnten, wenn auch immer noch ziemlich
günstig verlaufend, waren die Reisen der Schiffe No. 54 „Johanne Auguste“ und
No. 44 „Doris“, welche um. dieselbe Zeit auf der Passatroute segelten. Da sie
anfänglich anhaltende Westwinde . antrafen, so war das Abhalten nach Süden
ohne Frage ein ganz zweckmäfiges Verfahren; wahrscheinlich hätten sie jedoch