Der Gebrauch von Oel zur Beruhigung der See.
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brachen überhaupt nur die allerschwersten Brandungswellen, und diese auch
viel näher an Land und mit viel geringerer Gewalt.“
32, Der Hafenmeister von Port Adelaide, Alexander Inglis, giebt
an, dafs er auf der Bark „Planter“, welche den Ruf hatte, sehr schlecht heizu-
liegen, und verschiedene Male Seen übergenommen hatte, die an Deck Alles
weggerissen, auch Leute der Besatzung über Bord gespült hatten, die Gefahr
beim Beiliegen durch Anwendung von Oel beseitigt habe, und dafs während
der vier Jahre, in welchen er das Schiff geführt habe, demselben nichts passirt
sei. Er benutzte gewöhnliche Kornsäcke ohne Löcher, die er mit Oel gefüllt
so an den Krahnbalken hing, dafs sie gerade in. das Wasser eintauchten.
Ueber die gemachten Erfahrungen berichtet er: „Nach meiner Erfahrung ist,
wenn das Schiff wenig oder gar keine Fahrt durch das Wasser macht, der
beste Platz zum Aufhängen des Oelsackes der Luv-Krahnbalken, bei Fahrt oder
beim Lenzen der Klüverbaum oder das Bugsprietsende, da der Schaum des
Bugwassers das Oel besser ausbreitet, als wenn der Sack nachgeschleppt wird;
noch besser ist es beim Lenzen, einen Sack an jeden Krahnbalken zu hängen.
Ich fand, dafs der Kornsack ohne Löcher besser funktionirte, als ein Sogeltuch-
sack mit Löchern, indem er eine leichtere Ausbreitung des Oels gestattete.
Am meisten habe ich Oel von Delphinfett und Haileber angewandt; auch
gewöhnliches Lampenöl habe ich benutzt. Firnifs ist ganz gut, aber theuer.“
Aus den angeführten Beispielen geht zur Evidenz hervor, dafs das Oel
in der That eine beruhigende Wirkung auf die brandende und sich in schäumen-
den Kämmen brechende See ausübt, und dafs in vielen Fällen durch Auwendung
desselben die durch die See Schiffen und kleineren Fahrzeugen drohende Gefahr
beseitigt resp. gemindert werden kann,
Eine erfolgreiche Anwendung ist unter den verschiedensten
Verhältnissen und in allen möglichen Lagen zu verzeichnen, vor Anker auf
ungeschützter Rhede einen Sturm mit hohem Seegange abreitend, in offener Seo
beim Beiliegen sowohl, als in Fahrt und beim Lenzen, bei dem Gebrauch von
Booten in See zur Rettung Schiffbrüchiger oder über Bord gefallener Mann-
schaften, sowie zum Passiren von Brandung an der Küste. Ohne Nutzen blieb
es jedoch, wie dies zu erwarten, beim Dampfen gegen die See, wie Kapt.
Sparks seinem Berichte (Beispiel 30) hinzufügt.
Es sei dem Schreiber dieses noch verstattet, zu erwähnen, dafs er selbst
zwei Mal, an Bord S. M. SS. „Hertha“ und „Kronprinz“, Zeuge von der erfolg-
reichen Anwendung des Oels zur Beruhigung des hohen und durch einander
laufenden Seeganges beim Herunterführen und Aufheifsen von Booten gewesen
ist; das erste Mal passirte das Schiff nach dem Verlassen von Yokohama eine
Stromkabbelung mit hoher sehr unregelmäßiger See; durch dieselbe wurde ein
beim Zurren des Ankers beschäftigter Matrose über Bord geschlagen, und ein
Offizier sprang demselben zu seiner Rettung nach. Es wurde sofort ein Kutter
bemannt; doch war ernste Gefahr für denselben vorhanden, entweder während
des Herunterführens und Heifsens bei dem schweren und unregelmäfsigen Ar-
beiten des Schiffes zerschlagen oder im Wasser vollgeschlagen zu werden. Bei
dieser kritischen Lage wurde sofort aus der Maschine eine Kanne mit gewöhn-
lichem Maschinenöl geholt und an der Seite, wo das Boot geführt und geheifst
werden sollte, über Bord gegossen. Hierdurch wurde die See so weit beruhigt,
dafs es ohne Unfall für Mannschaft und Boot gelang, die beiden im Wasser
befindlichen Personen zu retten.
Die beruhigende Wirkung des Oels besteht, wenn wir ein Resume
aus allen Berichten ableiten, darin, dafs die gefährlichen Brechseen sich legen,
und an Stelle der schäumenden brandenden Wellenköpfe, welche sich mit einer
ihrer lebendigen Kraft entsprechenden Gewalt vom Wellenberge in steilem Ab-
stieg nach Lee ins Wellenthal hinabstürzen, eine den Schiffen ungefährliche
glatte Dünung tritt. Durch das ausgegossene Oel bildet sich auf der Ober-
fläche des Wassers eine dünne Oelschicht, und nur innerhalb dieser tritt die
angegebene Erscheinung auf, während aufserhalb derselben der Zustand der
See unverändert bleibt.
Um die erwünschte Wirkung demnach zu erzielen, kommt es darauf an,
um das Schiff herum nach der dem Seeyxange ausgesetzten Seite, d. h. nach
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