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Der Gebrauch von Oel zur Beruhigung der Sen,
ruhte meiner Ansicht nach drei oder vier Stunden lang unsere ganze Sicherheit
auf dem Gebzauch der Oelsäcke. Mittags hielten wir ab und hingen an jede
Seite der Kreuzrüst einen Oelsack, gleichzeitig etwas Oel durch die Klosetrohre
giefsend. Beim Beiliegen im westlichen Sturm versuchte ich den vorderen Oel-
sack wegzunehmen, doch nach kaum 10 Minuten kam die See vorne über, lüftete
die Deckladung und überfluthete das ganze Vorschiff, während vorher und
später, nachdem der Sack wieder angebracht war, kein Wasser übergenommen
wurde. Die Wellenkämme kamen wie die Brandung am Gestade auf uns zu,
sobald sie aber das Oel erreichten, waren sie verschwunden. — Kein Schiff
sollte ohne genügenden Vorrath von Oel in See gehen. Fischöl jeder Art ist
das beste; Petroleum ist besser wie gar keins. Leinöl breitet sich nicht
so rasch aus, als Fischöl. Ich habe alle vegetabilischen Oele gebraucht, fand
aber nie etwas Besseres, als Delphinöl. Beim Gebrauch in Säcken mit Werg
geht viel verloren, 1 bis 3 Gallonen werden ein Schiff aber durch jeden Sturm
bringen, bis die See wieder regelmäfsiger wird und nur noch sehr wenig Oel
erforderlich ist, Ich glaube unbedingt, daß, wenn genug Oel verwandt wird,
schwere Stürme nicht gefährlicher sind, als gewöhnliche kräftige Winde. Bei
stundenlanger Beobachtung habe ich nie einen Wellenkamm gesehen, wenn die
Oberfläche geölt war.“
21. Die Amerikanische Bark „Jose E. More“, Kapt. Johnson, hatte in
28° 10‘ N-Br und 73° 30‘ W-Lg den Oktober-Orkan 1884 zu bestehen. Der
Wind nahm schuell zur Gewalt eines Orkans zu, das Barometer fiel, und eine
schwere See kam auf; das Schiff wurde vor den Wind gebracht. Die Wellen
drohten das Schiff von hinten zu überbrechen und machten seine Lage sehr
gefährlich; die Decke waren voll Wasser, und es erschien nicht möglich, das
Schiff an den Wind zu bringen. Da wurden zwei Sacktuch-Beutel nahezu mit
Werg gefüllt und auf dieses Leinöl (paint-oil) gegossen, welches, nachdem die
Säcke auf beiden Seiten des Hinterschiffes über Bord gehängt waren, auf die
See tröpfelte. Die Wirkung war sofort ersichtlich, die Wellen brachen sich
Zu mehr in der Nähe des Schiffes und gaben zu keiner Befürchtung mehr
rund.
22. In einem Nordwest-Sturm beim Kap Hatteras am 2. März 1885 ver-
wandte Kapt. Tregarthen auf dem Dampfer „Marmanhense“ dasselbe Oel.
Der Wind wehte mit der Gewalt eines Orkans, es stand eine enorme See, die
über Bord schlug und grofsen Schaden anrichtete; das Schiff lag sehr schlecht
und wollte weder steuern noch auf der See liegen. Es wurden deshalb die
Becken der Klosets nit Werg gefüllt, auf dasselbe Leinöl (paint-oil) gegossen
und zwei Leute daselbst stationirt, um, wenn nöthig, das Oel wieder zu er-
neuern. Gleichzeitig wurde ein ebenso gefüllter Segeltuchsack an einer einige
Faden langen Leine am Luv-Krahnbalken angebracht. Das Schiff lag jetzt viel
ruhiger, konnte besser auf der See gehalten werden und nahm kein Wasser
mehr über, Bis auf eine Entfernung von 30 Yards (27m) zu Luvard vom
Schiffe blieb die See ohne Wellenkämme und hätte mit vollkommener Sicherheit
ein Boot zu Wasser geführt werden können.
23. Kapt. Murrel vom Englischen Dampfer „Surrey“ berichtet, dafs
er auf der Reise von Baltimore nach London im März 1886 schwere Stürme
aus WNW hatte, von hoher durcheinander laufender See begleitet, welcho die
Decke unter Wasser setzten und grofses Unheil anrichteten. Er füllte die
Klosets mit Werg und Twist und gofs Maschinenöl hinein, bis der Twist
vollständig damit gesättigt war und das Oel allmählich heruntertropfen lie(ls,
Die Wirkung war wunderbar, keine See kam mehr an Bord. Sowie in der
Nacht das Oel verbraucht war, kam fast augenblicklich eine schwere See auf
Deck, welche den Mann vom Steuer rifeg und anderen Schaden anrichtete. Die
Klosets wurden hierauf nochmals mit Oel gefüllt, worauf alles glatt ging; das
Schiff lief 18 Stunden lang, ohne Wasser überzunehmen. Die „Surrey“ hatte Vieh
geladen, und Kapt. Murrel schreibt die Erhaltung desselben lediglich dem
Gebrauche des Oels zu.
24. Kapt. Bailey von der Bark „Nehemiah Gibson“ berichtet, dafs er
am 13. März 1885 in 29° 15‘ S-Br und 164° O-Lg vor einem herannahenden
Orkan mit Wind und schwerer Seo von achtern gelenzt habe. Er nahm zwei
Segeltuchsäcke, durchlöcherte sie mit der Segelnadel, füllte sie mit Delphinöl,