Strom- und Eisverhältnisse etc, an den Küsten Islands.
schiffahrt und dem Verkehr weniger schädlich und hinderlich. Stellt sich das
Wis vor dem 13. März ein, so verschwindet es gewöhnlich gegen Ostern bei
Springzeit-Hochwasser und starken Südwinden. Kommt es jedoch erst später
im Frühjahr, so schliefst es die Küste oft während des ganzen Sommers ein;
os verschwindet jedoch fast stets wieder bis zu Ende, gewöhnlich bis zum
23. oder 24., August, Im letzten Jahrhundert fanden nur zwei Ausnahmen von
dieser Regel statt; 1818 kam das Eis erst am 23. August und trieb am 9. Sep-
tember schon wieder fort, 1882 dagegen langte es schon im Mai an und blieb
bis zum 3. September. Im September, November und Dezember ist die Küste
in den letzten 100 Jahren fast immer frei von Eis gewesen, und im Oktober
ist nie Eis gesehen worden. In diesen Monaten braucht das Eis daher nicht
als Hindernifs für die Schiffahrt gefürchtet zu werden.
Nachdem das Eis bei dem Kap Nord angekommen ist, wird es, wie
schon erwähnt, zum Theil, und zwar in Sonderheit die gröfseren Eisberge, mit
dem Polarstrom nach Süden durch die Dänemark-Strafse geführt, zum Theil
aber von dem an der Westküste Islands herauf setzenden und dann nach Osten
ambiegenden warmen Strom erfafet, treibt in den Hunafloi, längs der Ostküste
dieses Fjords, weiter nach Osten längs der ganzen Nordküste bis Melrakkasletten
and Langanaes; hier wird es entweder von dem nach Nord und Nordwesten
setzenden warmen Strom wieder in den Polarstrom zurückgetrieben oder durch
den östlich von /sland laufenden Zweig des letzteren nach Süden und nach
Westen längs der Südküste der Insel bewegt. In einem sehr strengen KEisjahr
kann die ganze Südküste bis Kap Reiktanaes eingeschlossen werden, dagegen
kommt es sehr selten vor, dafs Eis in die Faze-Bucht treibt, und noch seltener,
dafs es längs der Nordwestküste in die Brede-Bucht gelangt. Das an der
voten 5 vorkommende Eis stammt deshalb stets von Osten und nie von Nord-
westen.
In die Skagestrand-Bai gelangen mit dem an der Westseite derselben ein-
tretenden Strom für gewöhnlich nur kleine Eismassen, gröfsere nur bei starken
Nord- oder Nordostwinden. Solche anhaltenden Winde treiben auch bisweilen
Bismassen zuerst nach Melrakkasletten und Langanaes; dasselbe treibt dann aufser-
halb von Grimsey nach Westen bis Strandasysla, um dann wieder den gewöhn-
lichen Weg nach Osten längs der Nordküste zu nehmen. Zuweilen kommt es
dann auch vor, dafs Eis durch den Wind unmittelbar in die nördlichen Buchten
getrieben wird, ohne vorher den angegebenen Umweg zu machen.
Das in die Baien eingedrungene Eis wird durch die hervorspringenden
Landspitzen gehalten und am Wiederherauskommen gehindert; dasselbe hält
sich sehr lange, besonders wenn der Nordostwind dasselbe zusammenschiebt.
Hat sich das Eis einmal an der Küste festgesetzt und ist es durch starken
Frost oder durch Druck von aufsen zu einer zusammenhängenden Masse ge-
worden, so kann nur ein Zusammenwirken von Strom und Wind es losreifßsen.
Dabei scheint es von Vortheil zu sein, wenn der Wind etwas schräg auf die
Stromrichtung trifft; an der Nordküste wird hiernach ein Südostwind, an der
Ostküste ein Südwestwind die gröfste lösende Wirkung haben.
Solange das Eis an der Küste treibt, ist das Wetter stets sehr un-
beständig und stürmisch, mit Regen, Nebel und Schnee, was um 80 gröfsere
Vorsicht in der Navigirung während der Eiszeit nothwendig macht. Nachdem
sich das Eis an der Küste festgesetzt hat, wird das Wetter gewöhnlich stetiger
und stiller, mit starkem Frost,
Das beste Anzeichen für die Nähe des Eises bei dickem Wetter ist ein
plötzliches Sinken der Wassertemperatur um einige Grade, besonders wenn sich
lie Temperatur dem Nullpunkte nähert oder unter Null ist. Einzelne Kisberge
dagegen, welche besonders häufig im Herbst auftreten, machen sich nicht durch
das Fallen der Temperatur bemerkbar, sondern durch einen Lichtschein, den
3ogenannten Eisblink, welcher durch den dichtesten Nebel dringt.
Wenn man Mitte März, zu welcher Zeit die Schiffahrt an den Küsten
beginnt, die Ostküste von Eis eingeschlossen findet, so mufßs man sich möglichst
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1) Mit der hier gegebenen Ansicht von Thoroddsen über das Vorkommen von Eis an der
Ost- und Südküste stimmt diejenige von Wandel nicht überein; nach letzterem kommt an der
Südküste überhaupt kein Eis oder nur vereinzelte Eisberge vor.