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Strom- und Eisverhältnisse etc, an den Küsten Islands.
austritt, An der Nordküste läuft der Fluthstrom nach Osten, an der Ostküste
nach Süden und an der Südküste nach Westen. Umgekehrt setzt der Ebbstrom.
An der Nordküste tritt der Fluthstrom in die Buchten an ihrer Westseite ein
md an ihrer Ostseite aus, an der Ostküste an der Nordseite ein, an der Süd-
seite aus, der Ebbstrom ebenfalls umgekehrt, Das Einsetzen der Ebbe und
Fluth erfolgt in /sland nicht mit der Regelmäfsigkeit, wie an anderen, z. B. den
Englischen Küsten, was seinen Grund haben dürfte in der isolirten Lage Islands
mitten in einem grofsen Meere, in dem Stürme und Unwetter in ganz anderer
Weise auf die Wassermassen einwirken können, als in geschlossenen Meeren.
Ferner hat die Insel eine ziemlich grofse Ausdehnung, und bilden die hohen
Berge eine scharfe meteorologische Scheide, so dafs gleichzeitig Oststurm an
der Südküste und Weststurm an der Nordküste herrschen kann.
Der bis auf die letzte Zeit herrschenden Unkenntnifs über die Haupt-
Meeresströämungen bei /sland ist für die Nord- und Westküste durch die For-
schungen der „Fylla“ und andere wissenschaftliche Arbeiten, besonders von
Admiral Irminger, abgeholfen. Aus denselben ergab sich, dafs der aus dem
Atlantischen Occan kommende warme nördliche Strom einen beständigen, läugs
der Westküste von Island nach Norden, längs der Nordküste nach Osten
laufenden Strom erzeugt. Im Westen und Norden ist dieser warme Strom
durch den kalten Polarstrom begrenzt, welcher längs der Ostküste von Grön-
land hinfliefst, nachdem er zuvor einen Zweig an die Ostküste Zslands entsandt
hat, Die Entfernung des Polarstroms von der Westküste ist noch nicht genau
bekannt; 74 Sm nördlich vom Kap Nord hat man eine bis auf den Grund
reichende kalte Strömung gefunden.
Ueber die Strömungen an der Ost- und Südküste haben die wissenschaft-
lichen Forschungen noch wenig ergeben. Die folgenden Angaben beruhen auf
eigenen Erfahrungen des Lieut. Wandel,
Der längs der Nordküste Islands nach Osten setzende Strom begegnet
ungefähr bei Melrakkasletten einem nach Südwesten laufenden kalten Strom,
jem oben genannten Zweig des Polarstromes, dessen westlicher Theil sich
nach Passirung von Kap Langanaes mit dem anderen verbindet, um seinen Lauf
längs der Ostküste, dann an der Südküste fortzusetzen, hier nach und nach
schmäler werdend, bis er sich nach Passirung der Kaps Reikianaes und Skagen
in der Faxe-Bucht verläuft. Im Süden und Osten ist dieser kalte Strom durch
den zwischen Zsland und Norwegen liegenden warmen Strom des Atlautischen
Oceans begrenzt. Der längs der Nordküste laufende warme Strom wird, nach-
lem er bei Melrakkasleiten auf den Polarstrom gestofsen, nach Norden und
Westen abgelenkt und läuft dann zusammen mit dem Polarstrom längs der
Ostküste Grönlands.
Hieraus geht hervor, dafs die Hauptrichtung der Meeresströmungen
überall mit der der Gezeitenströmung zusammenfällt, und ergiebt sich eine Er-
klärung für die Behauptung der Isländer, dafs ihre Küste stets von einem
im Sinne der Bewegung der Sonne setzenden Strom umgeben sei, Während
sämlich die Stärke des Ebbstromes durch die Meeresströmung entweder anuf-
gehoben oder doch bedeutend verringert wird, entsteht durch Vereinigung des
Fluthstromes mit dem Oceanstrom eine im Sinne der Sonne setzende sehr starke
Strömung, welche die allein herrschende zu sein scheint. Deshalb macht man
auch eine Fahrt um /sland in dieser Richtung bedoutend schneller, als in der
entgegengesetzten.
Zwischen Kap Reikianaes und Skagen bis 3 Sm vom Lande ist die
Richtung des Fluth- und Ebbstromes Nord bezw. Süd. Die Fluth beginnt 1 bis
1'% Stunden nach Hochwasser nach Nord zu setzen, und die Ebbe und Fluth
wechseln hier ziemlich regelmäfsig alle 6 Stunden. Der Ebbstrom, obzwar
bedeutend schwächer als der Fluthstrom, ist hier viel stärker als an irgend
ainer anderen Stelle der Westküste. An der Südküste der Faze-Bucht setzt
der Fluthstrom längs des Strandes nach Osten, während er aufserhalb der
Bucht eine mehr nordöstliche Richtung hat; die Ebbe setzt in entgegengesetzter
Richtung. In der Brede-Bucht läuft dor Fluthstrom längs der Südküste und
der Ebbstrom umgekehrt; der Fluthstrom soll an der Nordküste dieser Bucht
westlich von Stikskaar nach aufsen, östlich davon nach innen setzen, während
der Ehbbstrom längs der ganzen Nordküste nach Osten gerichtet ist. Nach