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Bemerkungen über Montevideo und Charleston, S. C.
Bemerkungen
über Montevideo und über den Hafen von Charleston, S. C.
Von Kapt. C. Scheibe, Führer der Deutschen Bark „Oberbürgermeister von Winter“.
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte,)
Ueber die Ansegelung des La Plata-Stromes, das Lotsenwesen, die
lokalen Stürme (Pamperos), sowie über den Hafen von Montevideo, dessen
Klima und die Unkosten eines Schiffes daselbst bringen die verschiedenen Segel-
handbücher und andere nautische Schriften, so auch diese Annalen, interessante
Beschreibungen und sehr werthrolle Rathschläge, denen ich im Nachstehenden
einige Ergänzungen und nothwendige Berichtigungen hinzufügen möchte,
Befeuerung des La Plata-Stromes. Das Projekt, einen Leuchtthurm
auf der flachsten Stelle der „English Bank“ zu erbauen (vgl. diese Annalen,
Jahrg. 1882, S. 180), ist wieder aufgegeben worden, doch liegt jetzt (November
1885) auf der Nordseite dieser Bank eine kondemnirte Bark, die als Feuer-
schiff dient, und diese Einrichtung bewährt sich so gut, dafs man jetzt mit
gröfserer Sicherheit als früher auf das Vorhandensein des Feuerschiffes auf
seiner Station rechnen darf,
Hafenbau. Auch der Plan, von der Südwestspitze der Halbinsel, auf
welcher die Stadt Montevideo liegt, einen 750m langen Wellenbrecher zum
Schutze des Hafens zu bauen (s. diese Annalen, Jahrg. 1882, S. 181), ist wieder
aufgegeben worden, nachdem das bereits begonnene Werk durch einen Pampero
zerstört wurde. Bei niedrigem Wasserstande ragt das Fundament des zerstörten
Wellenbrechers, der nur bis zu einer Länge von einigen Hundert Schritten
gediehen war, über dem Wasserspiegel hervor. Seitdem ist für die Sicherheit
des Hafens nichts Wesentliches geschehen, und jeder schwere Pampero, besonders
wenn er länger als einige Stunden anhält, bringt den Schiffen auf der Rhede
und in der Bucht, dem sogenannten Hafen, die Gefahr, von ihren Ankern los-
gerissen und mit einander in Kollision gebracht zu werden. Nur dem Umstande,
dafs der Ankergrund sehr gut hält, ist es zu verdanken, dafs derartige Unglücks-
fälle immerhin nur selten vorkommen. Bei dem Pampero vom 13. und 14. No-
vember 1885 geriethen viele Schiffe in gefahrbringende Nähe von einander; da
aber der Sturm vom Anfange bis zum Ende seine südliche Richtung nicht
änderte, so kamen die meisten Schiffe ohne Schaden davon, und nur eine Brigg
trieb, nachdem sie zuvor mit drei anderen Schiffen in Kollision gewesen war,
auf den Strand. Zeitungsnachrichten zufolge soll die Regierung von Uruguay
neuerdings mit einigen Ingenieuren den Bau eines Hafens in Montevideo ver-
einbart haben. Aufserdem ist jetzt mit der Herstellung eines Hafens in der
Bucht von Maldonado begonnen; wann oder ob überhaupt derselbe fertig werden
wird, das entzieht sich vorläufig noch jeder Berechnung.
Lotsenwesen. Auf dem La Plata sind Seelotsen sowohl aus Monte-
video als auch aus Argentinien vorhanden, doch dürfen letztere nur solche
Schiffe einlotsen, die nach einem Hafen in Argentinien bestimmt sind, während
erstere alle einkommenden Schiffe, auch solche, die nach Buenos Aires gehen,
bedienen dürfen. Das Lotsgeld beträgt von See nach Montevideo 5 Doll.
pro Fuß Tiefgang, gleichviel wo der Lotse an Bord kommt. Durch Ueber-
einkommen mit dem Lotsen ist es meistens möglich, das tari(mäßige Lotsgeld
auf die Hälfte herab zu dingen, doch mufs die Vorsicht nicht aufser Acht
gelassen werden, das Abkommen schriftlich zu machen, sonst kommt es sehr
leicht. vor, dafs Mifsverständnisse, als z. B. sixty statt sixteen oder seventy
statt seventeen, entstehen, die vor Gericht gewöhnlich zu Gunsten der Lotsen
ausgelegt werden. Die in den „Ann. d. Hydr. etc“, Jahrg. 1882, S. 180
angeregte Frage, ob es für einen Schiffsführer, der zum ersten Male nach dem
La Plata kommt, rathsam sei, ohne die Hülfe eines Lotsen einzulaufen, läfst
sich so ohne Weiteres nicht beantworten, wenigstens nicht, wenn es sich um
ein Segelschiff handelt. Wird nämlich ein solches auf der Strecke zwischen