Umschiffung des Kaps Guardafui während des SW-Monsüuns.
Die Umschiffung des Kaps Guardafui während des SW-Monsuns, *)
; Hierzu Tafel 8,
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Die folgenden Anweisungen für das Ansteuern und die Umschiffung der
Nordost-Spitze von Afrika sind von Herrn Arnold R. Weston Bey, Hafen-
kapitän von Suez, aufgestellt und von demselben durch das Kaiserliche Vice-
konsulat in Swuez und das Auswärtige Amt dem Hydrographischen Amte gütigst
übermittelt worden,
Die gegebenen Anleitungen und Rathschläge beruhen auf den Erfahrungen,
welche der genannte Herr in 20 Jahren, während welcher Zeit er als Offizier
und Befehlshaber von Postdampfern der Peninsular and Oriental Steam Navi-
gation Company jährlich oft zweimal in demselben Monsun das Kap Guardafui
zu umfahren hatte, gesammelt hat, Er ist der Ueberzeugung, dafs das Passiren
des Kaps beim Südwest-Monsun für westwärts steuernde Schiffe gefahrlos ist,
wenn die von ihm gemachten Vorschläge streng befolgt werden. Kr selbst hat
sich auf allen Reisen nach denselben gerichtet, und dieselben sowohl bei Tage
als bei Nacht bewährt gefunden, Die Führer der vielfach an jener Küstenstrecke
gestrandeten Schiffe, schreiben die ihnen zugestofsenen Unfälle häufig dem
gänzlichen Mangel‘ von Leuchtfeuern auf Ras Hafun und Kap Guardafui zu,
Weston Bey hält solche Warnungszeichen an diesen Orten jedoch für nicht
nothwendig, ja sogar wegen der Mifsverständnisse, welche durch dieselben leicht
hervorgerufen werden können, für gefahrvoll..
Seine Segelanweisungen lauten wie folgt: .
Die beiden Hauptpunkte, auf deren Kenntnifs es dem Schiffsführer: an-
kommen muß, wenn er von Osten her das Kap Guwardafut passiren will, sind:
1. der Zeitpunkt, zu dem er den Meridian von Ras Hafıun passirt,
2. das Passiren des Breitenparallels vom Kap Guardafut,
Befindet er sich auf dem erstgenannten Meridiane, so weifs er, dafs er
(rechtweisend) Nord steuern mufs, hat er dagegen den Parallel von Kap Guardafui
passirt, so kann er in den Golf von Aden steuern. ‘
In der auf Tafel 8 gegebenen Kartenskizze ist die Linie AB nach NO
von Ras Hafun gezogen, AC nach Nord von demselben Kap, und die Linie GD
nach Ost vom Kap Guardafui, ”
Von Osten kommend, d. h. von den Malediven aus den Ocean in 4° bis
5° N-Br durchquerend, wird man zwischen 57° und 54° östlicher Länge Stärke
und Richtung des Windes, der See und des Stromes sehr veränderlich finden,
bis man den sogen. „Wirbel“ (Engl. „Twirl“) *) passirt hat; hierauf fangen
mit abnehmender Länge Wind, See und Strom an, nach der Monsun-Grenze
(NE und SW) hin stetiger zu werden, gleichzeitig an Stärke zunehmend, während
die Wassertemperatur abnimmt. Mit wenigen Ausnahmen sind täglich astro-
nomische Observationen möglich, bis die volle Stärke des Monsuns erreicht ist.
Sobald man die Linie AB der Kartenskizze passirt hat, fängt der Wind
an, nach Süden zu drehen, die See nimmt ebenfalls die Richtung des Windes
an und wird südlicher; der Strom wird entsprechend nördlich. ;
Man notire nun a) die Zeit des Beginnes der Aenderung in der Wind-
richtung und die Fahrt des Schiffes.
Weiter westwärts gelangend, auf Ras Hafun zu, gehen Wind und See
weiter herum; sobald dieselben bis auf Süd gegangen sind, ist sofort Nord zu
steuern,
Man notire sodann b) die Zeit, wenn man die Linie AC, d.h. den
Meridian von Ras Hafun, passirt. ;
Mit Hülfe des Unterschiedes dieser beiden Zeiten, dem gesteuerten Kurse
während desselben und der Fahrt kann man sehr angenähert seine Position,
d. h. die Breite auf der Linie A C, festlegen.
{) „Africa Pilot“, Part III, 1884, S. 404.
„The Gulf of Aden Pilot“, 1882, S. 42.
%) Mit diesem Ausdrucke ist die eigenthümliche Biegung der Strömung während des SW-
Monsuns, südlich der Insel Socotra, auf der Brit. Admiralitäts-Karte No. 9 zwischen 5° 30’ und
11° N-Br, ‚sowie zwischen 52° und 56° O-Lg bezeichnet. Nach der Erfahrung von Weston Bey
ist die Lage des Wirbels nicht konstant, und die mittlere Position eine mehr südliche als in
der "Karte angegeben.