Skip to main content

Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 15 (1887)

Oyklone im Meerbusen von Bengalen. 
Während des Südwest-Monsuns oder der Regenzeit kommen oft cyklonen- 
artige Wirbelwinde von geringer Heftigkeit vor, dieselben sind aber in ihren 
Anzeichen schwer von den gefährlichen Cyklonen kleinerer Ausdehnung zu 
anterscheiden, so dafs man dieselben niemals unbeachtet lassen sollte. 
Zur Beurtheilung der Ausdehnung der Cyklone und der Entfernung des 
Centrums sind Wind- und Barometerveränderungen mafsgebend. Aendert der 
Wind langsam, und nehmen die Böen an Stärke ebenso zu, bleibt das Barometer 
stehen oder fällt nur wenig, so kann man annehmen, dafs das Centrum ziemlich 
weit entfernt ist, die Cyklone einen grofsen Durchmesser hat und sich langsam 
nähert. Aendert der Wind dagegen schnell, nehmen mit schnellem Fallen des 
Barometers die Böen rasch an Heftigkeit und Häufigkeit zu, so hat man es 
mit einem Wirbel geringen Durchmessers zu thun, und das Centrum ist nicht 
weit entfernt. 
Fallendes Barometer, zunehmende Böen und vermehrter Seegang bei 
konstanter oder sich wenig ändernder Windrichtung läfst darauf schliefsen, dals 
das Centrum in gerader Linie auf das Schiff zukommt. Dreht sich der Wind 
von Nordost durch Nord und West, so befindet man sich im linken Halbkreise 
des Wirbels und das Centrum passirt ostwärts, dreht sich der Wind in um- 
gekehrter Richtung, so befindet man sich im rechten Halbkreise und das Centrum 
geht südlich vorüber. 
Die Cyklon-Bahnen im Golf von Bengalen liegen zwischen Westen und 
Nordosten. Ursprünglich bewegen sie sich gewöhnlich westwärts und nord- 
wärts, zuweilen wenden sie sich aber im Golf nach Nordosten und bringen alle 
im Nordost-Quadranten befindlichen Schiffe in eine gefährliche Lage; die Stetig- 
keit des SSE- oder ESE-Windes giebt denselben ein Warnungszeichen hierfür. 
Das Umbiegen der Bahn erfolgt stets allmählich in grofsem Bogen, plötzlich in 
ihrer Richtung von NW auf NE springende Cyklone sind Herrn Lidstone 
nicht bekannt. ; 
Er unterscheidet im Golf von Bengalen drei Klassen von Cyklonen. 
Dio ersten entstehen südlich von den Andamanen, bewegen sich nach 
Westen und berühren die Küste in der Nähe von Madras. Ihre Bahn scheint 
eine etwas westlichere Richtung anzunehmen, als bei den weiter nordwärts 
entstehenden. 
Die zweite Klasse hat ihre Ursprungsstätte am Nordende der nördlichen 
Andamanen und bewegt sich nach Nordwesten, die Küste zwischen False Point 
und Chittagong berührend. Ihre Bahn liegt gewöhnlich zwischen Nordwest und 
Nord, obgleich sie zuweilen, wenn auch selten, umbiegen, ehe sie die Küste 
von Sunderbund erreichen. 
Die Cyklone der dritten Klasse bilden sich zwischen den Andamanen und 
dem Mergui-Archipel, gehen in nordnordwestlicher Richtung durch den Preparis- 
Kanal, drehen zurück nach NNO und treffen auf die Küste zwischen Chittagong 
und der Insel Ramri, südlich von Akyab, 
Zuweilen entstehen auch im Süden des Golfes Cyklone, namentlich während 
des Monats Mai, wenn die ersten Vorläufer des Südwestmonsuns sich nordwärts 
zwischen die Andamanen und die Küste von Indien drängen, Diese Stürme 
bewegen sich gewöhnlich eine Strecke nordwärts und drehen zuweilen nach 
Nordost, ehe sie die Küste erreichen, sind aber selten. . 
Im Mai 1884 wütheten zwei Cyklone zu gleicher Zeit im Golf, als der 
Südwest-Monsun nach Norden drang und starke Regenfälle östlich und westlich 
von den Andamanen im Gefolge hatte, Bedingungen, welche nach Eliot für 
die Bildung der Wirbelstürme im Golf von Bengalen charakteristisch sind, Es 
entstand infolge dessen eine Cyklone auf ungefähr 12° N-Br zwischen Ceylon und 
den Andamanen, welche sich nordwärts bewegte, dann nach NNO umbog und 
mit ihrem Centrum etwas südlich von Akyab passirte, woselbst sie grofsen 
Schaden anrichtete. Die zweite Cyklone bildete sich südöstlich von den Anda- 
manen, ging nach Nordosten bis zum Golf von Martaban und löste sich hier 
bei Annäherung an Land allmählich auf. In Rangun herrschten heftige Stürme 
and im Golf von Martaban schlechtes Wetter, jedoch kamen keine ernsten Unfälle 
zur Meldung, Hiernach scheint sich die Meinung zu bestätigen, dafs die Cyklone, 
welche östlich von den Andamanen passiren, nicht so gewaltig sind als die- 
207
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.