Lage und Beschaffenheit von Inseln und Untiefen im Ocean.
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sprünglich von Bougainville angegebenen übereinstimmt, so sollen doch jetzt
auf den Britischen Karten die alten Namen wieder eingeführt werden.
Einen weiteren Beitrag zur Geschichte dieser Untiefen giebt W. J. L.
Wharton in No. 902 der diesjährigen „Nature“, Da dieser Bericht für den
Leserkreis der Annalen von besonderem Interesse sein dürfte, so entlehnen wir
aus demselben Folgendes:
Im Juni 1768 segelte Bougainville auf der Fregatte „La Boudeuse“
von Espiritu Santo auf den Neu-Hebriden nach Westen über die Korallen-See,
südlich von. Neu-Gwinea, ungefähr auf dem 15. Parallel südlicher Breite entlang.
Um Mitternacht des 4. Juni sichtete er eine Sandbank, zu deren Untersuchung
ar den Anbruch des Tages abwartete, und feststellte, dafs eine kleine Sand-
stelle gerade über Wasser hervorragte, die, wie es schien, von keinem Riffe
umgeben wurde, Er nannte sie Bdture de Diane. Weiter westlich segelnd,
entdeckte er, 137 Sm von der Sandbank entfernt, ein Riff, an dem die See
heftig brandete, und dessen Position Mittags bestimmt wurde. Nachdem das
Schiff dann 5 Stunden hin und her gekreuzt hatte, wurde noch ein zweites Riff
gesehen, worauf die Absicht, die Explorationsfahrt noch weiter nach Westen
auszudehnen, aufgegeben wurde und das Schiff einen nördlichen Kurs einschlug,
mit dem es eine Bai an der Südküste Neu-Guineas erreichte, welche Bougain-
ville Cul de Sac de Ü’Orangerie nannte. Den beiden entdeckten Riffen legte er
keine Namen bei, sie blieben aber bekannt unter der Bezeichnung der Bougain-
ville-Riffe. Die von dem Entdecker angegebenen Positionen waren für die
Diana-Bank 15° 46‘ S-Br, 151° 26‘ O-Lg, für die Bougainville-Rife 15° 35‘ S-Br
und 149° 8‘ O-Lg. (?)
Nachdem später die Länge von Espiritu Santo genauer festgelegt wurde,
wobei sich ein Fehler von ungefähr 60 Minuten in der früheren Annahme ergab,
wurden die Untiefen, welche inzwischen nicht wieder gesehen waren, entsprechend
nach Westen verlegt, die Diana-Bank auf 150° 28’ O-Lg, die Riffe auf 148° 6‘
O-Lg. Io dieser Position wurden sie durch das Britische Schiff. „Herald“,
Kapt. Denham, gesucht, welches 14 Tage lang das ganze Gebiet um die
Untiefen in einem Umkreise von 40 Sm nach allen Richtungen hin durchkreuzte,
ohne jedoch etwas von denselben zu entdecken. Infolge dessen wurden sie,
da man nach den ausführlichen Beschreibungen Bougainville’s an ihrer
Existenz nicht zweifeln konnte, in den Karten wieder auf ihren alten Platz
zurückverlegt. Diese Lage stimmte auch besser mit der Ansegelung der „La
Boudeuse“ von Neu-Guinea bei dem angegebenen Kurse überein, da es nicht
möglich erschien, dafs sie mit demselben von einem westlicher als 149° 8‘ O-Lg
gelegenen Abgangspunkte aus die Bai von Neu-Gwuinea, welche man allgemein
unter der Bezeichnung Cul de Sac de U’Orangerie versteht, erreichen konnte.
Obgleich verschiedene Schiffe die Untiefen in diesen Positionen nicht fanden,‘)
so wurden sie dennoch auf den Karten beibehalten.
Endlich berichteten im Jahre 1884 zwei kleine Handelsschiffe von einer
kleinen Bank in 15° 41‘ S-Br und 149° 43’ O-Lg und einem unter Wasser
befindlichen Riffe in. 15° 28‘ S-Br und 147° 6‘ O-Lg.®) Es fiel sofort auf, dafs
die Breiten und die Entfernung der beiden Untiefen von einander mit den Ent-
deckungen Bougainville’s übereinstimmten, während die Längen allerdings
bedeutend westlicher fielen, und wenngleich es wahrscheinlich war, dals man
dieselben endlich wiedergefunden hatte, zumal unter der Berücksichtigung, dafs
der westliche Strom wohl die Fohlerquelle der auf Loggrechnung beruhenden
Längenbestimmung Bougainville’s gewesen, so fehlte doch noch zur genaueren
Identificirung die Auffindung des zweiten von Bougainville angegebenen
Riffes. Auch das Britische Schiff „Myrmidon“, welches, wie oben angeführt,
die Untiefen aufgesucht und näher bestimmt hat, konnte ein zweites Riff nicht
entdecken. Die mit den Berichten von Bougainville jedoch genau harmo-
nirenden Beschreibungen, die Uebereinstimmung der Breiten und der zwischen-
liegenden Entfernung lassen keinen Zweifel mehr über die Identität derselben.
. 3) So wurde im Juli 1884 von dem Französischen Schiffe „d’Estrees“ und im Januar 1885
von dem Britischen Schiffe „Dart“ vergebens nach denselben gesucht. Siehe „Nachrichten für See-
fahrer“, 1884 No. 1578, und 1885 No. 552.
2) Dieselben erhielten den Namen Owen Sand-Insel und Heath-Riff. Bezüglich des letzteren
vergl. „Nachrichten für Seefahrer“ 1884 No. 597.