Veber Gewitter und. Gewitterbeobachtungen;
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der allgemeinen Tageshelle unter verschiedenen Verhältnissen gehören auch
hierzu. Auch zur Aufklärung und Berichtigung irriger Ansichten über die Höhe
der Gewitterwolken kann der Beobachter ohne Instrumente — wie wir ihn hier
für diesmal nur im Sinne haben — Einiges beitragen. Ebenso wie die grofse
Dunkelheit leicht übertrieben wird, so pflegt auch bei schweren Gewittern regel-
mäfsig in den Berichten die ‚Bemerkung wiederzukehren, dafs die Wolken fast
die höchsten Häuser berührt hätten, oder eine ähnliche Notiz. In einzelnen
seltenen Fällen mag allerdings die Höhe der Gewitterwolken eine sehr geringe
gewesen sein. Der Blitzschlag auf das Kloster Admont (26. August 1827), bei
welchem die Wolke, aus der der Strahl ausging, nur 8m dick und nur 28 m vom
Boden des Thales entfernt gewesen sein soll, wird oft citirt.'‘) Von einem
117m über der Thalsohle gelegenen Schlosse aus sah man nämlich das 36m
hohe Kreuz des Glockenthurmes über, ein 28m hoch über dem Boden befind-
liches Fenster desselben Thurmes aber unter der Wolke. Beinahe 700 m über
dieser Wolke schwebte aber nuch eine zweite, welche mit der ersten Blitze
austauschte. Beobachter in engen Gebirgsthälern können vielleicht cinen der-
artigen Fall wiederum beobachten. Wie Assmann hervorhebt, sind auch die
Berichte über Gewitter, welche sich tiefer als Berggipfel von so mäfsiger Höhe
wie der Brocken und der Inselberg abspielten, immer mit Vorsicht aufzunehmen.”)
Er glaubt, daß häufig Gewitter, welche in gröfserer Entfernung in der Ebene
vorüberziehen, .als „unter den Füfsen“ des auf dem Berge stehenden Beobachters
bezeichnet würden. Gewitterbeobachter in den Deutschen Mittelgebirgen mögen
auf solche Fälle achtsam sein. Die Thatsache, dafs ein ziemlich entferntes
Gewitter Blitze in horizontaler oder schräger Richtung in anscheinend ganz
angefährdete Gegenden 7—10 km weit aussenden kann, mag auch zu manchen
Täuschungen beigetragen haben (8. später). In höheren Gebirgen kann man
aber sehr wohl ein Gewitter unter seinem Standpunkte beobachten, Dafs sich
hierbei die Wolkenformen, Blitze etc, desselben in besonders instruktiver Weise
beobachten lassen, braucht kaum gesagt zu werden. In der Ebene wird ein
einzelner Beobachter zunächst wenig für Bestimmung der Höhe der Gewitter-
wolken thun können, höchstens mag er nach Anleitung Prestel’s®) .die Höhe
scharfrandiger, deutlich sich abhebender Cumuli zu bestimmen versuchen,
Solche Cumuli sind aber gerade bei Gewittern selten so scharfrandig, als er-
forderlich ist.
Man beachte auch den Schlufsakt des Gewitterphänomens. In den
meisten Fällen wird man wahrnehmen können, wie die Gewitterwolken hinweg-
ziehen, und Donner und Blitze allmählich schwächer werden, bis zuletzt vielleicht
nur noch Wetterleuchten (s. später) den Weg des abgezogenen Gewitters ver-
räth. Es kann: aber nach Wahrnehmungen im Königreiche Sachsen auch vor-
kommen, dafs ein Gewitter nicht durch Abzug, sondern durch allmähliche
Vertheilung und Auflösung für den Beschauer sein Ende erreicht; es sind vor-
züglich schwache Gewitter bei allgemein vorhandener Wolkendecke (s. 0.), deren
Ende man auf diese Weise unmittelbar beobachten kann, Mehrere Fälle habe
jch selbst wahrnehmen können. Es ist sogar vorgekommen, dafs das ganze
Verbreitungsgebiet eines Gewitters nur einen Raum von wenigen Hundert 0 km
umfalst. Gewitter, welche in Leipzig beobachtet werden, freten nicht immer
auch in Halle auf, und umgekehrt hat Eilenburg und selbst die Gegend zwischen
Eilenburg; Taucha und Schkeuditz heftige Gewitter gehabt, weiche in Leipzig
entweder gar nicht oder nur als ferner Donner bemerkbar wurden, Aber sie
wurden auch in den übrigen an ihr Ursprungsgebiet grenzenden Landstrichen
nicht. verspürt; ihr ganzes Entstehen und Vergehen spielte sich also auf einem
Gebiete ab, das mit der Eisenbahn in weniger als einer Stunde durchmessen
werden kann, gewifs eine dringende Mahnung, gerade die Gewitterstationen
recht dicht anzuordnen, um auch die lokalen Erscheinungen gebührend zu berück-
sichtigen. Am 3, Juni 1884 waren im südlichen Sachsen mehrere eng begrenzte
Gewitter vorhanden: das eine verringerte seinen Umfang immer mehr und war
1) Vgl. Arago, „Oeuvres completes“, Bd. 4. Paris 1854. 8. 27.
2) „Gewitter in Mitteldeutschland“, S. 29 f. Vgl. aber auch Kaiser, „Meteor, Zeitschr.“.
1886, S. 356. ; Ce .
3) Heis’ Wochenschrift, Bd. 6, 1863, S. 111 £,
Ann. a. Hvar. ete.. 1827. Heft I.