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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 15 (1887)

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Reisebericht der Deutschen Brigg „Nicolaus“. 
Von dem Lotsen erfuhr ich, dafs noch kein Schiff unter Segel Sharks 
Point passirt hätte, dafs vielmehr jedes einsegelnde Schiff, sobald es bis hierher 
gelangt wäre, durch die Strömung über den Flufs nach dem nördlichen Ufer 
getrieben würde, was freilich auch der einzige mögliche Weg ist, um Banana 
zu erreichen. Ein einsegelndes Schiff hat sich also zunächst bis Sharks Point 
an der Südseite des Flusses zu halten. Ist die Tageszeit schon vorgerückt und 
die Seebriese im Abnehmen begriffen, so empfiehlt es sich, bei Turtle Cove zu 
ankern und mit der am nächsten Tage wieder frisch durchkommenden Seebriese 
die Fahrt fortzusetzen, weil eine recht frische Briese dazu gehört, um später 
an der Nordseite längs der Mazea-Bank die starke Strömung überwinden zu 
können. Man strebe danach, in einer angemessenen Entfernung von der Stella- 
Bank zu bleiben, welche plötzlich abflacht und über welche die Strömung mit 
einer grofsen Geschwindigkeit hinwegsetzt. Andererseits hat man aber auch 
die Mitte des Flusses so weit als möglich zu meiden, weil hier der auslaufende 
Strom am stärksten ist. Die Einsegelung in den Banana Creek darf aber keinen- 
falls ohne einen Lotsen unternommen werden, 
Da in Banana keine Fracht zu bekommen war, so versegelten wir in 
Ballast nach Westindien. Am 27, April war Alles zum Auslaufen fertig; allein 
der Wind war an diesem und dem folgenden Tage zu südlich und flau, als dafs 
wir aus dem Banana Creek hätten heraussegeln und bei der starken auslaufen- 
den Strömung in der Mitte des Kongo — man spricht von 5—6 Kn, was ich 
unter Umständen nicht für unwahrscheinlich halte — das südliche Flufsufer 
hätten erreichen können. Dort mufs der Bedarf an Trinkwasser für die Reise 
geschöpft werden, denn im Banana Creek und unterhalb der Mündung desselben 
jst das Wasser salzig. Für ein Schiff, welches längere Zeit in Banana in Ladung 
liegt, dürfte es sich vielleicht empfehlen, wenn es die Umstände erlauben, das 
Trinkwasser vermittelst Boote herüberzuholen., 
Am Mittage des 29. April nahm uns der ebenfalls ausgehende Dampfer 
„Carl Woermann“ aus Gefälligkeit ins Schlepptau, was uns sehr gelegen kam, 
und für welchen Dienst ich dem Kapitän sehr dankbar bin, da die Seebriese 
noch immer sehr flau war und aufserdem die Hälfte meiner Mannschaft am 
Fieber krank lag. Mit grofser Anstrengung füllten die wenigen Leute unsere 
Wasserbehälter, worauf die Reise fortgesetzt und um 6'/* p. m. Padron Point 
passirt wurde. Der Dampfer „Carl Woermann“, der sich ebenfalls mit Trink- 
wasser versehen hatie, war um diese Zeit etwa 4 Sm voraus. Es wehte zur 
Zeit, sowie auch in der folgenden Nacht, ein flauer südlicher Zug; aber der 
Strom setzte das Schiff rasch seewärts, und trotzdem dasselbe kaum 10 Sm 
durch das Wasser gemacht hatte, war doch am nächsten Morgen die Küste 
aus Sicht. Auf der Weiterreise ereignete sich wenig Belangreiches. In dem 
Aequatorialstrom wurde eine tägliche westliche Versetzung von 15—20 Sm 
beobachtet. Am 8, Juni, in 11,7° N-Br und 54,2° W-Lg, hatten wir einen 
schweren Sturm durchzumachen, der 10 Stunden anhielt. Um 2'/ Uhr Morgens 
sprang der bis dahin frische nördliche Wind auf SE, Stärke 4—5, mit Regen- 
schauern. Darauf holte derselbe zurück durch E und NE nach N, aus welch 
letzterer Richtung er gegen 8'/* a, m. die Stärke 10—11 erlangte. Der Sturm, 
der von fortwährenden Gewittern und Regen begleitet war, rief eine sehr hohe 
Seo hervor. Im Laufe des Nachmittags ging der Wind auf ESE, zur frischen 
Briese abnehmend. 
Am 13. Juni ankerten wir um 10! a. m. nach einer 45tägigen Reise 
im Hafen von St. Thomas. . : 
Der allgemeinen schlechten Geschäftslage halber konnte ich erst am 
2. Juli eine Zuckerfracht von Ponce nach Kopenhagen erhalten. Am folgenden 
Tage erreichte ich ersteren Hafen, woselbst die Beladung des Schiffes sich 
ziemlich rasch vollzog, so dafs ich bereits am 23. desselben Monats die Weiter- 
reise antreten konnte. Diese Reise, welche einen langsamen Verlauf nahm und 
nichts besonders Interessantes aufzuweisen hatte, fand durch die Ankunft von 
„Nicolaus“ in Kopenhagen am 28. September 1886 ihren Abschlufs.
	        
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