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Erdmagnetische Beobachtungen der internationalen Polarforschung 1882-—83,
Bei der Beurtheilung der Gesammtergebnisse kann es nicht ins Gewicht
fallen, wenn auf Süd-Georgien ein Theil der Beobachtungen des ersten Viertel-
jahres als unsicher verworfen werden mufste, weil infolge der ungünstigen
Bodenverhältnisse die Pfeiler der Variations-Instrumente sich als nicht stabil
erwiesen, noch weniger kann es von Belang sein, dafs auf der Station Kingua-
Fjord Lokaleinflüsse vorhanden waren, die, vermuthlich von entfernteren Gebirgs-
massen herrührend, die Gröfse der absoluten Werthe beeinflufsten. Bei fort-
laufenden Stationsbeobachtungen ist es nicht der Zweck, die richtigen absoluten
Werthe der Station zu finden, sondern es handelt sich, wie im Eingange dar-
gelegt, um die Beobachtung der Variationen derselben; ein Fehler in den abso-
luten Werthen kann nur Veranlassung sein, den Variationen eine konstante Kor-
rektion hinzuzufügen, was die Brauchbarkeit derselben keinesfalls beeinträchtigt.
Wie beträchtlich gerade in Polargegenden die Lokaleinflüsse sein können, zeigen
die jüngst veröffentlichten Beobachtungen auf Jan Mayen, wo an zwei Punkten
der Insel sich Unterschiede der Deklination von 13° zeigten, Abweichungen,
welche die auf Kingua-Fjord gefundenen weit übertreffen, Niemand ist aber
Derochtigt, deswegen die Oesterreichischen Beobachtungen für unbrauchbar zu
erklären.
Als ein schätzbarer Gewinn der Deutschen Resultate mufs die Aufdeckung
einiger die Brauchbarkeit der Instrumente wie Reduktionsmethoden berührender
Zigenthümlichkeiten bezeichnet werden, die theils auf den Stationen, theils bei
der nachträglichen Bearbeitung sich ergab. Während die, unter magnetischen
Verhältnissen wie die mitteleuropäischen, angestellten Beobachtungen von
Süd-Georgien nebst den gleichzeitigen Beobachtungen von Kap Horn und
Melbourne einen schätzenswerthen Beitrag zur Kenntnifs der Perioden der erd-
magnetischen Elemente auf der südlichen Halbkugel bieten werden, hat die
Station Kingua-Fjord eine wesentliche Bedeutung für das Studium der Störungen,
Dieselben treten hier in einem solchen Umfange und solcher Häufigkeit auf,
dafs wir von dem Vergleiche mit anderen Polarstationen die schönsten Resultate
zu erwarten berechtigt sind, zumal diese Station eine der günstigsten Lagen
zum magnetischen Pol besafs, Wir werden versuchen müssen, die Vertheilung
des Erdmagnetismus an der Hand sämmtlicher um den Pol gelegenen Stationen
für jeden Zeitpunkt einer Störung festzustellen und dieselbe, wenn möglich,
analog den gsynoptischen Wetterkarten, graphisch darzustellen, um so durch
zyleichzeitiges Studium der beiden Polargebiete sowie der gemäfsigten und
äquatorialen Zonen zu einem Gesammtbilde des Verlaufes der Störungen zu
gelangen. Der Fortschritt der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiete des
Erdmagnetismus ist also ein ähnlicher, wie in der Meteorologie: an das Studium
der Verhältnisse einzelner Stationen mufs die synoptische Betrachtung eines
yanzen Beobachtungsnetzes sich schliefsen, und während wir in der Ermittelung
der regelmäfsigen Erscheinungen und ihrer Verbreitung über die Erde eine der
klimatologischen ähnliche Aufgabe erblicken können, ist das Studium der
magnetischen Störungen mit der Erforschung atmosphärischer Depressionen zu
vergleichen, der erdmagnetische Forscher steht aber noch vor der Aufgabe,
durch synoptisches Studium ein dem Buys-Ballot’schen entsprechendes Gesetz
zu finden. Es wird sich zeigen müssen, ob die Menge und die Vertheilung der
vorhandenen Beobachtungsstationen hierzu ausreicht, wo ihre Zahl zu vermehren,
WO Zu vermindern ist.
Keinesfalls werden wir in Zukunft bei diesen Forschungen die arktischen
Stationen entbehren können, vielleicht wird es sogar erforderlich sein, eine,
wenn auch kleinere Anzahl derselben auf längere Jahre zu unterhalten, da nur
in jenen Regionen, wo der Pulsschlag der Erde am kräftigsten fühlbar, das
Wesen dieser bedeutsamen kosmischen und terrestrischen Vorgänge erforscht
werden kann. Ein Mangel, der bei Einrichtung arktischer Beobachtungsnetze
sich herausgestellt hat, und dem auch in Zukunft schwierig abzuhelfen sein
wird, besteht einerseits darin, dafs die absolute Gleichzeitigkeit der Beobach-
lungen nur angenähert zu erreichen ist, weil eine sichere Ermittelung der Zeit-
differenzen der Stationen nicht bei Beginn der Beobachtungen möglich ist,
andererseits in der Unsicherheit, mit welcher jede Ablesung in Bezug auf die
Angabe des genauen Zeitpunktes der Beobachtung bchaftet ist. Bei der Heftig-
keit der magnetischen Störungen sind aber Unterschiede von einigen Sekunden