Erdmagnetische Beobachtungen der internationalen: Polarforschung 1882-—83. 131
Schwankung mit der 11jährigen Sonnenflecken-Periode nicht als ausgemacht
anzunehmen, bevor nicht die Einzelerscheinung erklärt werden kann. Jener
Zusammenhang stützt sich auf die Betrachtung gröfserer Zeiträume, wie Monate
und Jahre, in welchen keine Ausscheidung der Störungen vorgenommen ist,
welche den Betrag der Amplitude stets vergröfsern; ohne Betrachtung der
Einzelwerthe dürften wir aber schwerlich zu einer Aufklärung jenes Zusammen-
hanges gelangen. Die Regeln, die von älteren Forschern, wie Sabine, behufs
Absonderung der Störungen benutzt worden sind, reichen nicht für die an-
yedeuteten Zwecke aus, namentlich nicht bei der Bearbeitung der Polarbeob-
achtungen, es wird daher die Aufgabe sein, neue Vorschläge aufzufinden und zu
prüfen, eventuell auch durch rein mathematische Rechnung zum Ziele zu ge-
langen zu suchen.!)
Um nach Ermittelung der regelmäfsigen Erscheinung die Störungen zu
erforschen, theilen wir die Abweichungen vom täglichen Gange nach der Größe
in Gruppen und untersuchen diese nach Zeit und Häufigkeit des Auftretens,
indem wir etwaige gleichzeitige Erscheinungen zu beachten haben. Während
diese Aufgaben für jede einzelne Station zu lösen sind, müssen aufserdem die
Beobachtungen sämmtlicher mit einander verglichen werden, wobei die Resultate
der gemeinsamen Arbeit des Polarjahres 1882—83 hervorragende Bedeutung
erlangen werden. Nachdem es Gauss gelungen ist, die Vertheilung des Magne-
tismus der Erde in bestimmte Formeln zu bannen und in Kurven darzustellen,
ist es die weitere Aufgabe, zu erforschen, wie sich das System der erdmagne-
tischen Livien zu den täglichen Aenderungen, . wie zu den Störungen verhält.
Welche Verschiebungen derselben treten ein in kürzeren, welche in längeren
Zeiträumen? Wie tritt die tägliche, sich nach Lokalzeit richtende Periode an
verschiedenen Punkten der Erde auf, wie verhalten sich die Stationen bei den
nach Weltzeit verlaufenden Störungen? Dies sind die Fragen, deren Lösung
erforderlich ist, um einen Schritt vorwärts in der Erkenntnifs jener geheimnifs-
vollen magnetischen Kräfte zu thun, zu deren Erforschung Männer, wie Humboldt
und Gauss, den Grund gelegt haben.
Nachdem wir uns in grofsen Zügen die Aufgabe nach Gestalt und Umfang
dargelegt haben, dürfen wir fragen, welche Beiträge zu diesen Untersuchungen
die Deutschen Ergebnisse bieten werden. Dieselben enthalten außer den streng
nach dem internationalen Programm ausgeführten Beobachtungen der beiden
Polarstationen die fast ebenso vollständigen Reihen von Wilhelmshaven und
Göttingen, aufserdem Terminbeobachtungen von Breslau. Fügen wir diesen
Ergebnissen noch die hervorragenden Polarlichtbeobachtungen auf Labrador
hinzu, so wird die Behauptung berechtigt erscheinen, dafs die Deutsche Publi-
Eation, was Umfang wie Fülle des Gebotenen betrifft, kaum übertroffen wer-
en wird.
1) Es sei hiermit auf eine ältere Methode zur Auffiindung der Störungen hingewiesen, die
von Kreil herrührt und sich in den Beobachtungen zu Prag von 1840—41 findet, Kreil bildet
aus den %4stündlichen Ablesungen zunächst ohne Ausschlufs die monatlichen Mittel für jede Stunde
und aus diesen die Summe aller Aenderungen von Stunde zu Stunde ohne Rücksicht auf das Vor-
zeichen. Ist nun die entsprechende Summe für einen Tag mehr als doppelt so grofs, als jene Monats-
summe, so ist der Tag ein Störungstag; au(lserdem unterscheidet er noch Tage mit Stöfsen,
wenn die Aenderung zweier aufeinanderfolgender stündlicher Kinzelwerthe wenigstens doppelt so
grofs ist, als die gröfste aus den Monaismitteln gefundene. Ruhige Tage sind solche, bei welchen
die Summe der Aenderungen von Stunde zu Stunde kleiner ist, als die entsprechende Summe, welche aus
monatlichen Mittelwerthen erhalten ist. — Dem Verfahren liegt der beachtenswerthe Gedanke zu Grunde,
die Periode der einzelnen Tage rechnerisch mit der aus den monatlichen Mittelwerthen gefundenen
angenäbherten Periode zu vergleichen. Um denselben auf die Ausscheidung einzelner stünd-
licher Ablesungen anzuwenden, könnte man in der Weise verfahren, dafs man die Differenz zweier
aufeinander folgender stündlicher Werthe eines Tages bildet und dieselbe mit der entsprechenden
Differenz der monatlichen Mittelwerthe vergleicht. Setzt man nun fest, dafs dieses Verhältnifs eine
bestimmte Grenze nicht überschreiten darf, so findet man den auszuschliefsenden Werth sofort, wenn
man die Differenzen gegen die beiden benachbarten Beobachtungen bildet. Sind mehrere hinter-
einander folgende Beobachtungen als gestört aufzufassen, so wird man auch hier die auszuschliefsenden
leicht erkennen, obwohl es in solchen Fällen unter Umständen besser ist, den ganzen "Tag auszu-
lassen. Welche Grenze für das oben erwähnte Verhältnils anzunehmen ist, mufs noch untersucht
werden, bei den Beobachtungen von Kingua-Fjord ergab sich ein nicht ungünstiges Resultat, wenn
san annahm, dafs die Differenz der Einzelwerthe nicht (absolut) gröfser sein dürfte, als das Doppelte
der entsprechenden Differenz der monatlichen Mittel.