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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

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Reisebericht des Deutschen Schoners „Franz“. 
Ferner giebt Heckford auf S, 127—131 cine Tabelle über das Ver- 
hältnifs von Gewicht und Mafs verschiedener Gegenstände, welche wohl nicht 
unbedingt auf grofse Genauigkeit Anspruch machen kann; denn nach dieser 
Tabelle sollen 50 Kubikfufs Guny-Bags im Ballen zusammengeprefst 14%/4 bis 
15% ctw. schwer sein, während diejenigen, welche wir ladeten, bei dem an- 
gegebenen Kubikinhalt ein Gewicht von 21 etw. hatten. 
3. Der Orkan vom 21. zum 22. September 1885 vor der Mündung des Hooghly. 
„Bei unserer Ankunft in Port Natal erfahren wir, dafs vom 21 zum 
29, September 1885 ein Orkan die Mündung des Hooghly passirt hatte, in dem 
viele Schiffe verloren gegangen waren. In dessen Bereich war auch „Franz“ 
gerathen, und nur dem Umstande, dafs wir, wie schon bemerkt, genöthigt 
waren, zu ankern, scheinen wir es verdanken zu müssen, vor @rnsteren Schäden 
bewahrt geblieben zu sein, Der „Merchantman“, ein Schiff von etwa 700 Reg.-T. 
Größe, welches mit uns, aber ganz im Schlepptau eines Dampfers, den Hooghly 
herunter kam, gewann einen solchen Vorsprung vor uns, dafs er noch vor 
Dunkelwerden seinen Lotsen absetzen und darauf die Reise fortsetzen konnte, 
am in sein Verderben hineinzulaufen. Am folgenden Morgen fand dieses Schiff 
in dem Orkan seinen Untergang, und nur zwei Mann der Besatzung wurden 
gerettet. Hätten wir nicht den uns damals so unliebsamen Aufenthalt gehabt, 
sondern die Reise unbehindert fortsetzen können, so wären auch wir wahr- 
scheinlich in die Nähe des Centrums der Cyklone gerathen, denn es waren 
keinerlei Anzeichen eines Orkans vorhanden, die uns hätten warnen können. 
Das Barometer war bis 3% p. m. beständig gestiegen, und die Luft sah nur 
wenig drohend aus. Von der Orkanwelle, die False Point überschwemmte und 
dort so grofse Verheerungen angerichtet hat, haben wir nichts gespürt, obwohl 
wir uns in derselben Breite auf einer Wassertiefe von 36 m (20 Fad.) befanden. 
Der Verlauf der Witterung vor dem Orkan, während desselben und nach 
demselben und die Vorgänge an Bord von „Franz“ waren kurz wie folgt: 
Am 21. September 1885 um 4 Uhr Morgens setzte leichter Zug aus NE 
ein, bei klarem Himmel und einem Luftdruck von 756,4 mm. Zur Zeit des 
Sonnenaufganges bezog sich der Himmel etwas und wurde drohend aussehend 
im Nordosten, so dafs ich für den Tag eine frische Briese aus dieser Richtung 
erwartete. Um 7% a. m. gingen wir bei noch flauem Nordostwipnde bei Saugor, 
wohin uns der Schleppdampfer Tags zuvor von Calcutia gebracht hatte, unter 
Segel. Um 11* a, m. hatte der Luftdruck bis 758,8 mm zugenommen, der Wind 
war ENE4 und der Himmel schauerig bewölkt. Gleich nachher frischte der 
Wind auf, und um 12* Mittags hatte er die Stärke 5—6 erreicht. Um 1'/2* 
p. m. kamen die Lotsenbriggs in Sicht; wir konnten dieselben aber nicht ganz 
erreichen, weil ein starker Strom nach Westen lief, und ankerten wir daher, 
am nicht zu vertreiben, um 3* p. m. in der Nähe derselben auf einer Wasser- 
tiefe von 21,6 m (12 Fad.). Um diese Zeit war der Wind ENE 5—6, bei einem 
Luftdruck von 759,0 mm. Kaum aber lagen wir vor Anker, als der Wind der- 
artig rasch zunahm, dafs wir uns veranlafst sahen, um 5° p. m. die ganze 
St. B.-Kette auszustecken. So rasch als der Wind nahm auch die See zu, 
welche kurz und hoch lief und bald brandungsartig wurde. Dieselbe stürzte sich 
mitunter 3 bis 4 Fuß hoch über den Bug des Schiffes, das Wasser drang in 
das Logis und die Kajüte ein, und das Deck des Schiffes war mehr unter als 
über dem Wasser. Viele Gegenstände wurden von Deck über Bord gewaschen, 
und selbst die Lukenpresenninge lösten sich, so daß wir das Eindringen von 
Wasser in den Laderaum nicht verhindern konnien. Kin Schwein spülte über 
Bord, und uusere 24 Hühner, welche wir auf das Hinterdeck in der Nähe des 
Ruders geborgen hatten, ertranken daselbst sämmtlich in ihrem Käfig. Um 
8 p. m. und um & p. m. war der Wind ENE 9, um die letzte Stunde bei 
einem Luftdrucke von 756,8 mm. Da seit 8° p. m. bedeutende Mengen Wassers 
in das Schiff einströmten, mufste um 9* p. m, der Entschluls gef werden, 
die Kette zu schlippen, worauf das Schiff unter Stagsegel und Untermarssegel 
mit Backbordhalsen während der Nacht südwärts trieb. Um 12* p. m., als der 
Wind von ENE die Stärke 10 erreicht hatte, erlangte der Luftdruck mit 
753,6 mm sein Minimum; die See lief hoch und wild, und das Schiff wurde be- 
ständig von derselben überfluthet. Alle Mann standen fortwährend an den
	        
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