Reisebericht des Deutschen Schoners „Franz“,
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eine hohe Welle, Bor genannt, verursachend. Soviel ich indels von dieser
Welle gesehen habe, scheint mir dieselbe als viel zu gefährlich beschrieben
and die Furcht vor derselben übertrieben zu sein. In dieser Zeit liegen die
Schiffe mit ihren Ankerkeiten an zwei Bojen nach vorne und zwei nach hinten
befestigt, wofür ein Schiff von 200 bias 300 Reg.-T. Größe täglich 4 Rs. zu
zahlen hat. Das Tonnen- und Feuergeld ist ebenfalls mäfsig. Die Hafenbehörde
verlangt, dafs jedes Schiff zur Deckung der Hafenunkosten eine bestimmte
Summe niederlegt, welche beispielsweise für „Franz“ die Höhe von 600 Rs,
hatte. Stellen sich die Unkosten später geringer, so wird der Ueberschufs zu-
rückerstattet und zwar, da diese Angelegenheit erst nach Abgang des Schiffes
geregelt wird, an den Konsienatär, UVebersteigen aber die Unkosten die nieder-
gelegte Summe, so hat der letztere nachzuzahlen.
Die Schiffsboote kann man in Calcutta kaum zum Anlandfahren gebrauchen,
namentlich zur Regenzeit nicht. Man miethet sich daher einen Bootmaun
(Dingi) gegen ein Entgelt von 1 Rs. den Tag oder 25 Rs. per Monat. Da in
Calcutta bedeutende Wege zurückzulegen sind, so bedient sich der Kapitän
hierzu einer Droschke, welche für den ganzen Tag 3 Rs. kostet. Ich miethete
mir indefs eine auf Stunden und hatte in 22 Tagen dieserhalb eine Ausgabe
von 34 Rs.
In den seltensten Fällen versteht wohl ein Europäischer Kapitän die
Bengalische Sprache, und um sich daher verständlich machen zu können, nimmt
er einen Hindu, der Englisch versteht, als Dolmetscher und gleichzeitig als
Wegweiser gegen eine Vergütung von '/ Rs. pro Tag. Diesen Leuten (bircars)
ist aber nicht unter allen Umständen zu trauen, und ich möchte den Kapitäuen
rathen, lieber keinen zu nehmen, umsomehr als wir ja daran gewöhnt sind,
auch in anderen Hafenplätzen ohne einen Führer fertig zu werden, Wenn der
Kapitän sich die Adressen der Leute, zu denen er will, genau merkt und einen
zuverlässigen, Englisch sprechenden Kutscher hat, den er jeden Tag beschäftigt,
so wird er auch in Calcutta ohne den Beistand eines besonderen Dolmetschers
and Führers fertig werden und Geld dabei sparen.
In Calcutta herrscht die schlechte Sitte, dafs von Verkäufern alle mög-
lichen Waaren an Bord feil geboten werden. Diesen Leuten sollte man das
Betreten des Schiffes untersagen, weil sie sämmtlich mehr oder weniger große
Betrüger sind, Man kaufe lieber solche Sachen in einem guten reellen Ge-
schäfte in der Stadt. Bei den Europäischen Ladeninhabern darf man nun
freilich nicht voraussetzen, gerade sehr billig zu kaufen, denn dieselben streben
gelbstverständlich nur danach, sich in Indien möglichst bald ein Vermögen zu
erwerben, um nach Europa zurückkehren zu können.
Der Schiffsproviant ist hier nicht theuer. Reis kostet 3'/ bis 5, Splitt-
erbsen 4'/, gewöhnliche Erbsen 3, weißse Bohnen 4 und Mehl 4 Rs. pro Mand
= 84 Pfd. Englisch. Das hier gesalzene Indische Fleisch. sowie der Speck
sind ebenfalls preiswürdig zu haben, doch sollte man nicht zu grofßse Quantitäten
davon nehmen, weil diese Waaren sich nicht lange im guten Zustande erhalten.
Aber alle Waaren, die an Bord geliefert werden, sollten nachgewogen. und
nachgezählt werden. Auf eine Lieferung von 600 Pfd, Fleisch fand ich ein
Untergewicht von 75 Pfd. Die Händler versuchen es, dem. Kapitän 5,bis
10 pCt. von ihrer Rechnung für dem Schiffe gelieferte Waaren. anzubieten, und
der Kapitän, der schwach genug ist, dieses Geld anzunehmen, ‚darf natürlich
nichts sagen, wenn er entdeckt, dafs er weniger Proviant erhalten. hat, als .wo-
für er bezahlen mufs. Das Docken ist theuer in Calcutta, doch Zimmern: und
Kalfatern billig. Alles in Allem aber mufßs Calcutta für ein. kleines Schiff als
ein theurer Platz betrachtet werden, . a 8 an HE HELLE
Für die Ansegelung des Hooghly habe ich Hockford’s Segelanweisung
als sehr zutreffend gefunden, weshalb ich dieselbe empfehlen kann; nur, möchte
ich berichtigend bemerken, dal’ schon seit Jahren bei Pilots; Kıdge.. keine
Lotsenstation mehr vorhanden, sondern dafs dieselbe in jeder Jahreszeit eben
anterhalb Outer Floating Light ist, woselbst zwei weils: angestricheno Briggs
kreuzen oder vor Anker liegen. Die eine hat die Aufgabe, die einkommenden
Schiffe mit Lotsen zu versehen, die andere, die Lotsen der aussegelnden Schiffe
aufzunehmen. Diese Lotsenbriggs sind leicht an ihren Signalen ;erkennbar..