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Kinflufs des Mondes und der Sonne auf die nördlichen Passatwinde.
Der Einfluls des Mondes und der Sonne auf die nördlichen
Passatwinde.
Dafs der Mond einen BEinflufs. auf die Witterung hat, ist ein weit ver-
breiteter Volksglaube; alle bisher angestellten Versuche, denselben wissenschaft-
lich zu erklären und nachzuweisen, haben jedoch zu keinem Erfolge geführt,
Neuerdings vun hat Herr M. A. Poincare, Chef-Ingenieur des Ponts et
Chaussges, die Untersuchungen wieder aufgenommen und aus denselben ein
den Glauben bestätigendes Resultat abgeleitet, jedoch mit der Einschräukung,
dafs nicht die Mondphasen es sind, welchen, wie bisher festgehalten wurde,
Einflüsse auf die Vorgänge in der Atmosphäre zuzuschreiben sind, dafs die-
zelben vielmehr zusammenhängen mit der Deklination des Mondes, wobei gloich-
zeitig der entgegengesetzten Wirkung der Sonne Rechnung getragen werden
muß, Herr Poincare hat seine umfangreiche, diesen Gegenstand behandelnde
Arbeit der Pariser Akademie der Wissenschaften . vorgelegt, und einem über
dieselbe von Herrn Mascart Seiteobs der zur Prüfung eingesetzten Kommission
erstatteten Bericht ‘) entnehinen wir das Folgende:
Die Wirkung des Mondes auf die Erde ist eine allgemeine, welche sich
an einem bestimmten Örte, wo dieselbe durch lokale Einflüsse verdeckt sein
kantı, schwer wahrnehmen und bestimmen läfst, Es mufste daher zur Lösung
der Frage zunächst der Charakter der allgemeinen Lufteirkulation für jeden
Tag bestimmt werden, Herr Poincare hat hierzu die täglichen Wetterberichte
des Signal-Ofüce der Vereinigten Staaten von Amerika benutzt, welche die
gleichzeitigen Beobachtungen auf einer grofsen Anzahl von Landstationen und
von Schiffen auf See enthalten, Auf den diese Berichte begleitenden Karten
der Nordhemisphäre ist eine Kurve gezeichnet, welche die Gegend der aus
aördlicher Richtung dem Aequator zu wehenden Winde umfalst, und weiche als
Grenzlinie des Passatgebietes angesehen werden kann, und sus welcher sich für
letzteres angenähert eine mittlere Breite bestimmen läfst. Kg ist nur eine Periode
von zwölf Mondsumläufen vom 10. Dezember 1882 bis zum 13. Dezember 1883
der Betrachtung unterzogen. Die so erhaltene Kurve, welch& die Breite der
Passatzone darstellt, zeigt im Laufe des Jahres allerdings viele Unregelmäßig-
keiten, läßt jedoch eine Anzahl bemerkenswerther Beziehungen in Betreff des
Monds- und Sonneneinflusses erkennen.
Ueber den Einfluls des Mondes ergiebt sich:
4. Die Breite der Passate erleidet eine regelmäßige Schwankung, deren
Periode mit den Veränderungen der Deklination des Mondes übereinstimmt,
indem die höheren Breiten dem nördlichen Stande des Mondes, die niedrigen
den südlichen Lunistitien entsprechen.
2. Wenn der Mond im Aequator steht, erleidet die Verschiebung der
Passate eine Unterbrechung, welche sich in der Kurre durch eine Art Absatz
kennzeichnet. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist die mitilere Breite dieser
Absätze gröfser, wenn der Mond von Süden nach Norden den Aequator über-
achreitet, als wenn er in entgegengesetzter Richtung dieses thut. Der Kinflufs
des Mondes auf die Verschiebung der Passate nach Norden oder Süden würde
demnach mehr hervorireten, wenn er sich dem Aequator nähert, als wenn er
sich von demselben entfernt.
3. Das Gebiet der Passate nimmt zu, wenn der Mond sich der Krde
nähert, und nimmt ab, wenn er sich von derselben entfernt; aber diese Wirkung
übertrifft die der Monddeklination nur in den dem Perigäum und Apogäum
nahe liegenden Tagen.
Die Wirkung der Sonne tritt nicht so deutlich hervor, doch lassen sich
durch die graphische Uebertragung der Beobachtungen folgende zwei Beziehungen
feststellen:
1. Unter sonst gleichen Verhältnissen ist die mittlere Breite der Passateo
kleiner während des Sommers, wenn die Sonne nördliche Deklination hat.
2. Wenn Mond und Sonne beide südliche Deklination haben, ist die
Breite der Passatzone größer, kleiner dagegen, wenn beide Gestirne nördliche
Deklination haben.
1) Comptes Rendus 1886 Tom. 52.