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Full text: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie, 14 (1886)

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Reisebericht der Deutschen Bark „Speculant“. 
in den tiefgehende Schiffe bei Niedrigwasser mehrere Fulßs hineinsinken. Da 
der Dampferverkehr eine bedeutende Entwickelung genommen hat, so werden 
die Werften fast immer von diesen in Anspruch genommen. Die Segelschiffe 
haben so lange, auf dem Flusse an der Buje liegend, zu warten, bis für sie 
eine Werft zum Löschen frei wird, und haben dieselbo wieder zu verlassen, 
sobald ein Dampfer anlegen will, In einem Zeitraume von 22 Tagen hatte ich 
mit meinem Schiffe, welches 628 Reg.-Tonnen grofs ist, viermal nach der Werft 
und wieder von derselben zurückzuholen und konnte während der ganzen Zeit 
nur 50 Stunden löschen. Aufser den Werften an der Nordseite des Flusses 
befinden sich noch zwei andere an der Südseite desselben, die aber nicht von 
den Dampfern benutzt werden. Nachdem „Speculant“ so viel gelöscht hatte, 
dafs der Tiefgang desselben noch 4,5 m (15 Buß) betrug, erhielt ich von meinem 
Konsignatär die Order, nach der Südseite des Flusses hinüberzuholen, um dort 
an einer der Werften den Rest der Ladung zu löschen. Auf Befragen beim 
Hafenmeister, wie viel Wasser dort sei und ob ein Schiff mit einem Tiefgange 
von 4,5 m (15 Fufs) daselbst sicher liegen könne, wurde mir zur Antwort, dafs 
ich mich selber davon an Ort und Stelle zu überzeugen und dann nach eigenem 
Ermessen zu handeln hätte. Zu diesem Zwecke stellte mir der Hafonmeister 
ein bemanntes Boot zur Verfügung, und in Gemeinschaft eines Hafenlotsen be- 
gann ich die Untersuchung, welche ergab, dafs der Grund nicht allein theil- 
weise hart, sondern auch sehr uneben war. Gerade an den flachsten Stellen, 
woselbst bei Niedrigwasser nur 3,4 m (11,5 Fufßs) standen, — an anderen Stellen 
war die Tiefe des Wassers zur selben Zeit 4,5 bis 4,8 m (15 bis 16 Fuß) — 
bestand der Boden aus Sand und Kies. Da ich mich aus diesem Grunde natür- 
lich weigerte, mit meinem Schiffe dorthin zu holen, so mußte ich mir wohl 
oder übel gefallen lassen, die Ladung nach wie vor in der angeführten zeit- 
raubenden Weise zu löschen. Kine Englische Bark, die es später unternahm, 
an einer der Werften der Südseite ihre Ladung zu löschen und bei Niedrig- 
wasser festzusitzen kam, lag mit dem Vordersteven 7 Fuls tiefer als mit dem 
Achtersteven und ganz auf der Seite. Aufser der langen Löschzeit erwächst 
den Schiffen eine weitere Unannehmlichkeit daraus, dafs die Ladungsempfänger 
immer erhebliche Ausprüche, sogenannte Claims, für beschädigt sein sollende 
oder fehlende Ladung zu machen versuchen. Der gröfsto Theil der gelöschten 
Kolli wird auf den Werften geöffnet, und sollte der Inhalt derselben nicht voll- 
ständig oder beschädigt befunden werden, so wird das Schiff für den Schaden 
verantwortlich gemacht. Dabei liegen die entladenen Güter oft tagelang auf 
äen Werften umher, bevor der Empfänger dieselben abholen läfst, und da 
jedermann die Werfte betreten darf, so wird wohl manches Stück, wofür das 
Schiff zu haften hat, gestohlen. Ich hatte eine Entschädigungssumme von 37 Lstrl., 
die Eleflether Bark „Arcona“ nahezu das Doppelte zu zahlen, 
Dals das Desertiren der Leute in Brisbane an der Tagesordnung ist, ist 
allgemein bekannt, ebenso, dafs man die entwichenen Leute nie wieder bekommt. 
Da auch meine ganze Mannschaft davon gelaufen war, SO mufste ich gegen eine 
Heuer von monatlich 4 Lstrl. 10 sh. eine neue Mannschaft anınustern und hatte 
außerdem an den Heuerbaas für jeden Mann 1 Lstrl. zu entrichten, Dio Leute 
wurden beim Deutschen Konsulate mit dem Bescheid angemustert, am folgenden 
Morgen, da das Schiff seine Reise nach New-Castle antreten sollte, sich an 
Bord einzufinden. Sie kamen aber nicht, und der zur rechten Zeit sich ein- 
stellende Lotse sowie der Schleppdampfer mufsten unverrichteter Sache wieder 
fortgehen, weil es selbst dem Heuerbaas nicht gelungen war, die Vermifsten 
vor dem Nachmittage aufzustöbern. Da die Gefahr nahe lag, dafs auf diese 
Weise das Schiff vielleicht noch mehrere Tage aufgehalten werden könnte, so 
erkundigte ich mich bei dem Deutschen Konsul, ob ich unter diesen Umständen 
nicht berechtigt sei, die Auszahlung der Vorschüsse zu verweigern und andere 
Leute anzumustern. Ich erhielt jedoch die überraschende Antwort, dafs das 
Konsulat sich nicht mit dieser Angelegenheit befassen könne, weil sie ganz 
privater Natur sei, die ich mit dem Shipping Master zu erledigen hätte, erforder- 
lichen Falles unter dem Beistande cines Advokaten, 
Der Schlepplohn in Brisbane von der Rhede bis zur Stadt beträgt 1 sh., 
zurück in Ballast 9 a. für die Reg.-Tonne.
	        
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